Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
würde, ein Mann, der seiner ohnehin schon erstaunlichen Karriere weiteren Auftrieb geben konnte.
Die Publizität, die Bell einem geben konnte, konnte man nicht kaufen, und der Mann hatte von sich aus beschlossen, ohne von irgend jemandem dazu gedrängt worden zu sein, Speke zum Gegenstand seines nächsten Buches zu machen. Noch nicht ganz Vierzig und schon unsterblich!
Er hatte Dr. Murchison, dem Leiter der Abteilung Film in Stanford, versprochen, Bell diesen Gefallen zu tun. Welch angenehmer Gefallen – einen so berühmten Biographen die eigene Biographie schreiben zu lassen! Aber Bell steckte in Schwierigkeiten, hatte man Speke erzählt, denn er verspielte den größten Teil seiner Tantiemen, und für den Rest kaufte er auf den Straßen Kokain. Speke mußte Bell helfen – er bewunderte diesen Mann und mochte ihn nicht enttäuschen.
Was war Asquith heute eigentlich für ein Mensch? Speke überfiel die übliche Ungewißheit: Wie sehe ich aus? Wie wird er aussehen? Was, wenn sich sein Geschmack in allem geändert hatte und wir nichts mehr haben, worüber wir reden könnten?
Speke rühmte sich gern eines weltoffenen Geistes, seiner großen Flexibilität. Er war nicht mehr der heißblütige Speke vergangener Tage. Heute war er ruhiger geworden – und erfolgreich. Ein Mann mit besten Umgangsformen und Geschmack in allen Dingen. Es gab keinerlei Zweifel: Er war berühmt – und wohlhabend. Das alles aber hatte er sich auch hart erarbeitet. Einst war er der ungestümste, der ungeduldigste Mensch unter der Sonne gewesen, überall bekannt für seine stets blank liegenden Nerven und seine alkoholischen Exzesse.
Aber das war vorbei. Nach wie vor liebte er das Leben, aber heute war er in sich gefestigt und steckte voller Energien. Er war ein neuer Mensch geworden.
Seine Texte bewegten etwas bei den Menschen. Sie brachten die Leute auf die Beine, zum Applaudieren. Er bekam Briefe, in denen zu lesen stand, seine Songs hätten Menschen aus ihren Depressionen gerissen und ihnen neuen Lebensmut gegeben. Er war Hamilton Speke, ein Mann, der mitgeholfen hatte, dieser Welt neues Leben einzuhauchen, und er war glücklich, wieder einmal von seinem alten Freund, seinem alten Partner, zu hören.
»Ich weiß, wie ich dich finde«, sagte Asquith.
»Aber dann ganz früh«, hörte Speke sich selbst mit einer Stimme sagen, die klar und ungebrochen schien, auch wenn Asquith das leichte Kratzen nicht überhören würde, dieses Zittern.
Er freute sich bei dem Gedanken, Asquith nun bald wiederzusehen, aber gleichzeitig beschloß er, Vorsicht walten zu lassen. Er konnte etwas wie Bedrohung spüren, etwas Kaltes und Schweres, irgend etwas aus der Vergangenheit. Er versuchte, die Unsicherheit abzuschütteln, aber sie wollte nicht weichen.
Asquith wartete und ließ das Schweigen weiter bedrohlich anwachsen.
Aber ich bleibe höflich, versicherte Speke sich noch einmal selbst. Klang er etwa nicht höflich? Er hätte diese Unterredung aufzeichnen sollen, damit er das Band wieder abspielen und sich vergewissern konnte, auch wirklich höflich geklungen zu haben. Es war ihm wichtig, nicht wie der ungehobelte Klotz zu klingen, der er einst gewesen war – vor der Therapie und der kleinen Reise, die einen weiseren Mann aus ihm gemacht hatten. Vor Maria.
Aber noch immer war Asquith der einzige Mensch auf dieser Welt, der ihn wirklich verstand, der wußte, was er liebte und was er fürchtete. Asquith kannte seinen Geschmack in bezug auf Frauen, auf Wein und auf Musik. Asquith kannte ihn wie kein anderer.
»Ich kenne den Weg«, sagte Asquith. In seiner Stimme klang ein Vibrieren mit, als er hinzusetzte: »Ich habe dein Haus im Fernsehen gesehen.«
Und dann war er weg. Zurück blieb nichts als das elektronische Schweigen und jenes andere, innere Schweigen, das sich aus einem Wust von Gefühlen nährte.
Speke ballte die Faust und starrte auf sie hinunter.
Asquith würde nicht herkommen, um einen alten Freund zu besuchen. Er würde nicht auf ein Bier oder zwei und zu einem Schwätzchen über die alten Zeiten kommen.
Asquith wollte irgend etwas.
4
Er war wach, und es war noch immer dunkel.
Gerade hatte er wieder den Alptraum gehabt, den alten Traum, von dem er geglaubt hatte, er sei für immer begraben und vergessen.
Es war grotesk, dachte er. Ausgerechnet in der Nacht, in der er wirklich einmal einen guten Schlaf nötig gehabt hätte. Es war schlimm gewesen, schlimm genug, um sich wieder nach den mit Tequila und Seconal durchzechten
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