Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
mutig.
Mit dem eyrischen Kampfschwert deutete Lucivar auf das rechte Knie des Mannes und warf dem Hengst einen Blick zu. »Ein Mal. Genau hier.«
Das Einhorn bäumte sich auf und kam der Bitte bereitwillig nach.
»Sollen wir es noch einmal versuchen?«, erkundigte Lucivar sich freundlich, sobald der Mann zu schreien aufgehört hatte. »Als Nächstes kommt das andere Knie dran. Oder lieber eine Hand? Du darfst es dir aussuchen.«
»Dazu hast du kein Recht. Wenn das hier gemeldet wird …«
Lucivar lachte. »Wem gemeldet? Und was genau willst du
melden? Ihr seid Eindringlinge; ihr überfallt die rechtmäßigen Bewohner dieser Insel. Wer wird sich darum kümmern, was mit euch geschieht?«
»Der Dunkle Rat, wer sonst?« Schweißperlen traten dem Mann auf die Stirn, als Lucivar mit seinem Schwert herumspielte. »Ihr habt keinerlei Anspruch auf dieses Land.«
»Ihr auch nicht«, erwiderte Lucivar kalt.
»Wir haben einen Anspruch, du fledermausflügliger Bastard! Meine Königin und fünf weitere bekamen diese Insel als neues Territorium zugewiesen. Wir sind vorausgeschickt worden, um die Grenzen der einzelnen Territorien abzustecken und um etwaige Probleme zu beseitigen.«
»Wie zum Beispiel das Volk, das dieses Land seit tausenden von Jahren bewohnt hat? Ja, ich kann nachvollziehen, dass dies ein gewisses Problem für euch darstellen könnte.«
»Niemand herrscht hier. Dies ist herrenloses Land, auf das bisher keinerlei Anspruch erhoben wurde.«
»Dies ist das Territorium der Einhörner«, erwiderte Lucivar zornig.
»Ich habe Schmerzen«, jammerte der Mann plötzlich. »Ich brauche eine Heilerin.«
»Die sind alle beschäftigt. Wenden wir uns wieder einem interessanteren Thema zu: Der Dunkle Rat hat nicht das Recht, Land zu verteilen, und sie haben nicht das Recht, ein einheimisches Volk beseitigen zu lassen, das seit jeher über das Land herrscht.«
»Zeig mir die unterschriebene Urkunde, die besagt, dass ihnen das Land zugewiesen wurde. Meine Königin besitzt ein solches Dokument, offiziell unterzeichnet und mit einem Siegel versehen.«
Lucivar knirschte mit den Zähnen. »Das Land gehört den Einhörnern.«
Der Mann warf den Kopf von der einen Seite auf die andere. »Tiere haben keinen Anspruch auf das Land. Nur Menschen können rechtmäßige Herrschaftsansprüche erheben. Alles, was zu diesem Zeitpunkt hier lebt, tut dies unter der Duldung der betreffenden Königin.«
»Es sind verwandte Wesen!« Lucivars Stimme klang heiser vor Wut. »Angehörige des Blutes.«
»Tiere. Nichts als Tiere. Wir werden die bockenden Einhörner ausmerzen. Einige wenige könnten sich vielleicht noch als nützlich erweisen, wenn sie sich unterwerfen.« Der Mann wimmerte erneut. »Aua! Ich … brauche …eine … Heilerin. «
Lucivar trat einen Schritt zurück. Noch einen. Oh, ja. Die terreilleanischen Königinnen, diese verfluchten Luder, würden es lieben, auf Einhörnern umherzureiten, nicht wahr? Es würde ihnen nicht das Geringste ausmachen, dass man die Tiere brechen müsste, damit ihre Besitzerinnen sie als Reittiere benutzen konnten. Überhaupt nichts.
Drei wunderbare Jahre in Kaeleer konnten die siebzehnhundert Jahre nicht ungeschehen machen, die er in Terreille gelebt hatte. Er gab sich alle Mühe, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, aber es gab Nächte, in denen er am ganzen Leib zitternd aufwachte. Seinen Geist hatte er meist unter Kontrolle, doch sein Körper konnte sich noch zu gut daran erinnern, wie es sich anfühlte, einen Ring des Gehorsams zu tragen, und was er einem antun konnte.
Er schluckte hart und fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. Dann blickte er zu dem alten Hengst auf. »Fang mit den Armen und Beinen an. Auf die Weise dauert es länger, bis er stirbt.«
Nachdem er sein Kampfschwert hatte verschwinden lassen, wandte er sich um und ging fort, ohne auf die leiser werdenden Schmerzensschreie zu achten.
Als Saetan über einen abgetrennten Arm stolperte, musste er endlich einräumen, dass er einfach nicht weitermachen konnte. Jaenelles Bluttrank erlaubte es ihm, das Tageslicht zu ertragen, ja, zu genießen; doch er musste sich immer noch während der Stunden ausruhen, in denen die Sonne am stärksten schien. Seit Anbruch des Nachmittags hatte er so viel wie möglich im Schatten gearbeitet, doch das hatte nicht ausgereicht, um der Belastung entgegenzuwirken, die starkes
Sonnenlicht für den Körper eines Hüters darstellte. Er war nicht in der Lage, über so viele Stunden hinweg
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