Die Schwarze Keltin
freiwillig als Faustpfand für deine sichere Rückkehr zur Verfügung stellte, als du von hier fortgingst, um mit deinem Bruder zu verhandeln.
Ja, und den du seinem Schicksal und meiner Weitsicht überließest, als du mir deinen Hohn ins Gesicht schleudertest und um dein Leben liefst zu einem Bruder, der dich dafür verachtete.« Mit grimmiger Genugtuung, ihn derart getroffen zu haben, beobachtete Otir, wie das dunkle Gesicht des Prinzen purpurrot anlief.
»Geisel war er an deiner Statt und guten Willens, und nun bist du in der Tat, wenn auch in jeder Hinsicht böswillig zurückgekehrt, und ich habe keinen Anlaß mehr, ihn länger hier festzuhalten. Und dieser Mann wird als dein Gesandter zu Owain gehen und ihn in deinem Namen bitten, alles Geld und andere Wertsachen, die dir noch geblieben sind, zusammenzuraffen und dein Lösegeld hierherzubringen.« Er wandte sich an den wartenden Torsten, der ihrer Unterredung sichtlich erfreut gefolgt war. »Mach dich auf die Suche nach dem jungen Diakon aus Lichfield, dem Bischofsknaben, Mark, und bitte ihn, zu mir zu kommen.«
Als ihn die Nachricht erreichte, sammelte Mark mit Bruder Cadfael gerade zwischen den verkrüppelten Bäumen am Hügelkamm herumliegende trockene Äste für ihr Feuer. Mit seiner in der Falte eines seiner weiten Ärmel geborgenen Last richtete er sich auf und starrte den Überbringer in milder Überraschung, aber ohne jede Spur von Furcht an. In diesen wenigen Tagen der sogenannten Gefangenschaft hatte er sich nie als Gefangener oder etwa von Gefahr und Leid bedroht gefühlt, aber er hatte auch nie angenommen, daß er über den Verhandlungswert hinaus, den sein schmächtiger Körper darstellen mochte, für seine Bewacher von besonderem Interesse war oder sonst irgendeine Bedeutung besaß.
Wie ein neugieriges Kind erkundigte er sich mit weit aufgerissenen Augen: »Was kann dein Anführer wohl von mir wollen?«
»Nichts Böses«, sagte Cadfael. »Soweit ich sehen kann, haben diese irischen Dänen nach all der Zeit mehr vom irischen Wesen in sich als vom dänischen. Otir kommt mir so christlich vor wie die meisten Vertreter dieses Glaubens in England und Wales und um vieles christlicher als einige unter ihnen.«
»Er hat einen Auftrag für dich«, sagte Torsten gutmütig grinsend, »der uns allen zum Guten gereichen wird. Komm und höre selbst.«
Mark schichtete sein gesammeltes Brennmaterial neben der Feuerstelle auf, die sie sich in ihrer geschützten Sandmulde aus Steinen errichtet hatten, und folgte Torsten neugierig zu Otirs offenem Zelt. Beim Anblick von Cadwaladr, der steif, aufrecht und gespannt wie die Sehne eines Bogens in seinen Ketten dastand, hielt Mark inne und zog erstaunt die Luft ein. Er hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, daß der ungestüme Flüchtige sich wieder innerhalb des Lagers befand, und so war er verwirrt, ihn in Ketten gelegt und wehrlos vor sich zu sehen.
Er blickte von dem Gefangenen zu dem hinüber, der ihn in seiner Gewalt hatte, und sah Otir sichtlich hochzufrieden lächeln. Das Glück machte sich einen Spaß daraus, die Dinge auf den Kopf zu stellen.
»Ihr habt mich rufen lassen«, sagte Mark schlicht. »Hier bin ich.«
Nachsichtig und mit einer Belustigung, die erstaunlich milde wirkte, betrachtete Otir diesen schmächtigen Jüngling, der hier für eine Kirche sprach, die Waliser und Iren und die Wikinger von Dublin alle gleichermaßen anerkannten. Eines Tages, wenn einige Jahre mehr ins Land gegangen sein würden, würde er diesen Knaben womöglich mit »Vater« anreden müssen! Bruder mochte er ihn schon jetzt nennen.
»Wie du siehst«, sagte Otir, »ist der, für den du dich als Faustpfand eingesetzt hast, daß er fortgehen und ungesäumt wiederkommen würde, zu uns zurückgekehrt. Durch seine Wiederkehr bist du nun frei, uns zu verlassen. Wenn du in seinem Auftrag seinem Bruder Owain Gwynedd eine Botschaft überbringen wolltest, würdest du ihm und uns allen einen guten Dienst erweisen.«
»Ihr müßt mir sagen, worum es sich handelt«, erwiderte Mark. »Aber ich habe mich hier nicht meiner Freiheit beraubt gefühlt. Ich kann mich über nichts beklagen.«
»Lord Cadwaladr wird es dir selber sagen«, sagte Otir, und sein zufriedenes Lächeln wurde noch breiter. »Er hat sich bereit erklärt, die zweitausend Silberstücke zu zahlen, die er uns versprochen hat, wenn wir mit ihm nach Abermenai ziehen. Er wünscht seinem Bruder eine Nachricht zu senden, wie dies bewerkstelligt werden kann. Er wird es dir
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