Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
»Was?«
Würde sie es begreifen, wenn er wiederholte, was sie eben gesagt hatte? Er bezweifelte es. »Das Essen ist also mies, und du kannst nicht schlafen. Das erklärt aber immer noch nicht, warum du in diesem Zustand zurückkommst. Was haben sie dir angetan, Katze?«
»Nichts«, flüsterte sie mit geschlossenen Augen. Sie musste mehrmals schlucken. »Es ist nur, dass Jungen erwarten, geküsst zu werden …«
»Sie erwarten was ?«, zischte Lucivar wütend.
»… und ich bin f-f-frigide und …«
»Frigide!«, brüllte Lucivar und ignorierte ihr verängstigtes Aufkreischen. »Du bist siebzehn Jahre alt. Diese aufgeblasenen kleinen Hurensöhne sollten überhaupt nichts mit dir anstellen, das solche Fragen auch nur aufwerfen könnte. Und wo im Namen der Dunkelheit waren die Erwachsenen?«
Er schaukelte wutentbrannt hin und her, während er ihr mit der Hand über das Haar strich und sie mit dem anderen Arm beschützend an sich drückte. Ihr leiser Schmerzschrei, als er dabei ihren Arm einklemmte, ließ ihn aus seiner blinden Wut hochfahren. Er murmelte eine Entschuldigung, setzte Jaenelle erneut zurecht und fing an, bedächtiger zu schaukeln. Kurz darauf schüttelte er den Kopf.
»Frigide«, sagte er mit einem verächtlichen Schnauben. »Nun, Katze, wenn sie meinen, man sei frigide, bloß weil man sich gegen ihre Küsse wehrt und nicht angetatscht werden
möchte, dann bin ich auch frigide. Sie haben kein Recht, dich zu benutzen, ganz egal, was sie sagen mögen. Jeder Mann, der dir etwas anderes erzählt, hat ein Messer zwischen die Rippen verdient.« Er musterte sie abschätzend, um dann erneut den Kopf zu schütteln. »Wahrscheinlich würde es dir schwer fallen, einem Mann ein Messer in die Eingeweide zu rammen. Macht nichts. Ich erledige das gerne.«
Jaenelle starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Er legte ihr die Hand in den Nacken und massierte sie sanft. »Hör mir gut zu, Katze, denn ich werde es nur ein Mal sagen: Du bist die wunderbarste Lady, die mir je begegnet ist, und die liebste Freundin, die ich je hatte. Abgesehen davon liebe ich dich wie ein Bruder, und jeder Bastard, der meiner kleinen Schwester wehtut, bekommt es mit mir zu tun.«
»Das kannst du nicht tun«, flüsterte sie. »Die Vereinbarung lautet …«
»Ich habe nichts mit dieser verfluchten Vereinbarung zu schaffen.« Er schüttelte Jaenelle leicht und fragte sich, wie er diesen zerbrechlichen, verletzten Blick aus ihren Augen vertreiben könnte. Im nächsten Moment musste er ein Grinsen unterdrücken. Er würde einfach das tun, was er mit jeder Katze tat, die er aus der Reserve locken wollte: Er würde sie reizen. »Außerdem hast du ein Versprechen gebrochen, das du mir feierlich gegeben hast, Lady«, knurrte er lächelnd. »Und es ist ein schweres Vergehen, ein Versprechen zu brechen, das man einem Kriegerprinzen gegeben hat.«
Ihre Augen funkelten zornig. Er konnte förmlich spüren, wie sie einen Buckel machte, und das nicht vorhandene Fell sträubte. Vielleicht würde er gar nicht allzu tief graben müssen, um zumindest ein wenig ihres Temperaments zurück an die Oberfläche zu befördern.
»Das habe ich nicht!«
»Doch, hast du. Ich entsinne mich noch gut, wie ich dir beibrachte, was du tun sollst, wenn …«
»Sie standen aber nicht hinter mir!«
Lucivar verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Hast du denn keine männlichen Freunde in Menschengestalt?«
»Natürlich habe ich das!«
»Und nicht ein Einziger hat dich zur Seite genommen und dir beigebracht, was du mit deinem Knie anstellen kannst?«
Auf einmal musterte sie ihre Fingernägel mit großem Interesse.
»Hab ich’s mir doch gedacht«, versetzte Lucivar trocken. »Dann stelle ich dich vor die Wahl: Wenn einer dieser feinen, aufgeblasenen Aristokraten etwas gegen deinen Willen tut, trittst du ihm entweder mit aller Kraft zwischen die Beine, oder ich breche ihm jeden einzelnen Knochen im Leib.«
»Das würdest du nicht tun.«
»Es ist gar nicht so schwer. Außerdem wäre es nicht das erste Mal.«
Nach einer Minute berührte er ihr Kinn mit dem Finger, woraufhin sie den Mund wieder schloss.
Kurz darauf schien sie erneut in sich zusammenzusinken. »Aber Lucivar«, stieß sie matt hervor, »was, wenn ich daran schuld bin, dass der Junge erregt ist und Abhilfe benötigt? «
Er schnaubte belustigt. »Das hast du ihnen nicht wirklich abgenommen, oder?«
Sie blickte ihn fragend an.
»Ich weiß ja nicht, wie die Sache in Kaeleer aussieht, aber in
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