Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
kleinen Axt, die neben ihr lehnte.
Sie bedauerte, ihn nicht erlegt zu haben, bevor er nach Kleinterreille gereist war. Wenn Greer Lord Jorval richtig eingeschätzt hatte, würde das Flüstern bald seine Runde machen.
Ein Hüter war in einem Reich der Lebenden kein natürliches Wesen. Es würde immer Getuschel und neugierige Fragen geben – insbesondere, wenn es sich bei dem Hüter noch dazu um den Höllenfürsten handelte. Und sie konnte sich gut vorstellen, wie die Königinnen von Kaeleer auf die Gerüchte reagieren würden.
Titian würde ihre Blutsverwandten besuchen und ihnen
auseinander setzen, was sie bei passender Gelegenheit von ihnen wollte. Das würde helfen.
Sie griff nach ihrer Axt. Die Harpyien machten ihrer Königin den Weg frei.
Greers Gliedmaßen waren verschwunden, der Rumpf ausgeweidet. Doch in den Augen glomm immer noch ein Funke Verstand, ein Flackern des inneren Selbst. Es war nicht viel, doch es war genug.
Mit drei zielgerichteten Hieben öffnete sie Greers Schädel. Dann stemmte sie die Knochen mithilfe der Axtklinge auf.
Nachdem sie den Leithund herbeigepfiffen hatte, entfernte sie sich mit einem Lächeln auf den Lippen, während die Hunde daran gingen, sich an Greers Gehirn zu laben.
7Kaeleer
A us Mangel an anderweitiger Beschäftigung kämmte Saetan sich zum dritten Mal die Haare. Zuvor hatte er sich zweimal die langen, schwarz gefärbten Fingernägel poliert. Außerdem hatte er schon mehrfach ein anderes Jackett angezogen, um dann doch wieder in dasjenige zu schlüpfen, das er ursprünglich getragen hatte.
Er widerstand der Versuchung, erneut nach der Haarbürste zu greifen, und glättete stattdessen seufzend seine ohnehin faltenfreie Kleidung.
Würden die Kinder kommen?
In den Einladungen hatte er nicht auf einer sofortigen Antwort bestanden, weil er den Kindern genug Zeit geben wollte, ihren Mut zusammenzunehmen oder den Widerstand der Erwachsenen zu brechen – und weil er Angst davor gehabt hatte, welche Auswirkungen es auf Jaenelle haben würde, wenn tagaus, tagein Absagen ins Haus flatterten.
Wie versprochen, hatten er oder andere Familienmitglieder die Einladungen an die Adressaten überbracht. Manche waren den Kindern ins Haus geliefert worden, doch die meisten hatte
man an Nachrichtensteinen hinterlegt; Felshaufen, die sich nahe der Grenze eines Territoriums befanden, und an denen Reisende oder Händler Botschaften hinterlegen konnten, um ein Treffen zu vereinbaren. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie diese Nachrichten ihre Empfänger erreichen sollten, und bezweifelte stark, dass die betreffenden Kinder am Nachmittag erscheinen würden. Was von denjenigen Kindern zu erwarten war, die in zugänglichen Territorien lebten, wusste er nicht, und so konnte er nur hoffen, dass Andulvar Recht behalten und jene kleine Hexe aus Glacia da sein würde, um ihm auf die Zehen zu treten.
Saetan holte tief Luft, die ihm letzten Endes doch wieder als Seufzer entwich, und verließ seine Zimmerflucht, um sich zum Rest der Familie und Cassandra in der Eingangshalle zu gesellen.
Alle außer Jaenelle und Sylvia waren anwesend. Die Königin von Halaway war entzückt gewesen, als er ihr von dem Fest erzählte, und dank ihrer überschwänglichen Begeisterung war es ihr gelungen, Jaenelle zu einem Einkaufsbummel zu überreden, in dessen Verlauf tatsächlich neue Kleidung erstanden worden war. Zwar waren die beiden nicht mit einem Kleid zurückgekehrt, doch Saetan hatte widerwillig zugeben müssen, dass die weiche, weit fallende Satinhose und die lange, wallende Jacke sehr feminin aussahen, auch wenn das knappe goldene Oberteil unter der Jacke … Als Mann konnte er das Kleidungsstück nur gutheißen, doch als Vater verursachte es ihm Magengrimmen.
Sobald Cassandra ihn erblickte, ergriff sie seinen Arm und führte ihn von den anderen Männern fort. »Meinst du, es ist klug, wenn alle hier warten?«, fragte sie leise. »Wird das nicht zu einschüchternd wirken?«
»Und wen würdest du bitten, sich zurückzuziehen?«, entgegnete Saetan, der sich darüber im Klaren war, dass er selbst zu den Leuten gehörte, die sie am liebsten fortgeschickt hätte.
Nachdem Cassandra seine Nachricht erhalten hatte, war sie gekommen, um bei den Vorbereitungen zu helfen. Doch
ihre Fröhlichkeit war zu gezwungen gewesen, als habe die Hüterin das Gefühl, lediglich auf den Augenblick hin zu arbeiten, in dem Jaenelle einen leeren Salon betreten würde. Sylvia hingegen hatte sich mit Leib und Seele in die
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