Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
wieder die Tränen in die Augen.
Frank drückte ihre Hand. Diane sah, wie sich seine Kiefermuskeln anspannten. In diesem Augenblick wurde es grün, und er fuhr weiter.
»Ich hätte das nicht zugelassen«, sagte sie, obwohl sie wusste, dass das Opfer einen entschlossenen Vergewaltiger meist nicht stoppen kann. Sie schüttelte den Kopf, als ob sich in ihrem Schädel etwas nicht an der rechten Stelle befände. »Ich weiß nicht, was über mich kam. Mir war die Bedrohung plötzlich völlig egal. Ich wollte es nur nicht geschehen lassen.« Sie atmete einmal tief durch. »Und dann war da noch diese idiotische Schwester. Sie wollte mir partout nicht glauben und grinste mich einfach an, als ich sie aufforderte, die Sicherheitsleute zu rufen. Sie sollten diesen Hemden schreiende Power-Farben geben.«
»Du wolltest die Sicherheit rufen? Warum hast du dich danach nicht beschwert?«, fragte Frank.
»Weil eine solche Schwesternhelferin nicht sehr viel verdient und wahrscheinlich von ihrem kleinen Gehalt fünf Kinder, einen arbeitslosen Ehemann sowie fünf Schwäger samt deren Familien ernähren muss!«
Sie sah, wie sich Franks Kiefermuskeln zu einem ganz leichten Lächeln entspannten. Sie schwiegen, bis sie in seine Einfahrt einbogen. Diane schaute auf die Uhr.
»Du wirst zu spät ins Büro kommen«, sagte sie.
»Das ist schon okay. Ich bleibe noch eine Weile hier. Du kannst mir währenddessen erzählen, was bei dir daheim und im Krankenhaus nun eigentlich genau passiert ist. Du sagtest vorhin, du dachtest, er werde dich gleich vergewaltigen. Das war also gar nicht seine Absicht?«
Diane schüttelte den Kopf. »Nein, er wollte mich umbringen.«
Kapitel 19
F ranks neoklassizistisches Haus lag etwas zurückgesetzt von der Hauptstraße inmitten einiger riesiger Eichen. Trotz seines Alters war es immer noch gut in Schuss. Seine Parkettböden waren blitzblank poliert. Die leicht gelbbraun gestrichenen Innenwände machten die Zimmer hell und freundlich. Frank hatte eine Vorliebe für bequeme Sessel und Sofas sowie Eichen- und Nussholzmöbel, die gut zu dem etwas altväterlichen Charakter des Hauses passten. Diane erinnerte es immer an seinen Besitzer: Wie er war es für sie ein vertrauenswürdiger, zuverlässiger Zufluchtsort.
Sie saßen im Wohnzimmer auf dem Polstersofa vor dem Kamin. Da er nicht brannte, sah er wie der dunkel gähnende Eingang zu einer Höhle aus. Diane mochte diesen Anblick. Sie hatte bereits seit Monaten keine Höhle mehr betreten. Gerade jetzt wäre sie gern in einer dunklen, kühlen Felsengrotte gewesen. Es gab nichts Besseres, als in den Schoß der Erde zu kriechen, wenn man seine Alltagsprobleme vergessen wollte. Sie lehnte sich an Frank, der sie fest umschlungen hielt, als ob seine Arme ihr Zittern beenden könnten.
Nach einigen Minuten machte sie sich ganz sanft los und setzte sich auf.
»Ich bin okay, wirklich«, sagte sie und rieb sich mit den Fingerspitzen die Augen. Sie wollte auf keinen Fall die Fassung verlieren. Sie konnte unmöglich in einem solch aufgelösten Zustand im Museum erscheinen – nicht jetzt, wo sämtliche Mitarbeiter gerade von ihr Stärke und Zuversicht erwarteten.
Frank schaute sie einen Moment lang aufmerksam an und zeigte dann das Lächeln, das sie so sehr an ihm mochte, bei dem seine Augen leicht zu zwinkern begannen. In solchen Augenblicken schien plötzlich die Welt wieder in Ordnung zu sein.
»Gut. Ich hole uns etwas Kaffee, und du erzählst mir dann alles, was dir heute passiert ist.«
Frank stand auf, beugte sich über sie und küsste sie kurz. Während seiner Abwesenheit schaute sich Diane wieder einmal die Fotos auf dem Kaminsims an. Frank hatte eine nette Familie: seine Eltern, die immer noch lebten und immer noch miteinander verheiratet waren, zwei Brüder und eine Schwester sowie etliche Neffen und Nichten. In der Mitte standen das Foto seines Sohnes Kevin aus einer früheren Ehe und das seiner Adoptivtochter Star, um die er sich kümmerte, seit ihre Eltern ermordet worden waren. Diane nahm deren Bild in die Hand und lächelte es an. Star, die jetzt die Bartram-Universität besuchte, hatte eine Menge durchgemacht, sich in letzter Zeit aber zu einer optimistischen jungen Frau entwickelt.
Frank kam mit zwei Tassen Cappuccino aus der Küche zurück. Normalerweise waren ihr die immer viel zu stark, aber heute konnte sie einen Koffeinschub gut gebrauchen. Sie stellte Stars Foto auf den Sims zurück.
»Muss ich das im Sitzen trinken?«, sagte sie.
»Das wäre
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