Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
glitt auf den Wasserfall und den kleinen Teich in der Mitte des Gartens zu. Er ließ sie seine Anwesenheit spüren, ohne störend in ihr Schweigen einzudringen. Es war ein guter Ort, um sich zu unterhalten, da die Lichter aus ihren Zimmern im zweiten Stock den Teich nicht ganz erreichten.
Gemütlich nahm er am Rand des Beckens Platz und genoss die besänftigende Wirkung, welche die friedliche Ruhe der milden frühsommerlichen Nacht und das Gemurmel des Wassers auf ihn ausübten. Während er auf sie wartete, ließ er träge seine Finger durch das Wasser gleiten und lächelte.
Er hatte ihr aufgetragen, diesen von Mauern eingefassten Garten ganz nach ihrem Gutdünken zu gestalten. Der pompöse Springbrunnen mit seiner steinernen Einfassung war das Erste gewesen, dessen sie sich entledigt hatte. Er betrachtete die Wasserlilien, Schlingpflanzen und Zwergrohrkolben, die sie im Wasser und um den Teich herum gepflanzt hatte. Unwillkürlich fragte er sich, ob sie lediglich etwas gewollt hatte, das natürlicher aussah, oder ob sie versucht hatte, einen bestimmten Ort wiederzuerschaffen, der ihr einst vertraut gewesen war.
»Findest du den Teich unangemessen?«, drang Jaenelles Stimme aus den Schatten zu ihm herüber.
Saetan schöpfte etwas Wasser aus dem Teich und sah zu,
wie es ihm durch die Finger rann. »Nein, ich wünschte, ich wäre selbst auf den Gedanken gekommen.« Er schüttelte Wassertropfen von seinen Fingern und sah sie endlich an.
Das dunkle Kleid, das sie trug, verschmolz mit den sie umgebenden Schatten, sodass es den Anschein hatte, als stiegen ihr Gesicht, eine entblößte Schulter und ihr goldenes Haar direkt aus der Nacht empor.
Er richtete den Blick auf eine Wasserlilie, war sich Jaenelles Gegenwart aber weiterhin deutlich bewusst.
»Ich mag den Gesang des Wassers, wenn es über den Stein plätschert.« Sie kam ein Stück näher. »Es ist so friedlich.«
Aber nicht friedlich genug. Wie viele Dinge suchen dich selbst hier immer wieder heim, Hexenkind?
Saetan lauschte dem Geräusch des Wassers. Er stimmte seine Tonhöhe darauf ab, sodass seine Worte sich mit dem Geplätscher des Wasserfalls zu vermischen schienen. »Hast du schon früher Hexenblut gepflanzt?«
Sie schwieg so lange, dass er nicht mehr mit einer Antwort rechnete. Als sie jedoch zum Sprechen ansetzte, hatte sie jene mitternächtliche Stimme, die ihm jedes Mal erneut einen Schauder über den Rücken jagte. »Ich habe es schon früher gepflanzt.«
Er konnte ihre Gereiztheit spüren und ahnte, dass er den Wunden in ihrer Seele zu nahe kam – und ihren Geheimnissen. »Wird es in den Gärten von Marasten blühen?«, fragte er leise und ließ erneut seine Finger durch das Wasser gleiten.
Wieder langes Schweigen. »Es wird blühen.«
Was nichts anderes bedeuten konnte, als dass eine Hexe dort begraben lag, die eines gewaltsamen Todes gestorben war.
Gehe behutsam vor , ermahnte er sich selbst. Er befand sich auf gefährlichem Terrain. Dann sah er sie an, da er wissen musste, was jene uralten, gequälten Augen ihm verraten würden. »Werden wir es auch in Halaway pflanzen müssen? «
Jaenelle wandte sich ab. Ihr Profil glich einem Scherenschnitt; es war ein exotischer, schattenhafter Umriss. »Ich
weiß es nicht.« Sie rührte sich nicht. »Vertraust du auf deine Instinkte, Saetan?«
»Ja, aber den deinen vertraue ich mehr.«
Ein eigenartiger Ausdruck huschte über ihr Gesicht, war jedoch so schnell wieder verschwunden, dass Saetan nicht wusste, was er zu bedeuten hatte. »Vielleicht solltest du das nicht.« Sie verschränkte die Hände ineinander und drückte so fest, dass sich dort, wo sich die Nägel in ihr Fleisch gruben, dunkle Blutstropfen bildeten,. »Als ich in Beldon Mor lebte, war ich oft … krank. Wochenlange Krankenhausaufenthalte, manchmal sogar mehrere Monate am Stück.« Dann setzte sie hinzu: »Körperlich fehlte mir nichts, Höllenfürst.«
Atme, verdammt noch mal, atme! Frier jetzt nicht ein. »Warum hast du das nie erwähnt?«
Jaenelle stieß ein leises Lachen aus. Die Bitterkeit, die darin mitschwang, zerriss ihm das Herz. »Ich hatte Angst, es dir zu sagen, weil ich fürchtete, du wärst dann nicht mehr mein Freund und würdest mich nicht weiter in der Kunst unterrichten, wenn du davon wüsstest.« Ihre Stimme klang tief und schmerzverzerrt. »Außerdem hatte ich Angst, du könntest bloß ein weiteres Symptom, ein Trugbild dieser Krankheit sein, wie die Einhörner und Drachen und … die anderen.«
Saetan
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