Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
waren, gelegentlich ihre eigenen Jungen töteten, und verwandt zu sein bedeutete nicht, seine wilden Instinkte oder sein Raubtierverhalten abzulegen. Doch die verwandten Männchen hatten sich über diese Ausgrenzung gegrämt – besonders die Kriegerprinzen. Es wurde ihnen gestattet, Fleisch in der Nähe der Höhlen ihres Weibchens zu hinterlassen, und sie konnten ihre Jungen aus der Ferne beobachten, aber es war ihnen niemals erlaubt gewesen, mit ihnen zu spielen oder sie gar in der Jagd oder in der Kunst zu unterweisen.
Da er von der Lady großgezogen worden war und inmitten ihrer Menschenfamilie gelebt hatte, war er noch mehr gegen die Ausgrenzung eingestellt. Die Männchen anderer verwandter Rassen wurden nicht ausgeschlossen, und die Männchen unter den Menschen ganz gewiss nicht! Man gestattete ihnen, mit ihren Jungen zu spielen, sie zu striegeln und ihnen alles Mögliche beizubringen.
Also hatte er sein Weibchen kurz nach der Geburt von Lucivars Kätzchen zur Burg gebracht. Sie hatte erkannt, dass es sich auch bei Lucivar um ein Raubtier handelte, selbst wenn er Flügel hatte und nur zwei Beine. Mit Interesse hatte sie beobachtet, wie Lucivar mit seinem Jungen umgegangen war. Sie hatte mit angesehen, wie der Höllenfürst sich verhalten hatte. Und es war ihr nicht entgangen, dass die Menschenweibchen – und die Lady – es guthießen, wenn diese ausgewachsenen Männchen sich um die Menschenjungen kümmerten.
Aufgrund dieses Besuchs, und weil sein Weibchen sich geehrt gefühlt hatte, da die Lady dem Kätzchen einen Namen gegeben hatte – der in der Alten Sprache Weißer Berg bedeutete – , hatte es ihm kurz nach KaeAskavis Geburt zurückhaltend erlaubt, den Bau zu betreten.
Deshalb erlernte sein Junges die arcerianische Art der Jagd wie auch die Jagdmethoden der Menschen, die Lucivar Kaelas heimlich beigebracht hatte. Da KaeAskavi immer derart viel
von Menschen gehört hatte, war seine Neugier geweckt worden – und das war auch der Grund für den heutigen Ausflug.
Auf einem einsamen Streifzug war KaeAskavi eines Tages in die Nähe eines Menschendorfes in Glacia geraten und hatte ein menschliches Kätzchen kennen gelernt. Anstatt sich vor dem großen Raubtier zu fürchten, hatte sie sich gefreut, und die beiden waren Freunde geworden. Nach vielen heimlichen Treffen während des Sommers hatten die Muttertiere, auf menschlicher wie auf Katzenseite, von der Freundschaft erfahren und waren alles andere als entzückt gewesen.
Also hatte KaeAskavi sich in der Hoffnung an ihn gewandt, dass sein Vater die Freundschaft mit dem jungen Menschenweibchen billigen würde.
Kaelas war in der Lage, die Faszination seines Nachwuchses für das junge Menschenweibchen auf eine Art und Weise nachzuvollziehen, wie es seinem Weibchen nie gelingen würde. KaeAskavi war ein Kriegerprinz, und für Kriegerprinzen war es ausgesprochen schwer, ohne weibliche Begleitung auszukommen. Es würden noch sehr, sehr viele Jahreszeiten vergehen, bevor KaeAskavi oder das kleine Weibchen Ausschau nach einem Partner halten würden. Falls es sich bei dem Menschenjungen um eine geeignete Freundin handelte, weshalb sollte man die beiden dann nicht Zeit miteinander verbringen lassen?
Wobei es natürlich nicht so war, dass er Menschen sonderlich mochte. Er hatte niemals die Jäger vergessen, die seine Mutter umgebracht hatten. Doch manche Menschen waren anders. Zum Beispiel diejenigen, die zur Lady gehörten. Und das Männchen der Lady. Obwohl er nur zwei Beine und sehr kleine Fänge besaß, hatte er etwas Katzenhaftes an sich, und Kaelas wusste ihn zu schätzen.
Also würde er sich dieses kleine Weibchen ansehen, und wenn er der Ansicht war, dass sie von den verwandten Wesen angenommen werden könnte, würde er die Lady bitten, sie ebenfalls zu begutachten. Die Lady würde wissen, ob das Menschenweibchen eine gute Freundin für sein Junges war.
Auf einmal drehte sich der Wind und kam aus der Richtung des Dorfes, das immer noch eine Meile entfernt war.
Kaelas erstarrte. Blut und Tod lagen in der Luft.
*Della!* KaeAskavi machte einen Satz vorwärts.
Mit einem Prankenhieb hatte Kaelas sein Junges umgeworfen.
*Wenn Blut und Tod in der Luft liegen, rennst du nicht darauf zu*, meinte Kaelas streng.
*Dellas Dorf!*
Mithilfe der Kunst ertastete Kaelas die Umgebung. In anderen Gegenden war bereits die Jahreszeit angebrochen, die von den Menschen Frühling genannt wurde, aber hier hatte der Winter noch Fänge – und tiefen Schnee.
*Bau eine
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