Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
veranlasst hatte, vor ihm zurückzuweichen, und Königinnen dazu bewegen konnte, die Befehle, die sie ihm gegeben hatten, noch einmal zu überdenken.
Jaenelle sah ihm einfach nur in die Augen. Daemon senkte als Erster den Blick und ein leichtes Zittern durchlief seinen Körper, als er die Faust für sie öffnete.
Ihre Berührung war federleicht, sanft und wissend. Sie musterte einen Finger nach dem anderen, wobei sie insbesondere die Länge seiner Nägel zu interessieren schien, und betrachtete schließlich lange Zeit den Ringfinger.
»Der hier ist wärmer als die anderen«, sagte sie halb zu sich selbst. »Und es befindet sich etwas darunter.«
Daemon sprang auf und zog sie halb auf die Beine, bevor sie sein Handgelenk losließ. »Lass es gut sein, Lady«, meinte er gepresst, indem er die Hände in den Hosentaschen verschwinden ließ.
Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sie es sich erneut auf dem Sofa bequem machte und ihre eigenen Hände musterte. Es hatte den Anschein, als wolle sie etwas sagen und suche verzweifelt nach den richtigen Worten. Da traf ihn die Erkenntnis, dass auch sie sich Gedanken darüber machte, was im Laufe ihrer Gespräche unbeabsichtigterweise enthüllt werden könnte.
Schließlich sagte sie schüchtern: »Ich weiß ein wenig darüber, wie man mithilfe der Kunst heilen kann.«
»Ich bin nicht krank«, entgegnete Daemon, den Blick unverwandt geradeaus gerichtet.
»Aber auch nicht gesund.« Mit einem Mal klang ihre Stimme um Jahre älter.
»Es ist alles in Ordnung, Lady«, sagte Daemon bestimmt. »Ich danke dir für deine Sorge, aber bei mir ist alles in bester Ordnung.«
»Es scheint fast, als hätten nicht nur Frauen gerne ein Geheimnis«, stellte Jaenelle auf dem Weg zur Tür trocken fest. »Aber mit deinem Finger stimmt etwas nicht, Prinz. Du leidest Schmerzen.«
Er fühlte sich in die Ecke gedrängt. Wäre irgendjemand anders auf sein Geheimnis gestoßen, hätte Daemon sich längst daran gemacht, dieser Person still und heimlich ein Grab zu schaufeln. Doch Jaenelle ... Seufzend drehte Daemon sich zu ihr um. Aus der Entfernung, besonders in diesem schwachen Licht, wirkte sie wie ein zartes, unscheinbares Kind, zwar sehr freundlich, doch nicht sonderlich intelligent. Aus der Entfernung. Wenn man ihr nahe genug kam, um in ihre Augen zu sehen, fiel es einem schwer, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass man es mit einem Kind zu tun hatte – und man erzitterte unweigerlich in der Vorahnung, was sich unter der Oberfläche verbarg.
»Ich habe dir schon einmal geholfen«, sagte sie leise und trotzig in dem Wissen, dass er es nicht verleugnen konnte.
Daemon starrte sie nur an, da die Überraschung ihm die Sprache verschlagen hatte. Wie lange wusste sie schon,
dass er es gewesen war, der dem Priester in jener Nacht seine Kraft zur Verfügung gestellt hatte, als Jaenelle um Hilfe gerufen hatte, und in der Cornelia ihn hatte auspeitschen lassen? Als ihm die Antwort einfiel, hätte er sich am liebsten selbst dafür geohrfeigt, solch ein Narr gewesen zu sein. Wie lange sie es gewusst hatte? Seit jenem ersten Morgen in der Gartennische, als sie sich eine Meinung über ihn gebildet hatte.
»Ich weiß«, antwortete er respektvoll. »Ich war und bin dir sehr dankbar dafür, dass du mich damals geheilt hast. Doch hierbei handelt es sich weder um eine Verletzung noch um eine Krankheit. Es ist ein Teil von mir und es gibt nichts, was du für mich tun könntest.«
Ihr fragender Blick jagte ihm einen Schauder über den Rücken.
Schließlich zuckte sie mit den Schultern und schlüpfte aus dem Zimmer.
Daemon löschte die Kerze und stand ein paar Minuten in der tröstenden Dunkelheit, bevor auch er sich auf sein Zimmer zurückzog. Sein Geheimnis lag jetzt in ihren Händen und er hatte nicht vor, sich gegen irgendetwas zu schützen, was sie sagen oder tun könnte.
Wenige Minuten später läutete Alexandras Klingel.
2Kaeleer
S aetan blickte von dem Buch auf, das er laut las, und musste ein Zittern unterdrücken. Seit einer halben Stunde hatte Jaenelle nun aufmerksam den Umschlag des Buches betrachtet, wobei ihr leerer Blick ihm sagte, dass sie, wie es seine Absicht war, die Lektion in sich aufnahm, dass sie die Informationen gleichzeitig aber auch auf ganz andere Art und Weise abwog. Er fuhr fort, ihr laut vorzulesen, doch sein Geist folgte nicht länger den Worten.
Ein paar Minuten später gab er auf und legte das Buch zusammen mit seiner halbmondförmigen Brille auf den Tisch. Wider
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