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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Schwelle aus an: »Im Wärterhaus ist bestimmt noch Feuer im Kohlenbecken. Ich hole eine Fackel.«
    Cadfael hatte noch einen Schritt getan und war beinahe gestolpert, als er sich mit dem Fuß in der Falte irgendeines Stoffs verfangen hatte, wie eine Wolldecke, die jemand vom Bett auf den Boden geworfen hatte. Er bückte sich, griff nach dem rauhen Stoff und spürte darin etwas Festes. Er hatte einen Ärmel zu fassen gekriegt. Er hob ihn an und spürte, wie in dem warmen Tuch, das nach Wolle roch, ein Gewicht an einem Gelenk baumelte und schwang. Ein Ärmel in der Tat und ein Arm darin und eine große, sehnige Hand am Ende des Arms.
    Sanft legte er ihn wieder hin und tastete ihn ab, bis er ein starkes Handgelenk und jenseits davon die glatte, nachgiebige Haut eines Menschen spürte, erkaltend, aber noch nicht kalt.
    »Tu das«, sagte er über die Schulter. »Hol eine Fackel. Wir werden soviel Licht brauchen, wie wir kriegen können.«
    »Was ist denn?« fragte Mark gespannt und leise hinter ihm.
    »Ein Toter, allen Anzeichen nach. Tot seit ein paar Stunden.
    Falls er nicht geflohen ist und mit jemand gekämpft hat, der ihn daran hindern wollte und den er hier zurücklassen mußte – wer könnte es dann sein außer Bledri ap Rhys?«
    Gwion kam mit einer Fackel gelaufen und steckte sie in die Halterung an der Mauer, die eigentlich nur für eine kleine Laterne gedacht war. In so engen Räumen war eine Fackel sonst nicht zulässig, aber das hier war ein Notfall. Der spärliche Inhalt der Kammer trat in scharfen Umrissen aus dem Dunkel – eine Bettbank an der Rückwand, zerwühlte und auf dem Boden liegende Wolldecken und eine Strohmatratze, in deren Decke sich noch der Abdruck eines langen Körpers abzeichnete. Auf einem Brett neben dem Kopfende, dem Gast bequem zur Hand, stand eine kleine Öllampe. Sie war nicht ausgedrückt worden, sondern ausgebrannt und hatte nur einen Schmierfleck und ein Stück verkohlten Docht zurückgelassen. Unter dem Brett lag ledernes Sattelzeug und achtlos darüber geworfen das ärmellose Kleid eines Mannes, dazu enge Hosen, ein Hemd und der eingerollte Mantel, den er auf dieser Reise nicht gebraucht hatte. Und in der Ecke seine Reiterstiefel, einer umgefallen und verschoben, als hätte ihn jemand mit dem Fuß zur Seite getreten.
    Zwischen Tür und Bett, Cadfael zu Füßen, lag rücklings, Arme und Beine weit ausgestreckt, Bledri ap Rhys mit halboffenen Augen, den Mund mit den großen, gleichmäßigen Zähnen zu einem verzerrten Grinsen breitgezogen, den Kopf gegen die Holzwand geschoben, als hätte ihn ein gewaltiger Schlag angehoben und zurückgeworfen. Im Stürzen war sein Gewand verrutscht. Seine entblößte Brust zeigte, daß er unter dem aufgebauschten Stoff nackt war. Im flackernden Fackellicht war schwer zu sagen, ob der dunkle Reck links auf Kiefer und Wange ein Schatten oder eine Blessur war, aber bei der Wunde über seinem Herzen und dem ausgetretenen Blut gab es keinen Zweifel. Ihm das Leben zu nehmen hatte nicht länger gedauert, als den Dolch herauszuziehen, mit dem ihm dieser Stich zugefügt worden war.
    Cadfael kniete sich neben die Leiche. Er zog Bledris wollenes Gewand sanft ein Stück zurück, damit mehr Licht auf die Wunde in der Brust fiel. Hinter ihm an der Tür stand Gwion, der zögerte, die Kammer zu betreten. Er atmete tief durch und ließ den Atem in einem schweren Seufzer wieder fahren. Die Fackel loderte davon auf. Es hatte den Anschein, als liefe ein Schauer über das tote Gesicht.
    »Nur ruhig«, sagte Cadfael geduldig und beugte sich vor, um die halbgeöffneten Augen zu schließen. »Auch er hat jetzt seine Ruhe gefunden. Ich weiß, er ist Gefolgsmann deines Herrn gewesen. Es tut mir leid!«
    Mark stand still und ruhig da und schaute ihn voller Mitleid an. »Ich frage mich, ob er Frau und Kinder hatte«, sagte er schließlich. Cadfael merkte ihm an, daß er begann, wie ein Priester zu denken und stimmte ihm innerlich zu. Christus hätte vielleicht ganz ähnlich empfunden. Er hätte nicht gesagt: »Ohne Sakramente und unter diesen Umständen«, nicht einmal »Wann hat er zuletzt gebeichtet und Absolution gefunden«, sondern »Wer wird für seine Kinder sorgen.«
    »Beides!« sagte Gwion sehr leise. »Er hat Frau und Kinder gehabt. Das weiß ich. Ich kümmere mich darum.«
    »Der Fürst wird dir freies Geleit geben«, sagte Cadfael. Ein wenig steif erhob er sich von den Knien. »Wir müssen gehen und ihm erzählen, was sich zugetragen hat. Er hat hier das Sagen

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