Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
lassen.«
Alexandra wäre beinahe zu Boden gestürzt, wenn Philip nicht nach ihr gegriffen hätte, um sie festzuhalten. Sie hinrichten lassen?
»Allerdings«, fuhr Jaenelle fort, »hat alles seinen Preis, und auch für Dejaals Leben wird ein Preis zu entrichten sein.«
In Alexandra wallte Verzweiflung auf. »Gegen Mord gibt es kein Gesetz.«
»Nein, das gibt es nicht«, erwiderte Jaenelle eine Spur zu sanft. »Doch eine Königin kann einen Preis für das Leben fordern, das verloren gegangen ist.«
Ein Schluchzen erklang. Es war nicht herauszuhören, ob es von Vania oder Nyselle stammte.
»Ihr seid nicht länger in Kaeleer willkommen. Ihr werdet nie wieder in Kaeleer willkommen sein. Wer von euch – aus welchem Grund auch immer – zurückkehren sollte, wird auf der Stelle hingerichtet. Eine Begnadigung wird es nicht geben. «
»Darf sie das tun?«, flüsterte Nyselle.
Jaenelles Blick huschte zu den Provinzköniginnen, bevor sie wieder Alexandra ansah. »Ich bin die Königin. Mein Wille ist das Gesetz.«
Und niemand, kam es Alexandra in den Sinn, niemand würde sich dem Gesetz zu entziehen versuchen.
»Ihr werdet zu Cassandras Altar gebracht und durch das Tor zurück nach Terreille geschickt«, meinte Jaenelle. »Höllenfürst, du triffst die nötigen Vorkehrungen.«
»Mit dem größten Vergnügen, Lady«, erwiderte Saetan feierlich.
»Ihr könnt gehen.« Das Zepter fuhr durch die Luft, bis das Horn des Einhorns direkt auf Alexandras Brust zeigte. »Mit Ausnahme von dir.«
Leland legte stummen Protest ein, ließ sich jedoch widerstandslos von einem blass und kränklich aussehenden Philip am Arm packen und aus dem Saal führen. Die übrigen Mitglieder der Entourage eilten in langsamerem Tempo hinterher, gefolgt von Saetan, Daemon und Lucivar.
Als sich die Doppeltür wieder geschlossen hatte, und die beiden Königinnen die einzigen Menschen in dem Saal waren, ließ Jaenelle das Zepter sinken. »Du hättest abreisen sollen, als ich es dir das erste Mal gesagt habe. Jetzt …«
Es dauerte eine Minute, bis Alexandra einen Ton herausbrachte. »Jetzt?«
Jaenelle antwortete nicht.
Alexandra geriet ins Wanken und machte einen Schritt zur Seite, um ihr Gleichgewicht wiederzuerlangen, als das Zimmer sich um sie zu drehen begann, und alles um sie her dunkel wurde.
Was im Namen der Hölle ist gerade eben passiert? , fragte sich Alexandra, während sie das Gleichgewicht wiedererlangte. Dann blickte sie um sich.
Sie stand allein in der Mitte eines großen steinernen Kreises. Der Boden war makellos glatt. Den Kreis umgab eine massive Wand aus scharf gezackten Felsen, die sich bis hoch über ihren Kopf türmten. Jenseits der Wand …
Sie konnte den gewaltigen Druck spüren, der auf der Wand lastete, als versuche etwas, sie zu durchbrechen und diesen Ort unter sich zu begraben.
*Wo …?*
*Wir sind tief im Abgrund*, erklang eine Mitternachtsstimme.
Alexandra wandte sich in die Richtung, aus der Jaenelles Stimme zu ihr drang – und starrte das Wesen an, das jetzt einen guten Meter von ihr entfernt stand: der schlanke, nackte menschliche Körper; die Menschenbeine, an denen jedoch zierliche Hufe saßen; die Menschenhände mit den ausgefahrenen Krallen anstatt von Fingernägeln; die leicht spitz zulaufenden Ohren; die goldene Mähne, die nicht ganz Haar, aber auch nicht ganz Pelz war; das winzige spiralförmige Horn in der Mitte ihrer Stirn; die eisigen saphirblauen Augen.
*Was bist du?*, flüsterte Angelline.
*Ich bin Fleisch gewordene Träume*, antwortete ihr Gegenüber. *Ich bin Hexe .*
Jaenelles Stimme. Jaenelles eigenartige Augen. Doch …
Alexandra wich zurück. Nein. Nein! *Du steckst im Innern meiner …*
Sie konnte es nicht in Worte fassen. Abscheu schnürte ihr
die Kehle zu. Ihre Tochter Leland hatte das hier auf die Welt gebracht? Das?
*Was hast du mit meiner Enkelin gemacht?*, wollte Alexandra wissen.
*Nichts.*
*Das musst du aber! Was hast du ihr angetan? Hast du ihren Geist verschlungen, um ihr Fleisch benutzen zu können?*
*Wenn du die Hülle meinst, die ihr Jaenelle nennt, dann hat jenes Fleisch schon immer mir gehört. Ich bin in jener Haut zur Welt gekommen.*
*Niemals! Niemals! Du kannst nicht von Leland abstammen. *
*Warum nicht?*, fragte Hexe .
* Weil du ein Ungeheuer bist! *
Schmerzliches Schweigen. Dann meinte Hexe kühl: *Ich bin, was ich bin.*
*Und was immer das sein mag, es kam nicht von meiner Tochter. Es stammt nicht von mir ab.*
*Deine Träume …*
*Nein! Kein Teil von
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