Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
förmlich zu sein. Am liebsten hätte er wie ein Welpe aufgejault und wäre selbst über die Wiese getollt. Sylvia? Sie mochte Jaenelle und würde sich über die Neuigkeiten freuen – und zwar über sämtliche Neuigkeiten –, doch es war noch zu früh für einen Besuch bei ihr.
Ihm blieb nur eine einzige Alternative.
Saetan grinste.
Andulvar hatte sich mittlerweile bestimmt längst zur Ruhe gelegt. Ein Schlag auf die Schulter würde ihm gut tun.
6Hölle
T itian reinigte das Messer mit einem Fetzen des schwarzen Mantels, während die anderen Harpyien das Fleisch zerhackten und die Stücke den Hunden vorwarfen, die in einem Halbkreis um den Körper des Mannes warteten.
Der Bastard zuckte und setzte sich noch immer schwach zur Wehr, doch er war nicht länger in der Lage, um Hilfe zu schreien, und die gedämpften Geräusche, die er von sich gab, erfüllten sie mit einem Gefühl der Befriedigung. Dämonen konnten nicht wie lebende Menschen Schmerzen empfinden, doch Schmerz war etwas, das sich steigern ließ, und er war
noch nicht lange genug tot, als dass seine Nervenbahnen das Gefühl gänzlich vergessen haben konnten.
Eine der Harpyien warf der Hundemeute ein großes Stück Oberschenkel vor. Der Leithund packte es sich aus der Luft und zog sich knurrend mit seiner Beute zurück. Die übrigen Hunde bildeten erneut einen Halbkreis und warteten, bis sie an die Reihe kamen. Die Hündinnen beobachteten, wie ihre Welpen an Fingern und Zehen nagten.
Normalerweise fraßen die Höllenhunde kein Dämonenfleisch. Es gab bessere Beute für die großen rotäugigen Jäger mit ihrem schwarzen Fell; Beute, die in dem kalten, immer im Zwielicht liegenden Reich ebenso heimisch war wie die Hunde selbst. Doch das Fleisch dieses Dämonen enthielt ungewöhnlich viel frisches Blut – und Titian war sicher, dass dieses Blut nicht von freiwilligen Opfergaben stammte.
Es hatte eine Weile gedauert, ihn zur Strecke zu bringen. Er war nicht von Hekatahs Seite gewichen, seitdem der Höllenfürst seinen Wunsch geäußert hatte. Bis heute.
In Hekatahs Territorium gab es keine Tore, und die beiden nächstgelegenen wurden mittlerweile streng bewacht. Eines befand sich neben der Burg, wohin Hekatah sich nicht länger wagte, das andere in Titians Territorium. Kein Ort, den man unüberlegt aufsuchen durfte, egal, wie überheblich man sein mochte. Das bedeutete, dass Hekatah und ihre Lakaien entweder weit mit den Winden reisen mussten, um ein anderes Tor zu erreichen, oder dass sie gezwungen waren, ein Risiko einzugehen.
Heute Abend war Greer ein Risiko eingegangen, und er hatte dafür bezahlt.
Wenn er Zeit gehabt hätte, seine Juwelen einzusetzen, wäre die Sache vielleicht anders ausgegangen, doch man hatte ihn ungehindert den Dunklen Altar erreichen und durch das Tor gehen lassen, sodass es keinen Grund für ihn gab, bei seiner Rückkehr einen Hinterhalt zu vermuten. Als er die heilige Stätte verließ, erfolgten die Angriffe der Harpyien in so kurzen Abständen, dass er nichts tun konnte, als einen Schutzschild aufzubauen und zu versuchen, seinen Verfolgern
zu entkommen. Dennoch verausgabten sich einige der Harpyien völlig und verschwanden – nur mehr ein Flüstern in der Dunkelheit. Titian trauerte nicht um sie. Ihr Dasein in der ewigen Dämmerung hatte sich in einer Explosion wilder Freude aufgelöst.
Letzten Endes war es ein einzelner verängstigter Geist gegen so viele wütende Jäger gewesen, die nach einer Schwachstelle suchten, während sich außerdem Titians abgerichtete Hunde ohne Unterlass auf Greer stürzten und ihn zwangen, immer mehr Kraftreserven seiner Juwelen anzugreifen, um sich die Tiere vom Leib zu halten. Die Harpyien durchbrachen in dem Augenblick seine inneren Barrieren, als Titian einen Pfeil durch seinen Körper jagte, dessen Spitze sich in den Baumstamm hinter ihm bohrte.
Als die Harpyien den Körper von dem Baum zogen und begannen, das Fleisch zu zerteilen, durchforstete Titian behutsam seinen Geist. Sie erblickte die Kinder, an denen er sich gütlich getan hatte. Außerdem war da das schmale Bett, das Blut auf den Laken und das vertraute junge Gesicht, das seine verstümmelten Hände verletzt hatten. Sie sah, wie Surreal ihm ihren Dolch mit dem Horngriff ins Herz rammte und ihm die Kehle durchschnitt. Sein Lächeln, als er Titian selbst vor Jahrhunderten die Kehle durchgeschnitten hatte. Und sie sah, wo er heute Abend gewesen war.
Titian steckte das Messer zurück in die Scheide und musterte die Klinge der
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