Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Eintopf und Maisbrot gab es Obst, Käse, Stollen, Schinken, Aufschnitt, ein ganzes Hühnchen, einen Servierteller mit Gemüse, frisches Brot, Honigbutter und einen Milchkrug. Es hatte nur nicht noch mehr gegeben, weil er dem Lakaien verboten hatte, das letzte, schwer beladene Tablett hereinzutragen. Die schiere Menge würde einen hungrigen, ausgewachsenen Mann entmutigen – wie sehr dann erst ein junges Mädchen!
Gebannt starrte Jaenelle auf die Speisen, die in einem Halbkreis um ihren Platz aufgebaut waren.
»Iss deinen Eintopf, solange er noch warm ist«, schlug Saetan sanft vor und nahm einen Schluck von seinem Yarbarah.
Jaenelle griff nach ihrem Löffel und begann zu essen, legte ihn jedoch im nächsten Moment wieder schüchtern und unsicher beiseite.
Saetan machte sich daran, gemächlich zu erzählen, und da er sprach, als habe er sonst nichts zu tun und würde noch eine ganze Zeit lang am Tisch sitzen, nahm Jaenelle den Löffel erneut zur Hand. Ihm fiel auf, dass sie das Besteck jedes Mal niederlegte, wenn er zu sprechen aufhörte, als wolle sie ihn auf keinen Fall aufhalten. Also klatschte und tratschte er und berichtete von Mephis, Prothvar, Andulvar, Geoffrey und Draca, doch schon nach kurzer Zeit ging ihm der Gesprächsstoff aus. Bei den Toten passiert nicht viel , dachte er trocken, als er zu einem langwierigen
Vortrag über das Buch ansetzte, das er gerade las, ohne sich darum zu kümmern, ob sie seinen Ausführungen folgen konnte.
Er zerbrach sich schon verzweifelt den Kopf, worüber er als Nächstes sprechen könnte, als sie sich zurücklehnte, die Hände über dem prall gefüllten Bauch verschränkt, und ihn mit dem süßen, schläfrigen Lächeln eines satten und zufriedenen Kindes bedachte. Er führte sich das Weinglas an die Lippen, um sein Lächeln zu verbergen, und warf einen raschen Blick auf das Schlachtfeld, das sich vor ihm erstreckte. Vielleicht war es voreilig gewesen, jenes letzte Tablett in die Küche zurückzuschicken.
»Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte er und biss sich auf die Unterlippe, als sie sich trotz vollen Magens aufzurichten suchte.
Er führte sie in den zweiten Stock seines Burgflügels. Die Türen auf der rechten Seite des Ganges führten in die Zimmer seiner Suite, doch er öffnete eine Tür zu ihrer Linken.
In die Gestaltung dieser Räume waren viele Stunden der Planung eingeflossen. Helle, muschelfarbene Wände, dicke, sandfarbene Teppiche, die dunkelblaue Tagesdecke auf dem riesenhaften Bett, bequeme Möbelstücke und Kissen in der Farbe von Dünengras verliehen dem Schlafzimmer etwas von einer Meereslandschaft. Das angrenzende Wohnzimmer hingegen gehörte ganz der Erde. Den Zimmern fehlte nur noch der letzte Schliff, den er absichtlich weggelassen hatte.
Jaenelle bewunderte, erkundete und stieß Entzückensschreie aus. Als sie das Badezimmer sah, rief sie ihm zu: »In der Wanne kann man ja schwimmen!«
»Gefallen die Zimmer dir?«, erkundigte er sich, als sie schließlich zu ihm zurückkehrte.
Lächelnd nickte sie.
»Da bin ich aber froh, denn es sind deine.« Anstatt auf ihr erfreutes Jauchzen einzugehen, fuhr er fort: »Natürlich benötigen sie noch deine ganz persönliche Note und die
Utensilien einer Lady und Bilder habe ich bisher auch noch nicht an den Wänden aufhängen lassen. Die musst du selbst aussuchen.«
»Meine Zimmer?«
»Wann immer du sie benutzen möchtest, ob ich hier bin oder nicht. Ein ruhiger Ort, der dir ganz alleine gehört.«
Vergnügt beobachtete er, wie sie die Zimmerflucht erneut erkundete, diesmal mit einem Funken Besitzerstolz in den Augen. Sein Lächeln verschwand erst, als sie versuchte, die Tür am gegenüberliegenden Ende des Schlafzimmers zu öffnen, die sie jedoch verschlossen vorfand. Ihr Interesse schien nicht groß genug zu sein, um nachzufragen, und so wandte sie sich gleich wieder ab.
Während Jaenelle dem Badezimmer einen zweiten Besuch abstattete, um die Möglichkeiten der Badewanne abzuwägen, betrachtete Saetan die verschlossene Tür.
Er liebte Jaenelle aus tiefstem Herzen, doch er war kein Narr. Jenseits dieser Tür lag eine weitere Suite, die etwas kleiner, dabei aber ebenso sorgsam eingerichtet war. Eines Tages würde ein Gefährte in jenen Räumen residieren, wenn sie zu Besuch kam. Im Augenblick, zumindest bis sie danach fragte, bestand kein Anlass, ihr zu erklären, was sich auf der anderen Seite der Tür befand.
»Saetan?«
Ihre Stimme riss ihn aus seinen Tagträumen und als er sich
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