Die Schwarze Keltin
mich fragen, was du wohl diesmal anstellen wirst.«
»Nichts«, antwortete Turcaill. »Was sollte ich denn anstellen?« Als sie langsam zurückgingen, schaute er sie mit etwas schärferer Aufmerksamkeit an, als er sie sonst ihren gewohnten Kabbeleien widmete, denn ihm kam es so vor, als sei es ihr mit ihrem Ausforschen halb ernst, als sei sie sogar irgendwie nervös. Hier, als Gefangene zwischen zwei bewaffneten Lagern, hatte eine einzelne Frau sicher eine besondere Witterung dafür, welcher Schachzug Gefahr verhieß, tödliche Gefahr, die sie um die eigenen Leute fürchten ließ.
»Ich bin nicht dumm«, sagte Heledd ungeduldig. »Ich weiß so gut wie du, daß Otir Cadwaladr für seinen Verrat nicht ungestraft davonkommen läßt und sich seine Bezahlung nicht entgehen lassen wird. So einer ist er nicht! Den ganzen Tag haben er und seine Häuptlinge die Köpfe zusammengesteckt und ihren nächsten Zug überlegt, und jetzt kommst plötzlich du und platzt beinahe vor Vergnügen, dem fürchterlichen Vergnügen, das ihr verrückten Männer daran habt, euch kopfüber in einen Kampf zu stürzen, und da willst du mir erzählen, du hast nichts vor? Du willst nichts anstellen?«
»Du brauchst dir nicht den Kopf zu zerbrechen«, versicherte er ihr. »Otir hat keinen Streit mit Owain oder einem von Owains Leuten, Cadwaladr ist auf sich gestellt und muß selbst für seine Schulden aufkommen, warum sollten wir die Sache schlimmer machen wollen? Ist der versprochene Preis erst einmal bezahlt, stechen wir in See, und ihr seid uns los.«
»Lieber heute als morgen«, sagte Heledd scharf. »Aber wieso sollte ich dir und deinen Kameraden zutrauen, die Dinge so gut in Ordnung zu bringen? Es braucht nur zufällig jemand verwundet oder getötet zu werden, dann wird Krieg ausbrechen, und es wird ein großes Schlachten geben.«
»Und da du so sicher bist, ich sei damit beschäftigt, etwas auszuhecken...«
»Du bist der Urheber des Ganzen«, sagte sie heftig.
»Kannst du dann nicht mir zutrauen, die Sache zu einem guten Ende zu bringen?« Wieder lachte er sie an, doch mit ein wenig vorsichtiger Zurückhaltung.
»Dir am allerwenigsten«, sagte sie bissig und bestimmt. »Ich weiß, was du für ein Vergnügen an der Gefahr hast. Es gibt nichts, das so närrisch wäre, daß du es nicht wagen würdest und wenn du uns dabei alle in einen blutigen Kampf hineinrissest!«
»Und du als gute Waliserin«, sagte Turcaill trocken und lächelte, »fürchtest um dein Gwynedd und die Männer von Owains Streitmacht, die kaum eine Meile von uns lagern.«
»Ich habe einen Bräutigam unter ihnen«, erinnerte sie ihn geschickt. Ihre Zähne klickten, als ihr Mund wieder zuschnappte.
»Allerdings. Ich werde deinen Bräutigam nicht vergessen«, versprach Turcaill und grinste. »Bei jedem Schritt, den ich tue, werde ich an deinen Ieuan ab Ifor denken, und diese Hand wird keinen Hieb ausführen, der ihn in Gefahr bringen könnte. Schon der Gedanke, dich mit einem guten, soliden Uchelwr, einem einflußreichen Landbesitzer aus Anglesey verheiratet zu sehen, wird mich davor bewahren, überhaupt etwas Unüberlegtes zu tun. Bist du damit zufriedengestellt?«
Sie hatte sich umgedreht, um ihn eindringlich und unverwandt anzuschauen, aus großen, ernsten, dunkelvioletten Augen. »Dann hast du dich tatsächlich entschlossen, dich für Otir auf diesen Wahnsinn einzulassen! Das hast du so gut wie zugegeben.« Und als er keinen Versuch machte, das noch zu leugnen oder ihr zu widersprechen: »Dann tu wenigstens, was du mir versprochen hast. Paß gut auf dich auf! Komm zurück, ohne daß jemand verletzt wird. Ich wünsche mir, daß nicht einmal dir etwas zustößt.« Als sie darauf den strahlenden Ausdruck in seinen blauen Augen bemerkte, warf sie den Kopf zur Seite, doch ein wenig zu schnell für die abfällige Würde, die sie dabei anstrebte: »Von meinen Landsleuten ganz zu schweigen.«
»Und zuerst von allen deinen Landsleuten Ieuan ab Ifor«, stimmte Turcaill feierlich zu; doch sie hatte ihm schon den Rücken zugedreht und ging mit hocherhobenem Haupt und heftigen Schritten auf die geschützte Kuhle zu, wo ihr eigenes kleines Zelt stand.
Cadfael erhob sich von seinem Schlafplatz, den er im Lee der niedrigen Salzbüsche gewählt hatte. Ohne guten Grund wach und ruhelos, verließ er Mark, der bereits schlief, und ließ seinen Mantel neben dem Freund liegen, denn die Nacht war warm. Es war Mark gewesen, der darauf bestanden hatte, daß Cadfael und er immer in Rufweite
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