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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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dass die Zimmer für derlei Anlässe da waren. Er war bisher nicht oft mit Landen in Berührung gekommen. Als er den Blick durch den größten Saal schweifen ließ und sich inständig nach Jaenelles vertrauter Gegenwart sehnte, konnte er die Schmerzen und die Angst der verwundeten Landen spüren, die an die Wände gelehnt saßen oder auf dem Boden lagen. Mit den Schmerzen konnte er umgehen. Doch die Furcht, die besonders in denjenigen aufloderte, die ihn bemerkten, untergrub seine ohnehin angeschlagene Selbstbeherrschung.
    Lucivar wollte sich eben umwenden, als sein Blick auf einen jungen Mann fiel, der auf einer schmalen Matratze in der Nähe der Tür lag. Unter normalen Umständen hätte er angenommen, dass es sich bei dem Mann um einen der Landen handelte, doch er hatte schon zu viele Männer in einer ähnlichen Verfassung gesehen, als dass ihm die schwache mentale Signatur entgangen wäre.
    Er ließ sich auf ein Knie sinken und hob behutsam das einfach gefaltete Laken, dass den Mann vom Hals bis zu den Füßen bedeckte. Lucivars Blick glitt von den Wunden hin zu dem schmerzverzerrten Gesicht und wieder zurück. Innerlich stieß er einen Fluch aus. Die Bauchverletzungen waren schlimm. Es waren schon Männer an weniger tiefen Wunden
gestorben. Jaenelle würde ihm mit ihren Heilkräften gewiss helfen können, doch Lucivar fragte sich, ob sie die Teile wiederherstellen konnte, die nicht mehr vorhanden waren.
    Rasch ließ Lucivar das Laken sinken und machte sich immer lauter fluchend auf die Suche nach einem leeren Raum, in dem er versuchen könnte, seine stetig ansteigende Wut zu bändigen.
    Randahl hatte nichts davon gesagt, dass einer seiner Männer verwundet worden war. Und warum hatte man den Jungen – nein, Mann; jemand mit derartigen Verletzungen hatte es nicht verdient, bloß ein Junge genannt zu werden – von den anderen getrennt und in den Schatten einer Wand gelegt, wo er leicht übersehen werden konnte?
    Sobald Lucivar die Wärme einer weiblichen Signatur spürte, riss er die betreffende Tür auf. Er war in die Küche des Gemeindehauses getreten, bevor er merkte, dass es sich bei der Frau, die versuchte, mit einer Hand Wasser zu pumpen, keineswegs um Jaenelle handelte.
    Sie wirbelte herum, als die Tür gegen die Wand knallte, und hob abwehrend den linken Arm.
    Lucivar hasste sie. Er hasste sie, weil sie nicht Jaenelle war; weil sich in ihren Augen Angst widerspiegelte, was blinde Wut in ihm aufsteigen ließ; weil sie jung und hübsch war; und vor allem hasste er sie, weil er wusste, dass sie jeden Augenblick davonlaufen würde, was ihn dazu veranlassen würde, sich auf sie zu stürzen und ihr wehzutun, ja, sie umzubringen, bevor er seine Selbstbeherrschung wiedergefunden hätte.
    Da schluckte sie hart und sagte mit leiser, zitternder Stimme: »Ich brauche Wasser für die Verwundeten, um Tee zu kochen, aber die Pumpe ist eingerostet, und ich kann sie mit einer Hand nicht bedienen. Würdest du mir behilflich sein?«
    Ein Teil der Anspannung wich von ihm. Zumindest hatte er es mit einer Landenfrau zu tun, die wusste, wie man mit Männern des Blutes umzugehen hatte. Einen Mann des Blutes um Hilfe zu bitten war immer die einfachste Methode, ihn wieder zur Vernunft zu bringen.

    Als Lucivar näher trat, wich sie zitternd zur Seite. Erneut stieg zügellose Wut in ihm hoch, bis er bemerkte, dass sie den rechten Arm verbunden über dem Bauch trug, die Hand zwischen Kleid und Schürze gesteckt.
    Sie zitterte also nicht vor Angst, sondern weil sie erschöpft war und Blut verloren hatte.
    Er holte einen Stuhl nahe genug heran, dass sie darauf sitzen und ihn währenddessen sehen konnte. Allerdings achtete er darauf, dass sich der Stuhl so weit von ihm entfernt befand, dass er sie beim Vorübergehen nicht ständig berühren würde. »Setz dich.«
    Nachdem sie Platz genommen hatte, pumpte er Wasser und stellte die vollen Töpfe auf den Herd. Da bemerkte er die Beutel mit Kräutern, die auf dem Holztisch neben den beiden Waschbecken ausgebreitet lagen, und betrachtete die Frau neugierig. »Lord Randahl erwähnte, dass die Dorfweise zusammen mit euren beiden Ärzten ums Leben gekommen ist.«
    Ihr stiegen Tränen in die Augen, während sie nickte. »Meine Großmutter. Sie sagte, ich hätte die Gabe, und wies mich in der Heilkunst ein.«
    Verblüfft lehnte sich Lucivar an den Tisch. Die Geister von Landen waren zu schwach, um eine mentale Signatur zu verströmen, doch ihr Geist tat es. »Wo hast du gelernt, mit Männern

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