Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Wasser über ein loderndes geistiges Feuer. Oder Öl? Egal. »Wusstest du, dass sie von den Netzen springt?«
Unbeeindruckt zuckte Andulvar mit den Schultern. »Mindestens die Hälfte aller Blutleute, die Juwelen tragen, können zwischen den einzelnen Windhierarchien hin- und herspringen.«
»Sie springt nicht zwischen den Hierarchien hin und her, liebster Andulvar, sondern zwischen den Reichen.«
Andulvar musste schlucken. »Das ist unmöglich!«, stieß er keuchend hervor und schien nun doch dankbar zu sein, dass Saetan ihm Brandy in ein weiteres Glas einschenkte.
»Das habe ich auch immer geglaubt. Und ich werde mir gewiss keine Gedanken über die damit verbundenen Gefahren machen, solange ich noch denken kann. Auf diese Weise ist sie übrigens all die Jahre durch die Gegend gereist. Bis zum heutigen Tage wusste sie gar nicht, dass es so etwas wie Tore gibt.«
Zweifelnd beäugte Andulvar die Brandyflasche. »Das wird nicht reichen, damit wir uns beide betrinken können — gesetzt den Fall, wir können uns überhaupt noch betrinken. «
»Ich habe mehr von dem Zeug.«
»Na dann.«
Sie ließen sich in den Sesseln am Kamin nieder, um sich hingebungsvoll ihrer Aufgabe zu widmen.
5Hölle
H üter sollten eben nicht trinken«, meinte Geoffrey, dem zu sehr zum Lachen zumute war, um Mitgefühl zu zeigen.
Nachdem Saetan dem anderen Hüter einen unheilvollen Blick zugeworfen hatte, schloss er die Augen, wobei er insgeheim hoffte, sie mögen ihm ausfallen, auf dass wenigstens ein Teil seines Kopfes nicht länger wehtat. Er zuckte zusammen, als Geoffreys Sessel über den Bibliotheksboden scharrte.
»Wieder Namen?«, fragte Geoffrey mit gedämpfter Stimme.
»Ein Familienname, Angelline, wahrscheinlich aus Chaillot, und ein Vorname: Wilhelmina.«
»Ein Familienname und ein Ort, an dem ich anfangen kann! Du bist zu gütig, Saetan.«
»Von mir aus sollst du verrecken.« Der Klang seiner eigenen Stimme ließ Saetan zusammenfahren.
»Bin ich längst«, entgegnete Geoffrey gut gelaunt, während er sich aufmachte, das entsprechende Register zu holen.
Die Tür der Bibliothek öffnete sich. Draca, die Seneschallin des Bergfrieds, glitt an den Tisch und stellte eine Tasse vor Saetan. »Das ... sss ... hier wird dir helfen«, erklärte sie, als sie sich abwandte. »Auch wenn du es ... sss ... nicht verdient hast.«
Saetan nippte an dem dampfenden Gebräu, verzog bei dem Geschmack zwar das Gesicht, schaffte es jedoch, die Hälfte zu trinken. Dann lehnte er sich zurück, die Hände lose um die Tasse gelegt, und lauschte auf Geoffrey, der rücksichtsvollerweise so leise wie möglich in den Seiten des Registers blätterte. Als Saetan Dracas Gebräu ausgetrunken hatte, hörte auch das Rascheln der Seiten auf.
Geoffreys schwarze Augenbrauen zogen sich steil nach oben, wobei sie fast seine Geheimratsecken zu berühren schienen. Die sinnlichen, blutroten Lippen hatte er fest zusammengepresst.
»Tja, also«, setzte er schließlich an, »es gibt eine Chailloter Hexe namens Alexandra Angelline, welche die Königin des Territoriums ist. Sie trägt Opal. Ihre Tochter Leland trägt Rose und ist mit einem Krieger namens Robert Benedict verheiratet, der Gelb trägt. Es gibt keine Hexe, die auf den Namen Wilhelmina Angelline hört, allerdings gibt es eine Wilhelmina Benedict. Vierzehn Jahre alt, auf Chaillot geboren, trägt Purpur.«
Saetan rührte sich nicht. »Irgendwelche anderen familiären Verbindungen?«, fragte er eine Spur zu leise.
Geoffrey warf ihm einen scharfen Blick zu. »Nur eine von Interesse. Ein Prinz namens Philip Alexander, der Grau trägt, hat mit Robert Benedict dieselbe väterliche Blutlinie gemeinsam und dient Alexandra Angelline. Wenn die Blutlinie nicht offiziell anerkannt wurde, passiert es nicht selten, dass der betreffende Bastard einen Nachnamen annimmt, der auf die Königin verweist, der er dient.«
»Das weiß ich. Was ist mit Jaenelle?«
Geoffrey schüttelte den Kopf. »Nicht aufgeführt.«
Saetan legte die Finger aneinander. »Sie sagte, ihr Name sei Angelline, was wohl bedeuten muss, dass sie der Tradition folgt und sich auf die matriarchale Blutlinie beruft. Außerdem meinte sie, sie könne vormittags kommen, während Wilhelmina Unterricht hat. Dieselbe Familie?«
Seufzend schloss Geoffrey das Buch. »Wahrscheinlich. In Terreille ist man nachlässig geworden, was das Eintragen der familiären Linien des Blutes betrifft. Doch wenn sie ein Kind eintragen ließen, warum dann nicht auch das
Weitere Kostenlose Bücher