Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
versuchen, ihn in ihre Gewalt zu bekommen. Und wenn er die Schmerzen überstand …
Dorothea schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte erneut auf. Sie hörte nicht, wie sich die Tür öffnete und wieder schloss.
»Du machst dir Sorgen, Schwester«, erklang die schmachtende Jungmädchenstimme.
Als Dorothea aufblickte, zitterte sie vor Erleichterung. Sie
sank auf die Knie und neigte den Kopf. »Ich brauche deine Hilfe, Dunkle Priesterin.«
Hekatah lächelte und beäugte gierig den Inhalt der Flasche. Während sie die Kapuze ihres Umhangs weiterhin tief ins Gesicht gezogen trug, um es zu verbergen, setzte sie sich in den anderen Sessel und zog die Flasche mit einer graziösen Handbewegung zu sich. »Ein Geschenk?«, fragte sie entzückt und tat überrascht. »Wie großzügig von dir, Schwester, an mich zu denken.« Mit einer weiteren Handbewegung rief sie einen Kelch aus Rabenglas herbei, goss sich aus der Flasche ein und nahm einen großen Schluck. Anschließend stieß sie einen zufriedenen Seufzer aus. »Wie süß das Blut ist. Eine junge, starke Hexe. Doch eine solche Menge von einer einzigen Frau?«
Dorothea kroch auf ihren Sessel zurück und strich sich das Kleid glatt. Ihre Lippen verzogen sich zu einem verschlagenen Lächeln. »Sie bestand darauf, die Einzige zu sein, Priesterin, da sie dir ihr Bestes geben wollte.« Es war das Mindeste, was die kleine Schlampe hatte tun können, nachdem sie es gewesen war, die den ganzen Ärger ausgelöst hatte.
»Du hast nach mir geschickt«, meinte Hekatah ungeduldig, bevor sie wieder in ihren besänftigenden, schmeichlerischen Singsang verfiel. »Wie kann ich dir helfen, Schwester?«
Dorothea sprang aus dem Sessel und ging im Zimmer auf und ab. »Sadi hat den Verstand verloren und ich kann ihn nicht länger unter Kontrolle halten. Wenn er noch länger in Hayll bleibt, wird er uns alle in Stücke reißen.«
»Kannst du dich nicht des Mischlings bedienen, um ihn zu bändigen?« Hekatah füllte ihr Glas erneut und trank von dem warmen Blut.
Dorothea stieß ein verbittertes Lachen aus. »Ich glaube nicht, dass irgendetwas ihn zu bändigen vermag.«
»Hmm, dann musst du ihn fortschicken.«
Als Dorothea herumwirbelte, waren ihre Hände zu Fäusten
geballt und die Lippen entblößten ihre zusammengebissenen Zähne. »Wohin? Niemand wird ihn haben wollen, denn keine Königin, der ich ihn schicke, wird es überleben.«
»Je weiter, desto besser«, murmelte Hekatah. »Pruul?«
»Zuultah hat den Mischling und du weißt, dass man die beiden nicht an ein und demselben Hof halten kann. Außerdem ist es Zuultah tatsächlich gelungen, den Kerl an die Kette zu legen, und Prythian will ihn nicht woanders hinschicken.«
»Seit wann kümmerst du dich darum, was Prythian will?«, fuhr Hekatah sie an. »Pruul liegt im Westen, weit im Westen von Hayll und besteht größtenteils aus Wüste. Ein idealer Ort.«
Dorothea schüttelte den Kopf. »Zuultah ist zu wertvoll für unsere Pläne.«
»Ach.«
»Wir sind noch dabei, die westlichen Territorien zu erschließen und haben bisher nicht genug Einfluss.«
»Aber ihr habt Einfluss. Gewiss muss Hayll irgendwo die Finger im Spiel haben, wo nicht sämtliche Königinnen derart wertvoll sind. Gibt es denn keinen Ort, Schwester, wo sich die regierende Königin als Hindernis erwiesen hat? Wo ein Geschenk wie Sadi sich als nützlich herausstellen könnte?«
Langsam ließ sich Dorothea wieder in ihren Sessel sinken, wobei sie sich mit dem langen Nagel ihres Zeigefingers gegen die Zähne klopfte. »Es gibt da einen Ort«, meinte sie leise. »Diese Schande für den Titel einer Königin hat sich mir bei jeder Gelegenheit widersetzt und es hat dreier Generationen bedurft, bis die Gesellschaft verweichlicht genug war, um einen unabhängigen männlichen Rat zu schaffen, der so stark war, dass er die Gesetze ändern konnte. Die Männer, denen wir an die Macht geholfen haben, werden ihr eigenes Volk ausweiden, um herrschen zu können. Sobald sie das getan haben, ist das Territorium reif
für die Ernte. Doch sie versucht weiterhin, gegen die Männer anzukämpfen; außerdem ist sie ständig bestrebt, meine Botschaft schließen zu lassen und meinen Einfluss zu beschneiden.« Mit einem Glitzern in den Augen setzte Dorothea sich gerade auf. »Sadi wäre das perfekte Geschenk für sie.«
»Und wenn sein Temperament mit ihm durchgehen sollte ...« Hekatah lachte.
Dorothea fiel in ihr Lachen ein. »Aber wie soll ich ihn dorthin bringen?«
»Schenk ihn
Weitere Kostenlose Bücher