Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Helene.
Wenn sie hier ist und du irgendwelche Beschwerden vorzubringen hast, dann komm zu mir und ich werde tun, was ich kann, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Aber urteile nicht.« Langsam ging er auf die Tür zu. »Behalte genug Personal, um jederzeit Gäste bewirten zu können, und führe Buch darüber, wer hier ein und aus geht – insbesondere diejenigen, die sich nach der Lady erkundigen. Niemand kommt hier herein, ohne sich vorher ausgewiesen zu haben. Ist das klar?«
»Ja, Höllenfürst«, antwortete Helene.
»Genieß dein Abendessen, meine Liebe.« Dann war er fort.
Saetan ging durch den langen Steingang zu seinem privaten Arbeitszimmer in den Tiefen der Burg im Dunklen Reich. Das kleine, angrenzende Apartment hatte er verlassen und stattdessen wieder seine Suite bezogen, die einige Stockwerke darüber lag; doch als die Tage und Wochen verstrichen, war er immer häufiger hierher zurückgekommen und hatte Zeit hier unten verbracht. Nur für den Fall.
Eine schmächtige Gestalt trat aus den Schatten nahe der Tür zum Arbeitszimmer. Der Junge verströmte unverkennbar Angst, während Saetan gemächlich die Tür aufschloss und ihn hineinbat. Ein Blick in Richtung der Kerzen ließ sie in ihrem weichen Licht aufflackern, das die Kanten und Ecken des Raumes verschwimmen ließ und das Gefühl unermesslicher Macht abmilderte, von dem das Zimmer erfüllt war, in dem er so lange gehaust hatte.
»Leistest du mir bei einem Glas Yarbarah Gesellschaft, Char?« Ohne auf eine Antwort zu warten, füllte Saetan aus der Karaffe auf dem Schreibtisch ein Glas und erwärmte es über einer kleinen Feuerzunge. Dann reichte er es Char.
Die Hand des Jungen zitterte, als er nach dem Glas griff, und seine Augen waren angsterfüllt.
Nervös erwärmte Saetan sich ebenfalls ein Glas, bevor er sich in den anderen Sessel am Feuer sinken ließ.
Char trank in raschen Zügen und seine Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Lächeln, während er den letzten Schluck genoss. Er sah den Höllenfürsten an, dessen Gesicht so gut wie nie auch nur die leiseste Gefühlsanwandlung zeigte, und wandte den Blick ab. Als er zum Reden ansetzte, verließ kein Laut seine Lippen. Er räusperte sich und versuchte es erneut. »Hast du sie gesehen?«, flüsterte er krächzend.
Bevor Saetan antwortete, nippte er an dem Blutwein. »Nein, Char. Ich habe sie seit drei Monaten nicht mehr gesehen. Und du?«
Char schüttelte den Kopf. »Nein, aber ... auf der Insel ist etwas geschehen. Andere sind gekommen.«
Saetan beugte sich vor. »Andere? Keine Kinder?«
»Doch, Kinder, aber … etwas passiert, wenn sie kommen. Sie kommen nicht durch die Tore oder gelangen auf die Insel, indem sie die Winde reiten. Sie kommen ...« Char schüttelte den Kopf und suchte nach den richtigen Worten.
Saetan senkte seine Stimme zu einem tiefen, besänftigenden Singsang. »Lässt du mich herein, Char? Darf ich es mir ansehen?« Chars Erleichterung war so groß, dass Saetans Unbehagen nur noch wuchs. Während er sich in seinem Sessel zurücklehnte, griff er nach dem Geist des Knaben, fand die Barrieren bereits geöffnet vor und folgte Char zu den Erinnerungen an das, was ihn derart beunruhigt hatte.
Zischend stieß Saetan die Luft aus, als er erkannte, worum es sich handelte, und unterbrach die Verbindung so schnell es ging, ohne dem Jungen zu schaden.
Wann hatte Jaenelle gelernt, das zu tun?
»Was ist es?«, wollte Char wissen.
»Eine Brücke«, entgegnete Saetan. Er leerte sein Glas und füllte es erneut, überrascht, dass seine Hand so ruhig war, obwohl er innerlich wie Espenlaub zitterte. »Man nennt es eine Brücke.«
»Es ist sehr mächtig.«
»Nein, die Brücke an sich besitzt keine Macht.« Er suchte Chars verstörten Blick und ließ es zu, dass der Junge in seinen Augen den Aufruhr sah, in dem sich seine eigenen Gefühle befanden. »Doch die Person, von der die Brücke erschaffen wurde, ist sehr mächtig.« Er stellte das Glas ab und lehnte sich nach vorne, wobei seine Ellbogen auf den Knien ruhten und er das Kinn auf die aneinander gelegten Finger stützte. »Woher stammen diese Kinder? Sagen sie das?«
Char befeuchtete sich die Lippen. »Von einem Ort namens Briarwood. Sie sagen nicht, ob es sich dabei um ein Dorf oder eine Stadt oder ein Territorium handelt. Angeblich hat eine Freundin ihnen von der Insel erzählt und ihnen den Weg gewiesen.« Er hielt inne, auf einmal schüchtern. »Würdest du kommen und es dir ansehen? Vielleicht ... würdest du
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