Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sie auf diesen Ansturm gefasst war.«
»Du etwa?«
»Von wegen.« Als es an die Tür des Arbeitszimmers klopfte, überlegte Saetan kurz, sich aufrecht hinzusetzen, entschied sich dann jedoch dagegen. »Herein!«
Khardeen trat lächelnd ein und legte sechzehn versiegelte Briefumschläge auf den Ebenholztisch. »Ich habe Jaenelle versprochen, dir die hier zu bringen. Wir gehen hinaus zu den Wölfen und dem Einhorn.«
»Habt ihr die Küchenvorräte bereits fertig geplündert?«, erkundigte sich Saetan, der nach einem der Umschläge griff.
»Jedenfalls bis zum Abendessen.«
»Hier geblieben, Krieger«, befahl Saetan Khardeen, der sich offensichtlich am liebsten so schnell wie möglich zurückgezogen hätte. Der Höllenfürst erbrach das Siegel und rief seine halbmondförmige Brille herbei, um die Nachricht zu lesen. Kurz darauf starrte er Khary an. »Das hier stammt von Lady Duana.«
»Mhmm.« Khary wippte mit den Fersen auf und ab. »Morghanns Großmutter.«
»Die Königin von Scelt ist Morghanns Großmutter?«
Khary steckte die Hände in seine Hosentaschen und murmelte erneut »Mhmm.«
Behutsam legte Saetan seine Brille auf den Tisch. »Reden wir nicht lange um den heißen Brei. Steht in all diesen Briefen dasselbe?«
»Was denn, Höllenfürst?«, fragte Khary mit Unschuldsmiene.
»Wird in all diesen Briefen die Erlaubnis für einen ausgedehnten Besuch erteilt?«
»Soviel ich weiß schon.«
»Was genau bedeutet ›ausgedehnter Besuch‹?«
»Nicht zu lange, bloß den restlichen Sommer über.«
Kharys Antwort verschlug Saetan die Sprache. Allerdings war sich der Höllenfürst ohnehin nicht sicher, was er hätte sagen sollen, selbst wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.
»Alles wird bereits geregelt«, versicherte Khary besänftigend. »Lord Beale und Lady Helene kümmern sich gerade um die Verteilung der Zimmer, es gibt also nichts, worum du dir Sorgen machen müsstest.«
»Nichts …« Saetans Stimme versagte.
»Und es ist ein annehmbarer Kompromiss, Höllenfürst. So kannst du Zeit mit ihr verbringen, und wir ebenfalls. Außerdem ist die Burg der einzige Ort, der groß genug für uns alle ist. Und wie mein Onkel meinte, würde es jeden Mann in den Suff treiben, uns alle unter seinem Dach zu beherbergen – und dieses Vergnügen überlässt er lieber dir, als selbst darauf zu bestehen.«
Saetan entließ den Jüngling mit einer matten Geste. Erst als die Tür sich wieder hinter Khary geschlossen hatte, vergrub der Höllenfürst den Kopf in den Händen. »Mutter der Nacht.«
Kapitel 7
1Kaeleer
S aetan legte die Finger aneinander und starrte Sylvia an. »Wie bitte?«
»Du musst mit Tersa sprechen«, wiederholte Sylvia.
Verflucht noch mal, warum musste sie so hartnäckig sein?
Nur mit Mühe gelang es ihm, seinen Zorn zu bezwingen. Eigentlich war es jedoch nicht Sylvias Schuld, denn sie konnte nicht wissen, wie er und Tersa zueinander standen.
»Möchtest du etwas Wein?«, fragte er nach einer langen Pause. Seine tiefe Stimme verriet zu viel von seinem Herzen.
Sylvia beäugte die Karaffe, die am einen Ende des Schreibtisches stand. »Wenn das Brandy sein sollte, dann gieß dir ein Glas ein und gib mir anschließend die Karaffe.«
Saetan füllte zwei Brandygläser und ließ eines zu ihr hinüberschweben.
Sylvia trank einen großzügigen Schluck, woraufhin sie ein wenig husten musste.
»Das ist aber nicht die feine Art, guten Brandy zu genießen«, meinte er trocken, trank jedoch sein eigenes Glas fast leer, obgleich er genau wusste, dass er davon Kopfschmerzen bekommen würde. »Also gut. Erzähl mir von Tersa.«
Die Arme auf die Sessellehnen gestützt, beugte Sylvia sich vor. Das Glas hielt sie in beiden Händen. »Ich bin kein Kind, Saetan. Ich weiß, dass manche Leute in das Verzerrte Reich abgleiten, während andere hineingestoßen werden – und ein paar sehr mutige Personen entscheiden sich bewusst dafür. Außerdem ist mir klar, dass die meisten Schwarzen Witwen, die sich im Verzerrten Reich verirren, für andere keine Gefahr darstellen. Auf ihre eigene Art und Weise sind sie sogar außergewöhnlich wissend und klug.«
»Aber?«
Sie presste die Lippen zusammen. »Mikal, mein Jüngster, ist relativ häufig bei Tersa. Er findet sie einfach wunderbar.« Sie leerte den Brandy und hielt Saetan auffordernd das Glas entgegen. »In letzter Zeit nennt sie ihn Daemon.«
Ihre Stimme war so leise und heiser, dass er sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. Voller Gram wünschte er sich
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