Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
des Blutes umzugehen?«
Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. »Ich habe nicht versucht, dich zu kontrollieren!«
»Ich sagte umgehen , nicht kontrollieren. Dazwischen liegen Welten.«
»Ich … ich habe nur getan, was mir die Lady zu tun auftrug. «
Die Anspannung in seinem Innern löste sich noch ein Stück. »Wie heißt du?«
»Mari.« Zögernd hielt sie inne. »Du bist Prinz Yaslana, nicht wahr?«
»Beunruhigt dich das?«, fragte Lucivar mit neutraler Stimme. Zu seiner Überraschung lächelte Mari schüchtern.
»Oh, nein! Die Lady sagte uns, dass wir dir vertrauen können. «
Ihre Worte wärmten ihn wie die zärtliche Umarmung einer Geliebten. Doch ihm war ihr eigenartiger Tonfall nicht entgangen, und er fragte sich insgeheim, wem die Landen des Dorfes nicht trauen konnten. Seine goldenen Augen verengten sich, als er Mari musterte. »Du stammst teilweise von Angehörigen des Blutes ab, nicht wahr?«
Sie erblasste ein wenig und wich seinem Blick aus. »Meine Großmutter war ein Halbblut. Manche Leuten behaupten, ich schlüge zu sehr nach ihr.«
»Meiner Meinung nach ist das nichts Schlechtes.« Ihre sichtbare Erleichterung war zu viel für ihn. Da er nicht wollte, dass sie seinen Ärger auf sich bezog, wandte er seine Aufmerksamkeit den Beuteln mit den Kräutern zu, bis er seine Gefühle wieder im Zaum hatte.
Soweit er wusste, wurden Kinder, die halb Blut waren, fast nie von einer der beiden Gesellschaften anerkannt. Die Angehörigen des Blutes wollten sie nicht, weil ihre Kräfte nicht ausreichten, um die grundlegenden Dinge zu tun, welche die Angehörigen des Blutes mithilfe der Kunst bewerkstelligten. Von daher taugte ein Halbblut höchstens zum niedrigen Dienstboten. Die Landen hingegen wollten sie nicht, weil sie über zu viel Kraft verfügten. Ihre besonderen Fähigkeiten hatten – ohne die richtige Ausbildung oder jeglichen moralischen Ehrenkodex – schon etliche kleine Tyrannen hervorgebracht, die mithilfe von Magie und der Angst, die sie verbreiteten, über ein Dorf herrschten, von dem sie ansonsten nicht anerkannt worden wären.
Das Wasser kochte.
»Bleib sitzen«, fuhr Lucivar Mari an, als sie Anstalten machte, sich von ihrem Platz zu erheben. »Du kannst mir von dort aus sagen, was ich miteinander mischen soll.« Um seinem unwirschen Befehl die Spitze zu nehmen, fügte er anschließend lächelnd hinzu: »Ich habe schon für eine strengere Auftraggeberin als dich einfache Heiltränke hergestellt.«
Mari bedachte ihn mit einem mitfühlenden Blick und
pflichtete ihm leise bei, dass die Lady ein wenig unwirsch sein konnte, wenn es um das Mischen von Heiltränken ging. Anschließend wies sie auf die Kräuter, die sie zu benutzen gedachte, und erklärte ihm, in welchem Mischverhältnis zueinander er sie zermahlen sollte.
»Siehst du die Lady häufig?«, erkundigte sich Lucivar, während er die Töpfe vom Herd nahm und auf steinerne Untersetzer an einem Tischende stellte. Trotz Jaenelles strikter Weigerung, einen offiziellen Hof zu errichten, wurde ihren Meinungen so gut wie überall in Kaeleer Beachtung geschenkt.
»Sie kommt alle paar Wochen für einen Nachmittag zu uns. Sie spricht mit Großmutter und mir über die Heilkunst, während ihre Freunde Khevin unterweisen.«
»Wer ist …« Er verbiss sich den Rest der Frage. Vorhin hatte er geglaubt, die mentale Signatur des Jünglings sei aufgrund von dessen schweren Verletzungen derart schwach. Doch für ein Halbblut war sie sogar sehr stark. »Welche Freunde unterweisen ihn?«
»Lord Khardeen und Prinz Aaron.«
Khary und Aaron waren eine gute Wahl, wenn man einem jungen Halbblut die Grundlagen der Kunst beizubringen gedachte; was jedoch nicht erklärte, weshalb Jaenelle nicht auch ihn dazugebeten hatte! Lucivar ließ die mit Kräutern gefüllten Gazebeutelchen in die Wassertöpfe sinken. »Die beiden kennen sich gut in den Grundlagen der Kunst aus.« Dann fügte er boshaft hinzu: »Im Gegensatz zur Lady, die noch immer nicht in der Lage ist, ihre eigenen Schuhe herbeizurufen.«
Maris aufgebrachtes Schnauben überraschte ihn. »Ich verstehe nicht, weshalb ihr alle so viel Aufhebens darum macht. Wenn ich eine Freundin hätte, die so wunderbare Sachen zaubern könnte, würde ich ihr liebend gerne ab und an die Schuhe holen.«
Lucivar grummelte ärgerlich vor sich hin, während er auf der Suche nach Tassen einen Küchenschrank nach dem anderen aufriss. Diese verfluchte Frau musste in der Tat nach ihrer Großmutter schlagen. Zumindest
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