Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
erhob sich. »Nein, dir bleibt nichts anderes übrig.«
Ein Vorfall hat sich ereignet, aufgrund dessen das Treffen verschoben werden muss …
Ein Vorfall, dachte Jorval auf seinem Nachhauseweg. So verhalten und höflich hatte es der Höllenfürst ausgedrückt. Da die Männer, die sich in Halaway aufgehalten hatten, auf einmal spurlos verschwunden waren, und man kein Sterbenswörtchen von dem Begleiter vernommen hatte, konnte er sich eine ganz gute Vorstellung davon machen, was Jaenelle Angelline aufgehalten hatte.
Demzufolge würde er die Dunkle Priesterin davon in
Kenntnis setzen müssen, dass Alexandra aller Wahrscheinlichkeit nach kein nützliches Werkzeug mehr war.
Hekatah würde nicht erfreut sein. Wahrscheinlich würde sie schlecht gelaunt nach Kleinterreille kommen – und ihre schlechte Laune an ihm auslassen.
Doch vielleicht gelang es ihm, ihren Zorn von sich abzulenken. Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen, sich um ein anderes kleines Problem zu kümmern.
Zu Hause angekommen eilte er in sein Arbeitszimmer und verfasste eine kurze Nachricht an Lord Magstrom.
2 Kaeleer
Wo ist mein Begleiter?«, wollte Alexandra wissen, sobald sie in einem Sessel im Arbeitszimmer des Höllenfürsten Platz genommen hatte. Nachdem sie zwei Tage lang eingesperrt gewesen war, fühlte sie sich erleichtert, ihrem Zimmer entkommen zu sein, aber sie war alles andere als erfreut, in diesem Zimmer zu sein – oder in seiner Gegenwart.
Saetan lehnte sich in seinem Sessel zurück und legte die Finger aneinander, das Kinn auf die langen schwarz gefärbten Nägel gestützt. Seine goldenen Augen blickten schläfrig drein – genauso wie bei ihrer ersten Begegnung.
Die Kälte, die in dem Raum herrschte, ließ sie das Schultertuch fester um sich ziehen.
»Es ist interessant, dass du dich als Erstes nach Osvald erkundigst«, meinte Saetan freundlich.
»Nach wem hätte ich mich denn sonst erkundigen sollen?«, fuhr Alexandra ihn an. Angst ließ ihre Stimme schrill klingen.
»Nach deiner Enkelin Wilhelmina. Sie ist dabei, sich von den Drogen zu erholen, die ihr dieser Mistkerl eingeflößt hat. Glücklichweise werden keine Schäden bleiben.«
»Natürlich nicht. Er hat ihr lediglich ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht.«
»Er gab ihr mehr als bloß ein leichtes Beruhigungsmittel,
Lady«, versetzte Saetan, dessen Stimme nun einen scharfen Ton angenommen hatte.
Alexandra zögerte. Er log. Natürlich log er.
Neugierig betrachtete Saetan sie. »Ich frage mich, welche Art der Bezahlung dir Dorothea und Hekatah angeboten haben, die das Leben deiner Enkeltochter wert war.«
Sie sprang von dem Sessel auf. »Du wirst ausfallend!«
»Werde ich das?«, erwiderte er, wobei seine Stimme wieder jenes aufreizende – und beängstigend freundliche – Timbre annahm.
»Ich habe Wilhelmina nicht an Dorothea verkauft, sondern habe lediglich versucht, sie aus deinen Klauen zu befreien!«
Ein eigenartiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Ja, das scheint immer Rechtfertigung genug zu sein, nicht wahr? Solange man mir das Kind entreißt, ist es gleichgültig, was mit dem Kind passiert. Ein Leben voll Schmerz, Erniedrigung und Folter ist gewiss besser, als bei mir zu sein.«
Alexandra sank zurück in ihren Sessel und beobachtete den Höllenfürsten. Er hatte sich in sich selbst zurückgezogen und hing einem geheimen Gedanken nach – wobei es nicht den Anschein hatte, als habe sich seine letzte Bemerkung tatsächlich auf Wilhelmina bezogen.
»Was wäre mit Wilhelmina geschehen?«, erkundigte er sich.
»Osvald wollte sie aus Kaeleer fortschaffen, und dann hätten wir sie nach Hause gebracht.«
Als Saetan sie musterte, trat tiefe Traurigkeit in seine Augen. »Keine Bezahlung also«, sagte er leise, »sondern ein Druckmittel. «
»Wovon sprichst du?«
»Wie gedachtest du, Wilhelmina aus Hayll heraus zu bekommen? «
Alexandra starrte ihn an. »Sie sollte nicht nach Hayll gebracht werden.«
»Doch, das sollte sie. So lauteten die Befehle, Alexandra. Wilhelmina wäre Dorotheas ›Gast‹ gewesen, solange du Dorothea Zugeständnisse eingeräumt hättest. Wie lange hättest du Hayll entgegenkommen können, bevor deine Untertanen daran
erstickt wären und sich geweigert hätten, dich als ihre Königin anzuerkennen? Womit hättest du dann handeln können, um Schaden von deiner Enkelin abzuwenden?«
»Nein«, sagte Alexandra. »Nein! Dorothea wollte mir helfen, weil…« Weil Dorothea sich darauf vorbereitete, in den Krieg gegen diesen
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