Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
diesen Hügeln, und Clara gehörte nicht zu jenen Leuten, mit denen man unbedingt reden mußte, um sich ihrer Gegenwart bewußt zu sein. Eine Garbe frischen Basilikums stand in einer Vase neben der Spüle. Speke sah, daß Clara Rezepte auf der Schreibmaschine niederschrieb. Er hatte ihr immer gesagt, sie solle doch einmal ein Kochbuch schreiben, und jedesmal hatte sie gelächelt und gesagt, sie könne sich an alles erinnern, was sie wissen müsse. Und doch steckte jetzt hier diese Karte mit der Überschrift ›Spinatauflauf‹ in der Schreibmaschine. Es gehörte zu seinen Lieblingsgerichten, ein Arrangement aus frischem Blattspinat, Pistazien, blanchierten Mandeln, Rum und etlichen anderen Ingredienzien, die Clara immer ihr
›Geheimrezept‹ nannte. Es kam schon fast einem Sakrileg gleich, einer Frau ihre Geheimrezepte entreißen zu wollen.
Also entschuldigte er sich für sein Eindringen, aber Clara sagte: »Ich habe mich entschlossen, ein Heft voller Rezepte zu schreiben.«
»Ein Buch müssen Sie schreiben, ein richtiges Kochbuch. Ich bringe Sie in alle meine Talkshows damit.«
Sie blickte auf ihre Hände hinunter und lächelte versonnen vor sich hin. »Ich hasse diesen Gedanken.« Nach kurzem Nachdenken setzte sie dann, ernsthafter werdend, hinzu: »Ich habe wirklich daran gedacht, Ihren Rat zu befolgen und meine Rezepte zu Papier zu bringen.«
»Was niedergeschrieben wurde, scheint länger zu leben«, erwiderte er. Ihm fielen selten die richtigen Worte ein, wenn er mit Clara sprach. Sie schien immer guter Dinge und sich trotz ihrer zur Schau getragenen Zurückhaltung jederzeit all dessen bewußt zu sein, was zu wissen ihr wichtig war.
Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen, und lächelte weiter auf ihre Notizen hinunter. »Der Zeitpunkt schien mir jetzt günstig dafür«, sagte sie.
Er wäre noch so gern ein wenig in der Küche geblieben, diesem sonnendurchfluteten Raum, aber es trieb ihn aus dem Haus. Zuweilen glaubte er, er könne vermittels einer geheimen Magie den Ablauf der Dinge beeinflussen. Manchmal dachte er an jemanden, und wenn er dann zum Telefon ging, rief der Betreffende just in diesem Augenblick an. Zugegeben, das passierte kaum einmal, doch wenn es sich auch nur ein- oder zweimal wiederholte, reichte das schon, um sich zu fühlen, als habe man mehr Gewalt über die Unsichtbaren als alle anderen.
Und dann – der Augenblick hätte nicht besser gewählt sein können – als er gerade das Vertrauen in die eigenen Kräfte über Bord geworfen hatte, kam Asquith.
Die Sonne spiegelte sich in einem Helm, und seine schlanke Gestalt, die gerade von einer Kawasaki glitt, schien Speke zunächst die Gestalt eines Fremden zu sein. Zu agil, zu jung, hätte Speke beinahe gedacht. Und doch – dies war eine athletische Figur, die sich mit den biegsamen Hüften eines Schwimmers bewegte oder wie jemand, der gewohnt war, stundenlang Handball zu spielen.
Und diese Geste, mit der er den Helm vom sandfarbenen Haar nahm – was nur stimmte daran nicht? Fast noch im selben Moment wurde es Hamilton klar: Der alte Asquith hätte niemals einen Helm getragen.
Daß hier ein Motorrad abgestellt wurde, würde mit Sicherheit Marias Aufmerksamkeit erregen. Vielleicht würde sie Fragen stellen. Wer war der große Mann mit dem Motorrad?
Asquith wirkte größer als früher, und obwohl schlank wie immer, hager, wie man es vielleicht von einem Langstreckenläufer erwarten würde, war sein Händedruck noch immer fest. Ein Händedruck – selbst das war eine Überraschung. Asquith hatte die Leute stets nur mit einem Blick begrüßt und ihnen, wenn sie Glück hatten, eine Zigarette angeboten.
Und es war wundervoll – doch, das war es wirklich. Seinen Freund dort mit dem angedeuteten Lächeln stehen zu sehen, mit seinen wachen Augen, das war mehr als nur Freude. Speke hätte tanzen mögen, zum Himmel jubilieren. Es war Wirklichkeit – Asquith lebte!
Asquith musterte ihn einen Augenblick und sagte dann mit einem Anflug von Humor: »Da bin ich, auferstanden von den Toten.«
Speke umarmte ihn, und er konnte in Asquiths hagerer Gestalt eine Kraft spüren, eine Spannkraft aller Sehnen, die ihn denken ließ, Asquith müsse auf ewig in diesem Zustand bleiben. Irgendwie brachte er es fertig, ein paar Liebenswürdigkeiten zu stammeln, während Asquith das Motorrad über die dicken, vorstehenden Wurzeln hinweg unter eine der in vollem Laub stehenden Eichen schob.
Asquith schnitt ihm mit ruhiger, gelassenen klingender Stimme
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