Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sich so anfühlen?«, stieß Geoffrey ächzend hervor.
»Wie?«, wollte Saetan behutsam wissen.
»Wie eine Lawine, die deinen Magen trifft.«
Erleichtert seufzte Saetan auf. »Dieser Effekt hält nicht lange an, und das Stärkungsmittel entwickelt dann erstaunliche Heilkräfte, aber …«
»Die anfängliche Wirkung ist allerdings ein wenig beunruhigend. «
»Genau«, pflichtete Saetan ihm trocken bei.
Andulvar musterte die beiden Hüter mit einem Schulterzucken. Er trank einen Schluck und reichte den Kelch an Prothvar weiter, der ebenfalls daran nippte und ihn an Mephis übergab.
Als Saetan den Kelch zurückerhielt, war er immer noch zu zwei Dritteln voll. Mit einem Seufzen trank er davon und setzte das Gefäß anschließend auf einem leeren Tischchen ab.
Warum konnte Draca Tische nicht wie jeder andere auch mit nutzlosen Nippsachen überladen?, dachte er verdrießlich. Zumindest gäbe ihm das die Möglichkeit, den Kelch zu verstecken,
da Jaenelle das verfluchte Ding mit einem geschickten Zauber belegt hatte, der es unmöglich machte, es mithilfe der Kunst verschwinden zu lassen.
»Beim Feuer der Hölle«, sagte Andulvar schließlich.
»Was mischt sie da hinein?« Mephis rieb sich den Bauch.
Prothvar betrachtete Geoffrey. »Weißt du, du hast beinahe so etwas wie Farbe im Gesicht!«
Geoffrey warf dem eyrischen Krieger einen indignierten Blick zu.
»Weswegen seid ihr alle überhaupt zu mir gekommen?«, erkundigte sich Saetan.
Seine Frage ließ sie verstummen, bis im nächsten Augenblick alle gleichzeitig zu reden anfingen.
»Weißt du, SaDiablo, das Gör …«
»… es ist eine schwierige Zeit für ein junges Mädchen, ich weiß, aber …«
»… will uns nicht sehen …«
»… auf einmal derart schüchtern …«
Saetan hob die Hand, um ihre Erklärungsversuche zu unterbinden.
Alles hat seinen Preis. Als er sie der Reihe nach betrachtete, wusste er, dass er ihnen nicht verheimlichen konnte, was die letzten beiden Wochen ihm gezeigt hatten. Alles hat seinen Preis, aber, süße Dunkelheit, haben wir nicht schon genug bezahlt?
»Jaenelle ist nicht geheilt.« Da niemand ihm antwortete, fragte er sich, ob er überhaupt laut gesprochen hatte.
Schließlich erklang Andulvars Stimme. »Das musst du uns erklären, SaDiablo«, meinte er grollend. »Ihr Körper hat überlebt, und nun, da sie in ihn zurückgekehrt ist, wird er auch wieder zu Kräften kommen.«
»Ja«, stimmte Saetan ihm leise zu. »Ihr Körper hat überlebt. «
»Da sie offensichtlich in der Lage ist, mehr als nur einfache Kunst anzuwenden, muss auch ihr inneres Netz noch intakt sein«, folgerte Geoffrey.
»Ihr inneres Netz ist noch intakt«, pflichtete Saetan ihm
bei. Beim Feuer der Hölle. Weshalb zögerte er es hinaus? Weil es real wurde, sobald er es einmal ausgesprochen hatte.
Er beobachtete, wie Wissen – und Zorn – in Andulvars Augen dämmerten.
»Der Bastard, der sich an ihr vergangen hat, hat es fertig gebracht, den Kristallkelch zu zerstören, nicht wahr?«, sagte Andulvar bedächtig. »Er zerschmetterte ihren Geist, was sie ins Verzerrte Reich stieß.« Er hielt inne und musterte Saetan. »Oder hat es sie woandershin verschlagen?«
»Wer weiß schon, was sich tief unten im Abgrund befindet? «, entgegnete Saetan verbittert. »Ich jedenfalls nicht. Irrte sie im Wahnsinn gefangen umher oder reiste sie lediglich auf Straßen, die keiner von uns begreifen kann? Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Allerdings weiß ich, dass sie anders ist als zuvor, mehr und weniger zugleich. Es gibt Tage, da fällt es schwer, auch nur eine Spur des Kindes in ihr zu finden, das wir kannten. Sie sagte mir, sie habe den kristallenen Kelch wieder zusammengesetzt, und soweit ich es beurteilen kann, hat sie das auch getan. Doch sie kann sich nicht an die Geschehnisse an Cassandras Altar erinnern. Sie kann sich an nichts erinnern, was in den letzten Monaten vor jener unheilvollen Nacht passiert ist. Und sie verbirgt etwas. Das erklärt teilweise, weswegen sie sich vor uns zurückzieht. Schatten und Geheimnisse umgeben sie. Sie hat Angst, irgendjemandem von uns zu vertrauen. Wegen dieser verdammten Schatten und Geheimnisse.«
Es war Mephis, der das lange Schweigen brach. »Vielleicht würde es dabei helfen, ihr Vertrauen in uns zu erneuern, wenn man sie überreden könnte, uns in einem der öffentlichen Räume zu sehen – jeweils nur für ein paar Minuten«, meinte er langsam. »Vor allem, wenn wir sie nicht bedrängen und keine schwierigen Fragen
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