Die schwarze Schwesternschaft - 8
echte Schwesternschaft zu erreichen, und versagten? Und das andere war leichter?
O nein, meine Liebe. Man braucht viel, viel mehr Kraft, um B ö ses als um Gutes zu tun, weißt du.
Warum ist das so? Ich habe geh ö rt, das B ö se sei nichts als Schw ä che, man nehme den Weg des geringsten Widerstandes . Ach du meine G ü te, nein. So jemand ist nur schwach, ä ngstlich, selbsts ü chtig . mit einem Wort, menschlich, unvollkommen. Wenn Schw ä che ein Verbrechen w ä re, st ä nden wir alle vor dem Richter. Schw ä che ist entschuldbar. Manchmal schrecklich, aber entschuldbar. Du musst es dir so vorstellen: Menschen, die gut sind oder versuchen, nach besten Kr ä ften Gutes zu tun, arbeiten mit der Natur. Um B ö ses heraufzubeschw ö ren, muss man gegen die Natur arbeiten, und das ist viel, viel schwerer. Es gibt Widerst ä nde, und man muss sich gegen den ganzen Fluss der Natur stemmen.
Es war f ü r Magda ein neuer Gedanke, dass das Gute einfach den Plan der Natur erf ü lle und das B ö se etwas sei, das gegen sie wirkte. Sie verstand es nicht ganz, denn Marisela war Hebamme und Krankenschwester, und man konnte dies letzten Endes als ein Verbot auslegen, Leben zu retten, was doch gerade die Aufgabe war, der Marisela sich widmete. Magda nahm sich vor, ein anderes Mal mit ihrer Freundin dar ü ber zu sprechen. Doch sie sollte die Gelegenheit nie bekommen.
Es ging jetzt abw ä rts in ein Tal unterhalb der Baumgrenze. Bevor sie die B ä ume erreichten, zeigte Marisela nach oben und rief Rakhaila leise zu, sie m ö ge einen Augenblick anhalten. Jenseits des Tales schimmerte eine lange Reihe von steilen Eisklippen im Licht der roten Sonne.
Der Wall um die Welt , sagte sie. ü berw ä ltigt dr ä ngten sie sich zusammen, schauten. Vanessa holte ehrf ü rchtig Atem. Aber sie fand keine anderen Worte als: Die Berge sehen gr ö ßer aus als von einem V-und-E-Flugzeug.
Das war eine Untertreibung. Sie schienen sich in alle Ewigkeit fortzusetzen, viel weiter, als der Blick reichte. Magda dachte: Gott, wir werden sie doch nicht ü berqueren m ü ssen, und das zu Fuß?
Rakhaila winkte ungeduldig und ging mit schwingenden Schritten weiter. Bald war sie unter den B ä umen außer Sicht geraten. Camilla und Jaelle folgten ihr. Cholayna ließ sich zu Magda und Vanessa zur ü ckfallen.
Ich bin froh, dass es wieder abw ä rts geht , bemerkte sie. M ü de?
Nicht so sehr, wie ich bef ü rchtet hatte. Cholayna l ä chelte ihnen zu. In gewisser Weise bin ich noch nie so gl ü cklich dar ü ber gewesen, dass ich mitgekommen bin. Wenn ich nur aufh ö ren k ö nnte, mir Sorgen um Lexie zu machen.
Das muss es sein, was sie gesehen hat , sagte Vanessa. Es ist alle Anstrengungen wert, das nur zu sehen. Und wir werden diese Berge besteigen.
Und noch dazu im Dienst , bemerkte Cholayna trocken. Wer hat dar ü ber gemeckert, dass andere sich einen bezahlten Urlaub erschleichen, Vanessa?
Es war ein Vergn ü gen, auf das Magda gern verzichtet h ä tte, aber sie wollte Vanessa die Freude nicht verderben. Sie befanden sich jetzt unter den B ä umen, von denen manche in verr ü ckten Winkeln von dem Hang unter ihnen emporwuchsen und manche ü ber den Pfad hingen und das helle Sonnenlicht verdunkelten, dadurch jedoch etwas Schutz vor dem Wind boten. Rakhaila, Camilla und Jaelle waren außer Sicht. Marisela drehte sich um und winkte den drei Terranerinnen, sich zu beeilen. Magda sah, wie ihr fr ö hlich l ä chelndes Gesicht zu einer Maske des Entsetzens gefror und dann von einem Blutstrom ausgel ö scht wurde. Ihre Augen starrten immer noch. In ihrem Schock schoss es Magda durch den Kopf, dass sie irgendwo gelesen hatte, die Augen einer Leiche k ö nnten noch zwanzig Sekunden nach dem Tod sehen.
Von irgendwoher ert ö nte Acquilaras triumphierendes Gel ä chter und hallte in ihren Ohren wider. Magda wurde zur ü ckgerissen und zu Boden geworfen, ohne sich wehren zu k ö nnen. Cholaynas ersticktes Keuchen war alles, was sie h ö rte – Marisela war gestorben, ohne die Chance zu einem Aufschrei zu erhalten.
Ich hatte auch keine Chance, dachte sie in wahnsinnigem Kummer. Dann wurde die Welt dunkel und still.
26
Das Erste, an das sie sich erinnerte, war: Das Sterben tut weh, aber der Tod nicht. Falsch, er tat weh, dachte sie. Ihre Arme und Beine f ü hlten sich zerschlagen an, und sie war sicher, dass zumindest von dem einen Bein die Haut abgeschunden war.
Ich dachte, wenn ich tot bin, wN urde ich mich in der ü berwelt wiederfinden. Cleindori sagte,
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