Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Seite des Landehügels geführt worden waren, waren die überlebenden Hengste immer unruhiger geworden.
»Vielleicht weiß Ladvarian, was los ist«, antwortete Lucivar und nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. Er rief still nach Ladvarian. Ein paar Minuten später trottete der Sceltie erschöpft in das Lager.
*Mondschatten ist verschwunden*, gab Ladvarian Auskunft, als Lucivar ihn nach den Einhörnern fragte. *Sternenwolke ist schon alt, und Mondschatten sollte die nächste Königin werden. Sie trägt einen Opal. Eine der Stuten hat beobachtet, wie Menschen Stricke und Netze um Mondschatten warfen, aber sie weiß nicht, wohin sie verschwunden sind.*
Lucivar schloss die Augen. Soviel er wusste, hatten sämtliche Männer des Blutes, die an dem Überfall auf Sceval beteiligt gewesen waren, hellere Juwelen getragen. Doch wenn sich genügend von ihnen zusammengetan und magische Netze und Stricke benutzt hatten, wäre es ihnen theoretisch möglich gewesen, eine Königin mit Opal zu überwältigen. Hielten die Fangnetze sie davon ab, nach den anderen zu rufen, oder hatte man sie ganz von der Insel gebracht?
»Ich bin vor der Dämmerung wieder zurück.« Er drückte Khary seine Tasse in die Hand.
»Pass auf dich auf«, meinte Khary leise. »Man kann nie wissen.«
Lucivar flog nach Norden. Währenddessen sandte er wieder und wieder dieselbe Botschaft aus: Er diente der Lady. Die Lady befand sich in einem Lager in der Nähe des Landehügels. Bei der Lady waren Heilerinnen.
Er entdeckte ein paar kleine Einhornherden, die so schnell wie möglich in den Schutz der Bäume liefen, als sie ihn witterten.
Er sah viele reglose weiße Körper.
Außerdem sah er noch mehr zerfetzte menschliche Körper und dankte der Dunkelheit, dass Jaenelle es auf irgendeine Art und Weise geschafft hatte, ihre Wut auf diese Insel zu beschränken.
Und er fragte sich, woher die Erdmulden voller Macht stammten, die er überall spüren konnte, während er über
Wälder und Lichtungen flog. Manche waren schwach, andere viel stärker. Er ließ gerade eine Vertiefung voll außergewöhnlich starker Macht hinter sich, als ihn etwas packte. Etwas Wütendes und Verzweifeltes.
Mithilfe seines roten Geburtsjuwels machte Lucivar sich von der mentalen Berührung frei, doch es kostete ihn einige Anstrengung.
*Du dienst der Lady*, erklang eine barsche männliche Stimme.
Schwer atmend zog Lucivar seine Kreise. *Ich diene der Lady*, stimmte er vorsichtig zu. *Brauchst du Hilfe?*
* Sie braucht Hilfe.*
Er landete und ließ sich von der ausgesandten Macht durch die Bäume leiten, bis er sein Ziel erreicht hatte: In einer Mulde voller Macht lag eine Stute, die mit Netzen und Stricken gefesselt war. Sie atmete schwer und war schweißgebadet.
»Ach, meine Süße«, sagte Lucivar sanft.
Die meisten Einhörner waren weiß, doch es gab ein paar Ausnahmen, die grau gescheckt waren. Das Fell dieser Stute wies einen blassen blaugrauen Farbton auf, während Mähne und Schweif weiß waren. Von einem silbernen Ring an ihrem Horn hing ihr Juwel, ein Opal.
Sie war nicht nur eine Königin, sondern noch dazu eine Schwarze Witwe. Die einzige andere Kombination, die noch seltener war, war eine Königin, die zudem eine Schwarze Witwe und eine Heilerin war. In Terreille hatte er niemals von einer derartigen Hexe gehört. In Kaeleer gab es nur drei davon: Karla, Gabrielle und Jaenelle.
Lucivar stand ganz ruhig da und breitete langsam seine dunklen Flügel aus. Er hatte genug verächtliche Bemerkungen über ›menschliche Fledermäuse‹ gehört, um den Vorteil zu erkennen, den ihm seine Flügel in dieser Situation verschafften. Wie Hufe und Fell waren Flügel normalerweise Teil der Sphäre der verwandten Wesen.
»Lady Mondschatten.« Er achtete auf ein tiefes, besänftigendes Timbre in seiner Stimme. »Ich bin Prinz Lucivar Yaslana. Ich diene der Lady und würde dir gerne helfen.«
Sie erwiderte nichts, doch die panische Angst in ihren Augen legte sich allmählich.
Er ging auf sie zu und knirschte mit den Zähnen, bis die schützende männliche Macht, welche die Erdmulde umgab, schließlich verebbte.
»Ruhig, meine Süße«, sagte er, indem er sich neben ihr niederkauerte. »Ruhig.«
Ihr Entsetzen flackerte erneut auf, als er sie mit der Hand berührte.
Während Lucivar die Stricke zerschnitt, fluchte er in Gedanken. Sie hatten versucht, sie zu brechen und ihr inneres Netz zu zerstören. Der einzige Unterschied zu dem, was diese terreilleanischen Bastarde
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