Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
jedesmal wieder aufs neue. Er würde alles tun, um sie zu beschützen und ihr Vertrauen in ihn zu bewahren.
Eines Tages würde er ihr auch sagen, welchen Kosenamen er insgeheim für sie bereit hielt. Es war ein alberner Name, aber er drückte aus, wie er über sie dachte: meine kleine weiße Maus. Höchst verwirrend: Ein Mann des Wortes sollte in der Lage sein, sich eine bessere Bezeichnung auszudenken, und deshalb hatte er sie auch bisher für sich behalten.
Ihr brünettes Schamhaar kontrastierte so vorteilhaft mit ihrer Haut, daß es fast überirdisch aussah. Der Gedanke an sie erregte ihn jetzt nicht mehr als bis zu dem Wunsch, auf immer und alle Zeiten einfach nur neben ihr zu liegen wie in diesem Augenblick. Warum nur lag er hier und dachte an sie wie an jemanden, von dem er längst getrennt war? Aber sie hatte so eine Art an sich, als gehöre sie nicht so sehr nicht zu dieser Welt, sondern als gehöre sie überhaupt keiner Welt an, ein Geschöpf, das haushoch über den Alltäglichkeiten stand. Es war leicht, sich Maria so vorzustellen, als könne er sie nur in seiner Erinnerung sehen, als ob sie für lange Zeit abwesend sei.
Vorsichtig krabbelte er aus dem Bett, um ihren Schlaf nicht zu stören. Er würde wie der frisch ausgegossene Inhalt einer Mülltonne aussehen, wenn erst die Kameras liefen. Scamp würde seinen Schminkkoffer auspacken, und Bell würde die Säcke unter seinen Augen als Hinweis darauf interpretieren, ein verkommenes Genie vor sich zu haben.
Er hatte sich ohnehin schon immer gefragt, wie er wohl als alter Mann aussehen werde. Würde er zu einem jener schweren, massigen Männer werden? Oder würde er sich zu einem hageren, knochigen Mann auswachsen, einem von jenen alten Knaben, die nur aus Haut und Knochen bestanden? Heute würde er vielleicht anfangen, es herauszufinden.
Er starrte auf die Karaffe mit dem Scotch, aber er griff nicht danach. In den alten Zeiten hatte er seinen Tagesablauf stets mit einem Schluck aus der Flasche begonnen, Rotwein und eine Scheibe Brot.
Er hatte davon geträumt, einst jemanden zu finden, der seine Biographie schreiben werde, jemanden, dem er die Geschichte seines Lebens erzählen könnte. Da gab es so unendlich vieles zu erzählen, und so unendlich vieles, das beschönigt werden müßte. Er wollte einen guten Biographen, einen, der es verstand, alles in eine gute Geschichte umzusetzen.
Ein solcher Mann würde nun endlich kommen. Er würde ihn von einem bekannten Stückeschreiber, dessen Konterfei neben Süßigkeiten und Knabbereien von jedem Regal lachte, zu einem – ja, zu was eigentlich? – machen.
Zu einem neuen Oscar Wilde? Aber doch nicht mit meinem platten Witz. Zu einem modernen Doctor Johnson? Kaum, mein Herr, dafür hätte ich nicht die Gewandtheit der Sprache.
Vielleicht konnte er ihn eine Art John Huston verkörpern lassen, jeder Zoll eine Mischung aus Charme und Bärbeißigkeit, oder würde er ihm Boxhandschuhe überstreifen, um aus ihm einen Abklatsch von Hemingway und Mailer zu machen?
Hamilton Speke mußte vorgeben, irgend etwas zu sein – oder irgend jemand. Nur ganz er selbst sein, ohne etwas darstellen zu wollen? Wer war er dann noch?
Großer Gott im Himmel, wo waren nur die Beta-Blocker, die die Quacksalber ihm in jenen Zeiten verabreicht hatten, als er noch Speke, das Wrack, gewesen war? Er riß die Schreibtischschublade auf und wühlte sich durch entsprechende Bücher von Zürich bis Mailand, von sämtlichen Städten dieser Erde, und er hatte seit Monaten nicht mehr geraucht.
Die Jahre vor Maria waren wild gewesen. An verschiedene Einzelheiten konnte er sich sogar kaum noch erinnern. Diese Jahre hatten nebulöse Bilder in ihm zurückgelassen: zwei Telefone etwa, die gleichzeitig klingelten und ihn bestürmten, First Cut nicht umzuschreiben.
Sowohl der Song, der dem Album seinen Namen gegeben hatte, als auch das Album selbst müßten ›unbedingt überarbeitet werden‹. Überarbeiten hatten sie gesagt und zurückziehen gemeint. Dieses Ansinnen zurückzuweisen hatte sich als Volltreffer erwiesen, denn sowohl First Cut Reprise wie auch Big Bucks waren bis an die Spitze der Hitlisten geschnellt. Sein Bruder hatte Exemplare davon sogar in einer Allee in Moskau entdeckt in einer, wie er es genannt hatte,
›ziemlich verkommenen Schmugglerkneipe‹. Das sei halt der Schwarze Markt im Sozialismus, hatte sein Bruder hinzugefügt.
Er hatte einen Ruf gehabt als ein zwar professioneller, aber auch unbeherrschter Patron, vor allem am
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