Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
Asquith gedankenvoll, »glücklich.«
Natürlich bin ich glücklich, hätte Speke beinahe gesagt.
Warum sollte ich schließlich auch nicht glücklich sein. Alle Leute sollten glücklich sein.
Aber da war etwas Eisiges in der Art und Weise, wie Asquith es sagte, und dies ließ Speke für den Augenblick verstummen.
Asquith klang hinreichend gesund. Sie waren beide erst neununddreißig, aber Asquith war derjenige gewesen, der bis zur Morgenröte durchtrank und nach einer Nacht voller Tequila in der Bar in Cozumel noch die Tropensonne einem Feuerball gleich über dem Horizont aufgehen sah. Schön, sie hatten beide anständig gekippt, aber Asquith hatte von dem Zeug gelebt und Meskalin geschluckt. Asquith war derjenige gewesen, der entdeckt hatte, wie wenig Schlaf der Mensch brauchte, wenn er sich der Hilfe von Amphetaminen versicherte, und wie blau der Himmel sein konnte, wenn man Meskalin konsumierte wie andere Leute Popcorn. Asquith hatte wild gelebt, drei Autos in einem Jahr zu Bruch gefahren, und öfter mit dem Gewehr um sich geschossen, wobei einmal bei einem alkoholumnebelten Sonnenaufgang die Rückwand der Anrichte in tausend Stücke zerborsten war.
Speke war der Anständige, der Ordentliche von beiden gewesen, der, der auch einmal eine halb verhungerte Katze bei sich aufnahm oder etwas für die Armen spendete. Asquith verstand sich eher auf die Kunst, für sich allein zu bleiben, sich unbemerkt von einer Party zu verabschieden. Er hatte die Kunst beherrscht, mit seinem Schweigen beredter als mit tausend Worten kundzutun, was er von all den geschwätzigen, aufgeblasenen Leuten rings um ihn herum hielt. Asquith war nie in der herkömmlichen Weise liebenswürdig gewesen. Aber er war gewitzt, schlagfertig und voller Ideen, und das allein zählte für Speke.
»Ich dachte«, durchschnitt Asquiths Stimme das Schweigen,
»ich könnte mal auf einen Sprung vorbeikommen, um dich zu besuchen.«
Speke spürte einen leichten Schauder durch alle Glieder rinnen. Die gerahmten Manuskripte an den Wänden schienen zu glühen. Er hatte angefangen zu glauben, daß die Vergangenheit ausgelöscht sei, die altvertrauten Gesichter zu nichts zerronnen. Er hätte dem Leben vertrauen sollen, dem Schicksal oder was sonst immer das Leben formen mochte.
Asquith wieder einmal zu sehen, das bedeutete mehr als die Wiederbelebung einer alten Freundschaft. Es mußte bedeuten, einem Teil des eigenen Ichs wieder zu begegnen, einem Teil, den er unwiederbringlich verloren geglaubt hatte.
»Ich dachte, ich komme mal vorbei, und wir reden über Geschäfte«, sagte Asquith.
Und dann, inmitten all seiner Freude, kam Speke der Hauch eines Zweifels an. Da war das Telefon, und in seinem Ohr war das Geräusch von Asquiths Atem. Was, fragte er sich, könnte daran falsch sein?
»Morgen«, sagte Asquith.
Speke wand sich auf der Suche nach einer Ausrede. »Morgen geht’s nicht. Das ist ein ganz verrückter Tag. Jeder andere Tag, nur nicht morgen.«
Was nur hatte ihn veranlaßt, nach so langer Zeit wieder anzurufen? Asquith las mit Sicherheit nicht das People-Magazin, und bestimmt war er auch nicht in eine seiner Lesungen hereingeplatzt. Vielleicht eine der Talkshows, oder die Oscar-Nominierung, aber die lag schon Monate zurück. In der letzten Zeit war er so oft auf den Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften erschienen, daß es ausgeschlossen war, sich vorzustellen, was genau diese Stimme aus der Vergangenheit aufmerksam gemacht haben könnte. Sicher, sagte Speke sich selbst, will er mir nur zu Stripsearch gratulieren – zuerst der Literaturpreis und dann der Film. Oder vielleicht zu Flash, das seit zwei Jahren ununterbrochen alle Rekorde in New York wie in London brach.
»Morgen wird ausgezeichnet passen«, wiederholte Asquith, und Speke konnte vor seinem geistigen Auge sehen, wie er bei diesen Worten lächelte.
Morgen war ein Tag voller Termine, der Terminkalender voller hingekritzelter Namen und Uhrzeiten. Aber Asquith würde er noch irgendwo einschieben müssen. Die trockene Stimme war fordernd und bestimmt. Speke kannte die Art seines alten Freundes. Asquith wollte, daß er, Hamilton, sich unsicher fühlte. Es war Absicht.
Doch Spekes Glaube an sich selbst, an sein Glück, an das Leben ganz allgemein, war, jedenfalls für den Augenblick, unerschütterlich. Es mußte schön sein, Asquith wiederzusehen.
Aber morgen – das würde problematisch werden. Morgen war der Tag, an dem der Mann kommen sollte, der seine Biographie schreiben
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