Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
keine schallende Ohrfeige zu versetzen. »Geh in den Arbeitsraum und bleib dort !« Sie wartete, bis Roxie die Tür hinter sich zugeworfen hatte, bevor sie selbst in den Salon zurückkehrte.
Saetan ging unruhig fluchend auf und ab, wobei er sich mit den Fingern durch das Haar fuhr. Sein Zorn überraschte sie nicht, seine Anstrengungen, ihn nicht außerhalb dieses Zimmers spürbar werden zu lassen, dafür umso mehr.
»Es wundert mich, dass du Roxie nicht von deiner Wut hast kosten lassen«, sagte Luthvian, die in der Nähe der Tür blieb. »Warum nicht?«
»Ich habe meine Gründe«, knurrte er unwillig.
»Gründe, Höllenfürst? Oder einen einzigen Grund?«
Saetan blieb abrupt stehen und blickte an ihr vorbei. »Ist die Unterrichtsstunde schon vorüber?«, erkundigte er sich unbehaglich.
»Sie übt allein.« Luthvian hasste es, mit ihm zu reden, wenn er wütend war. Folglich entschied sie sich, keine Umschweife zu machen. »Weshalb machst du dir die Mühe, sie
in die Kunst des Stundenglases einzuweisen, wenn sie noch keinerlei Ausbildung genossen hat?«
»Ich habe nie behauptet, dass sie noch keinerlei Ausbildung genossen hat.« Saetan fing wieder an, auf und ab zu gehen. »Ich sagte, sie benötige Hilfe in den Grundlagen der Kunst.«
»Ohne die Grundlagen zu beherrschen, ist eine Hexe zu nicht viel anderem in der Lage.«
»Sei dir da mal nicht zu sicher.«
Er ging weiter im Zimmer umher, doch nicht aus Wut. Luthvian beobachtete ihn und kam zu dem Schluss, dass sie den Höllenfürsten nicht gerne nervös sah. Gar nicht gerne. »Was hast du mir verschwiegen?«
»Alles. Ich wollte, dass du sie zuerst persönlich kennen lernst.«
»Sie hat viel rohe Kraft für jemanden, der keine Juwelen trägt.«
»Sie trägt Juwelen. Glaub mir, Luthvian, Jaenelle trägt Juwelen.«
»Aber was …«
Ein lauter Freudenschrei veranlasste die beiden, zu Luthvians Arbeitsraum zu eilen.
Nachdem Saetan die Tür aufgestoßen hatte, erstarrte er. Luthvian wollte sich an ihm vorbeidrängen, musste sich jedoch im nächsten Moment an seinen Arm klammern, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Der Tisch bewegte sich langsam im Uhrzeigersinn. Außerdem drehte er sich um seine Längsachse, als befände er sich auf einem unsichtbaren Spieß. Es gab nun ein Dutzend sich langsam drehender Holzklötze, von denen sich manche auf der Höhe des Tisches befanden, während andere über ihm schwebten. Sieben Holzkugeln in grellen Farben vollführten einen verschlungenen Tanz um die Klötze. Und jeder einzelne Gegenstand blieb immer in gleicher Entfernung von dem sich permanent um zwei Achsen drehenden Tisch.
Mit viel Mühe würde es Luthvian gelingen, ein solch kompliziertes Gebilde zu kontrollieren, doch es hätte Jahre dauern müssen, bis das Mädchen zu etwas Derartigem in der Lage
war. Man begann nicht einfach mit einer Kugel und erreichte im Laufe weniger Minuten so etwas.
Saetan stieß ein Lachen aus, das halb nach einem Aufstöhnen klang.
»Ich glaube, so langsam habe ich die Sache mit dem Faden und dem Gegenstand begriffen«, verkündete Jaenelle, als sie ihnen über die Schulter hinweg einen Blick zuwarf und dabei grinste. Einen Moment später heulte sie auf, als sämtliche Gegenstände erst aus der Bahn gerieten und dann zu Boden fielen.
Luthvian und Saetan streckten gleichzeitig die Hand aus. Sie ließ die kleinen Gegenstände mitten im Fall gefrieren, während er den Tisch auffing.
»Verflixt noch mal!« Jaenelle ließ Kopf und Arme wie eine Marionette hängen, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Sie warf dem Tisch, den Klötzen und Kugeln einen zornigen Blick zu.
Lachend rückte Saetan den Tisch an seinen angestammten Platz. »Ärgere dich nicht, Hexenkind. Wenn du es schon beim ersten Versuch perfekt hinbekommen würdest, würde das Üben nicht sehr viel Spaß machen, meinst du nicht?«
»Das stimmt!« In Jaenelles Stimme schwang bereits wieder jugendlicher Enthusiasmus mit.
Luthvian ließ die Klötze und Kugeln verschwinden, wobei sie sich bemühte, nicht über das Entsetzen zu lachen, das Saetan an den Tag legte, als er mit seiner Tochter diskutierte, welches Zimmer sie zum Üben benutzen könne. Was glaubte er, was das Mädchen als Nächstes tun würde? Versuchen, sämtliche Möbel in einem Raum zu bewegen?
»Auf keinen Fall die Empfangsräume«, meinte Saetan. Er klang wie ein Mann, der sich verzweifelt einzureden versuchte, bei dem Sumpf zu seinen Füßen handele es sich um festen Boden. »In der Burg gibt
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