Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
Drew.
Er saß entspannt zurückgelehnt mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl. Merrick hatte sich leicht nach vorne gebeugt. Sie schauten sich während dieser Unterhaltung direkt in die Augen. Das Ganze erinnerte sie an ihren Besuch bei Clymene. Jeder versuchte, sich von den anderen nicht in die Karten schauen zu lassen.
»Rivers wollte wissen, welche Beweise zu Clymenes Verurteilung geführt hatten. Ich habe sie ihm dann genau erklärt«, sagte Diane.
»Und warum wollte er das wissen?«, hakte Merrick nach.
»Das hat er mir nicht gesagt. Allerdings war Clymene laut Rivers eine vorbildliche Gefangene, die ihren Mithäftlingen oft eine große Hilfe war. Er hatte von ihr oder vielleicht auch von anderen Insassen gehört, dass die Beweise gegen sie nicht besonders stichhaltig gewesen seien. Ich glaube sogar, dass er begonnen hatte, an ihrer Schuld zu zweifeln. Da bin ich mir aber nicht sicher.«
»Glauben Sie, er hat ihr bei der Flucht geholfen?«, fragte Drew.
»Ich weiß es nicht. Clymene war allerdings sehr begabt, wenn es darum ging, andere um den Finger zu wickeln.«
Die beiden Marshals machten ein skeptisches Gesicht. Sie glaubten wohl, dass Diane Clymene O’Rileys Fähigkeiten weit überschätzte. Diane lächelte freundlich zurück.
»Und wie ist es mit Ihnen?«, fragte Merrick. »Mögen Sie sie?«
»Ich habe zumindest nichts gegen sie. Es wäre allerdings übertrieben, zu behaupten, dass ich sie mag«, sagte Diane. »Immerhin ist sie eine berechnende, kaltblütige Mörderin.«
»Könnte sie also Rivers tatsächlich dazu gebracht haben, ihr bei der Flucht zu helfen?«, bohrte Merrick nach.
»Ich weiß es wirklich nicht. Sie kann nicht zaubern. Sie kann Leute nicht dazu bringen, etwas gegen deren eigenen Willen zu tun. Sie kann sie nur so weit manipulieren, dass sie geneigt sind, ihrer Sicht der Dinge zu glauben.«
»Und wie schafft sie das?«, fragte Drew. Sein Gesicht zeigte, dass er allmählich wirklich daran interessiert zu sein schien, die Gründe für Clymenes außergewöhnliche Fähigkeiten zu erfahren.
»Da müssen Sie FBI-Agent Kingsley fragen. Der hat größere psychologische Kenntnisse als ich. Er hält sie für eine Naturbegabung als Profilerin. Sie habe die unheimliche Fähigkeit, Menschen sofort zu durchschauen.«
»Warum haben Sie mich nach Ihrem Besuch bei ihr nicht sofort angerufen, wie ich es Ihnen aufgetragen hatte?«, meldete sich plötzlich Staatsanwalt Riddmann zu Wort. Diane konnte sehen, dass die Marshals sich über seine Einmischung ärgerten.
Diane musterte Riddmann. Er war ganz offensichtlich wütend auf sie. »Agent Kingsley versicherte mir, er werde Sie anrufen«, sagte sie.
»Hat er aber nicht«, sagte Riddmann.
»Dann muss ihm etwas dazwischengekommen sein. Er wird es bestimmt noch tun.«
»Hat Clymene vielleicht auch Sie um den Finger gewickelt?«, fragte Riddmann.
»Nein«, antwortete Diane.
»Vielleicht –«, begann er, aber Merrick schnitt ihm das Wort ab.
»Ich habe gehört, dass heute Nacht etwas in Ihrer Wohnung passiert ist?«
Als Riddmann erneut das Wort ergreifen wollte, schaute Merrick ihn scharf an. Die Marshals hielten ihren Job hier ganz offensichtlich noch nicht für erledigt. Wahrscheinlich, weil ihnen noch die Leiche fehlte. Wahrscheinlich, weil sie sich fragen, wo ich sie versteckt habe.
»Ja, das stimmt«, sagte Diane.
»Könnten Sie uns kurz erzählen, was genau vorgefallen ist?«, fragte Merrick.
Diane machte nur deshalb ein überraschtes Gesicht, weil es sonst verdächtig ausgesehen hätte.
»Sie glauben, das Ganze hatte etwas mit Clymene zu tun?«, fragte sie scheinheilig.
»Schildern Sie uns einfach, was passiert ist«, sagte Drew.
Diane wiederholte also noch einmal die ganze Geschichte, wie sie frühmorgens vom Klopfen an ihrer Tür aufgeweckt wurde und danach in der Blutlache ausgerutscht war.
»Sagen Sie«, mischte sich Riddmann ein, wobei er die Marshals herausfordernd anschaute, »wie viel Blut befindet sich eigentlich im Körper eines Menschen? Sie müssen das als forensische Anthropologin doch wissen, oder?«
»Etwa fünf bis sechs Liter«, erklärte Diane.
»Und wie viel davon kann man verlieren, ohne zu sterben?«, fragte der Staatsanwalt weiter.
»Etwa zwei Liter. Bei einem größeren Blutverlust tritt der Tod ein.«
»Und wie viel Blut befand sich Ihrer Meinung nach auf dem Boden Ihres Apartments?«, fragte Riddmann und beugte sich vor. An dem Glitzern in seinen Augen konnte Diane erkennen, wie sehr er von
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