Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
im Museum eigentlich diese Richard-der-Dritte-T-Shirts? Planst du eine Ausstellung über ihn?«
»Tatsächlich bereiten wir eine für nächstes Jahr vor«, sagte Diane. »Die Planer haben schon eine Menge dieser T-Shirts für die Eröffnung anfertigen lassen. Aber jetzt tragen sie sie, um ihre Solidarität mit Kendel auszudrücken«, sagte Diane.
Die ratlosen Blicke, die sich jetzt auf Diane richteten, wären unter anderen Umständen ein Grund zum Lachen gewesen.
Kenneth grinste sie an und sagte dann mit gespielter Bescheidenheit: »Sie wissen ja, Diane, dass ich nur ein einfacher Computerverkäufer bin. Deshalb müssen Sie mir das Ganze schon erklären.«
»Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich diese Anspielung auch nicht verstehe«, sagte Martin Thormond, der Geschichtsprofessor.
»War das nicht der, der seine Neffen getötet hat?«, fragte Laura. »Inwiefern hilft das Kendel?«
»Ich kann damit auch nichts anfangen«, sagte Harvey Phelps mit einem leisen, kaum hörbaren Lachen. »Meine Frau und ich haben uns Richard III. letztes Jahr im Fox-Theater in Atlanta angesehen. Wie eine solche Gestalt für Kendel irgendeine moralische Unterstützung sein soll, ist mir schleierhaft – wenn das denn das Ziel sein sollte.«
Diane zögerte einen Moment. Sie stand auf und sammelte die Magazine und Zeitungen vom Tisch auf. Sie war Laura für die Gelegenheit dankbar, ihren Vorstandskollegen vielleicht doch noch verständlich machen zu können, worum es ihr eigentlich ging.
»Sie müssen bedenken, dass Shakespeares Stück reine Fiktion und die dahinterliegende Geschichte völlig unklar ist. Es gibt genug historische Anhaltspunkte, die auf Richards Unschuld hindeuten. Viele glauben, dass Henry Tudor, der Sieger über Richard, die Prinzen umbringen ließ. Richard beschuldigte man dieser Tat erst hundert Jahre nach seinem Tod.«
»Gut, ich verstehe, dass es sich dabei um einen bedeutenden ungelösten Fall handelt … Aber inwiefern unterstützt das Dr. Williams’ Sache?«, fragte Kenneth verwundert. »Ich meine, warum gerade ein König, der seit Jahrhunderten tot ist? Das ergibt für mich keinen Sinn.«
»Richard wurde von seinen Untertanen geliebt«, sagte Diane. »Er herrschte nicht sehr lange, aber in dieser kurzen Zeit führte er Rechtsreformen durch, die noch heute für uns bedeutsam sind. So verfügte er, dass nicht nur die Wohlhabenden, sondern jedermann gegen Kaution freikommen konnten. Er erklärte es für ungesetzlich, den Besitz von Angeklagten zu beschlagnahmen, bevor diese schuldig gesprochen wurden. Er reformierte das Geschworenensystem, so dass man Urteile nicht mehr kaufen konnte. Und er wies seine Richter an, ohne Rücksicht auf Standesunterschiede Recht zu sprechen. Grundlage seiner Rechtsreformen war das revolutionäre Konzept der Unschuldsvermutung, der Vorstellung, dass jeder vor seiner Verurteilung als unschuldig zu gelten hat – ein Prinzip, das man ihm selbst vorenthielt, das aber die Mitarbeiter dieses Museums für Kendel einfordern.«
Diane machte eine kleine Pause. Sie war zufrieden, dass viele ihrer Zuhörer ein betroffenes Gesicht machten. »In unserer Bibliothek gibt es Bücher über seine Herrschaft, wenn Sie Näheres wissen wollen. Jetzt muss ich mich wieder meiner Arbeit widmen. Madge, Sie kommen am besten mit mir mit. David möchte Sie befragen.«
»Mich? Warum?« Madge rutschte auf ihrem Stuhl zurück, als ob sie Angst hätte, Diane wolle ihr einen Schlag versetzen.
»Wir müssen herausfinden, wer hinter dieser Sache steckt«, sagte Diane.
»Aber … das weiß ich doch nicht. Die Reporterin hat mir das nicht gesagt«, jammerte Madge.
»Vielleicht führt uns die Art und Weise, wie sie Sie befragt hat, auf eine Spur. Es wird nicht lange dauern, aber Sie müssen uns helfen, das alles aufzuklären.«
»Aber ich möchte nicht gerade jetzt Miss Williams über den Weg laufen«, sagte Madge kleinlaut.
»Ach?«, sagte Diane. »Ich hätte gedacht, dass Sie die Möglichkeit begrüßen würden, sich bei Dr. Williams zu entschuldigen.«
Barclay räusperte sich. »Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dr. Williams rechtliche Schritte gegen Sie unternimmt«, sagte er zu Madge, »ist es vielleicht keine so gute Idee, sie um Entschuldigung zu bitten. Sie würden damit ihre Vorwürfe anerkennen.«
Diane musterte die beiden kühl. »Nun, das überlasse ich Ihnen und Ihrem Gewissen. Trotzdem bestehe ich darauf, dass Sie jetzt mit David sprechen, Madge.«
»Ich komme mit Ihnen
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