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Die schwarze Schatulle

Die schwarze Schatulle

Titel: Die schwarze Schatulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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sollten jetzt lieber heimgehen, es sei schon dunkel. Sie stand am Tor und wartete, dass wir die Stufen hinuntergingen. Wir hatten keine andere Wahl.
    »Siehst du«, flüsterte Uri, als wir unten an der Treppe angekommen waren, »ich hab dir ja gesagt, dass Juden nicht reindürfen. Hast du sie gesehen? Bestimmt ist sie böse zu den Kindern im Waisenhaus.«
    Ich widersprach ihm. Sie war nicht böse, nur autoritär. Aber das alles, ein Waisenhaus ohne Kinderlärm und der Friedhof, die Nonne, die keinen Jungen gesehen hatte, gefiel mir nicht. Vielleicht sollten wir warten, bis sie wieder im Kloster war, und dann weitersuchen. Ich setzte mich auf die unterste Stufe, Uri setzte sich neben mich. Eine Weile saßen wir schweigend da, dann sagte ich ihm, wir würden zum Kloster zurückgehen. Uri verstand mich nicht gleich.
    »Bist du verrückt geworden?« Er schaute mich prüfend an, um zu sehen, ob ich es wirklich ernst meinte. »Ich warte hier auf dich.«
    Wenn ein treuer Freund wie er so etwas sagte, war das ein Zeichen, dass ihm das Herz in die Hose gerutscht war und es sich nicht lohnte, ihn überreden zu wollen. Ich zog also allein los.
    Die Stufen waren uneben und in der Dunkelheit konnte ich fast nichts sehen. Die Stadtverwaltung hatte sich nicht die Mühe gemacht, auch nur eine Straßenlaterne aufzustellen, obwohl alle wussten, dass in Ein-Kerem reiche Leute wohnten. Aber es war dort so dunkel wie bei uns und so etwas lädt Diebe ein. Ich stieg leise die Stufen hinauf, bis fast ganz oben. Nach jeweils zehn Stufen kam ein Absatz, die letzten zehn lagen vor mir. Oben stand die Nonne. In der Dunkelheit sah sie noch größer aus, ihr Kreuz leuchtete. Sie stand da, als hätte sie gewusst, dass ich zurückkäme, und deswegen auf mich gewartet. Ich drehte mich um und lief zu Uri zurück.
    »Sie ist noch da«, flüsterte ich.
    »Ich hab’s gewusst«, sagte Uri. »Das ist kein Ort für Juden. Hier ist es gefährlich.«
    Wir gingen zur Straße und schlugen den Weg zur Bushaltestelle ein. Als wir ungefähr in der Mitte der Strecke waren, sahen wir den Bus kommen. Uri fing wie ein Verrückter an zu rennen. Ich rannte hinterher und packte ihn am Ärmel. »Wir warten auf den nächsten«, sagte ich. »Die kleinen Idioten sollen lieber allein fahren.«
    Zu Fuß gingen wir zur Haltestelle unten am Hang. Wir setzten uns auf die Bank und schauten hinauf zu Benjis Haus. Uri ließ seinen Ball aufspringen. Ich schaute weiter hinauf und stellte fest, dass im Erdgeschoss und im zweiten Stock Licht brannte. Der erste Stock war dunkel.

7 . Kapitel

    Am nächsten Morgen stand Joli an der Klassentür. Sie lächelte, als sie mich sah, wurde aber nicht rot und noch immer lächelnd fragte sie, warum ich gestern nicht auf sie gewartet hätte.
    »Konntest du nicht auf mich warten?« Trotz ihres Lächelns hörte sie sich gekränkt an.
    »Ich musste unbedingt nach Hause«, sagte ich.
    Ich weiß nicht, ob sie mir glaubte oder nicht, aber sie erkundigte sich nur, ob es was Neues wegen Benji gab. Ich schüttelte den Kopf. Da fragte sie, ob ich Lust hätte, mit ihr zusammen einen Plan zu machen, denn Benji sei auch heute nicht in die Schule gekommen. »Woher weißt du das«, fragte ich und sie antwortete, sie sei in seiner Klasse gewesen.
    »Vielleicht kommt er später«, sagte ich. »Er kommt immer zu spät.« Ich ärgerte mich. Es war nicht ihre Aufgabe nachzuschauen, ob Benji in der Schule war. Schließlich war nicht sie für ihn verantwortlich, sondern ich.
    Joli beruhigte mich, noch bevor ich etwas sagen konnte. Und dann klingelte es auch schon, wir mussten hinein. »Wir reden nachher weiter«, sagte ich.
    Ich merkte, dass es mir Spaß machte, sauer auf Joli zu sein, auch wenn ich noch immer in sie verliebt war. Natürlich war ich das. Liebe hört nicht so schnell auf. Aber es war mir recht, dass ich sauer auf sie sein konnte und dass sie es merkte. Ich war mir nicht sicher, ob sie mir etwas anmerkte oder nicht, jedenfalls reagierte sie nicht drauf und sagte nur: »Gut, reden wir nach der letzten Stunde weiter.«
    Die Pausen verbrachte ich damit, meine Hausaufgaben zu machen. Auch als Uri kam und mir berichtete, dass jemand alle unsere Zettel wegen der schwarzen Schatulle abgemacht hatte, hatte ich einfach keine Zeit, neue zu schreiben. Ich musste meine Aufgaben machen, sonst würde ich wirklich in Schwierigkeiten kommen. Ich wusste, dass ich unbedingt für Mathematik, für den Bibelunterricht und für Biologie fertig werden musste. Wenn nicht, dann

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