Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Kampf ziehen. Das hätte er beinahe nicht erkannt, hätte sich beinahe abgewandt. Nicht mehr. Wenn Marian ihn nicht heiraten wollte, konnte er nichts daran ändern, aber sie müsste ihm schon mit mehr als diesen unsinnigen, gestammelten Ausflüchten kommen, damit er sie in Ruhe ließ.
Doch bevor er nach Hause zurückkehrte und sich seine Haushexe vornahm, würde er sein Temperament - und seine Nerven - mit dem einen oder anderen Whiskey beruhigen.
Als er auf die Taverne zuging, stürzten Jaenelle und Merry aus der Tür. Einen Augenblick später ließ sich Saetan von den Winden fallen und erschien mitten auf der Straße. Mit Marian.
Sie eilte auf ihn zu, kam dann jedoch zum Stehen, wobei sie beinahe auf der Straße ausrutschte. Ihr Atem ging stockend, und sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. Dann ballte sie die Hände zu Fäusten und machte den Mund auf …
»Du dummer, törichter... Mann!« Marian blinzelte die Tränen fort. Es ging ihm gut. Keinerlei Verletzungen. Noch nicht einmal Blutergüsse. Es ging ihm gut.
Sie war so froh ihn zu sehen, dass sie ihm am liebsten den Hals umgedreht hätte.
»Ich liebe dich auch, mein Schatz«, sagte Lucivar verdrießlich.
»Wie konntest du nur so dumm sein?«, schrie sie. »Wie konntest du fortgehen und ganz allein gegen Jhinkas kämpfen? Ich will nicht zur Witwe werden, noch bevor ich Gelegenheit hatte, deine Ehefrau zu werden.«
»Du willst ja auch gar keine Ehefrau werden. Schon vergessen?«, fuhr Lucivar sie an. »Das hast du heute Morgen recht deutlich gemacht.«
»Ich war durcheinander. Mein Kopf fühlte sich an, als sei er voll Spinnweben, und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.« Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie Jaenelle und Saetan zusammenzuckten und sie aufmerksam musterten. »Und bevor ich wieder klar denken konnte, warst du verschwunden. Wie soll ich dich denn bitte schön heiraten, wenn du losziehst und dich umbringen und erschlagen lässt?«
»Für gewöhnlich reicht schon eines von beidem, um zu sterben.« Lucivar trat einen Schritt auf sie zu. »Und wieso macht dir das überhaupt etwas aus? Du willst mich ja doch nicht heiraten.«
»Natürlich will ich dich heiraten!« Verärgert stampfte sie mit dem Fuß auf. »Wenn hier eine Priesterin stünde, würde ich dich auf der Stelle heiraten!«
»Sie hat angeboten, ihn zu heiraten«, sagte Merry.
»Vor Zeugen«, fügte Jaenelle hinzu.
Lucivar deutete mit dem Finger auf Marian und fauchte: »Ich nehme an.«
»Und er hat angenommen«, sagte Merry ausgelassen.
»Vor Zeugen«, fügte Jaenelle hinzu. »Wie schnell kann die Priesterin herkommen?«
Eine kurze Pause entstand. »In einer halben Stunde, sagt
sie«, antwortete Merry. »Sie muss sich ein bisschen herausputzen, sich umziehen und die Ponys vor den Wagen spannen.«
»Mein Wagen ist bereits angespannt«, rief ein Mann. »Ich werde sie abholen. Das spart Zeit.«
Marian starrte Lucivar an. Beim Feuer der Hölle und der Mutter der Nacht, möge die Dunkelheit Erbarmen haben! Was hatte sie nur angerichtet? »Ich sollte … ich …«
Jaenelle packte sie an einem Arm, Merry am anderen.
»Keine Zeit«, sagte Jaenelle und zerrte Marian durch den Hauptraum der Taverne in Richtung des Hinterzimmers.
»Du kannst dich bei uns zurechtmachen«, sagte Merry und zog Marian die Treppe hoch in die Zimmerflucht, die sie und Briggs ihr Zuhause nannten. »Kein Grund, zum Horst zurückzukehren.«
»Aber …«, stammelte Marian.
»Ich statte rasch dem Horst einen Besuch ab«, meinte Jaenelle. »Das grüne Gewand wird ein reizendes Brautkleid abgeben. Und ich hole die Bernsteinkette, die Lucivar dir zu Winsol geschenkt hat.«
»Wir werden sehen müssen, was wir als Hochzeitsessen auftischen können«, sagte Merry zu Jaenelle. »Und ich schicke Briggs zum Bäcker, um zu fragen, ob sie einen Kuchen übrig haben.«
»Ich habe heute reichlich Essen vorbereitet«, murmelte Marian.
»Tja, ist das nicht praktisch?«, sagte Jaenelle fröhlich. »Das hole ich auch.«
»Aber …«
Eine Hand legte sich an ihre Wange. Sie blickte in Jaenelles saphirblaue Augen. Dunkle, sanfte Kraft umhüllte sie, fuhr durch sie hindurch und wusch den letzten Rest des spinnwebenartigen Gefühls weg - und ihre Zweifel gleich mit.
»Liebst du ihn?«, fragte Jaenelle.
Sie sagte der Königin des Schwarzen Askavi die Wahrheit. »Von ganzem Herzen.«
Jaenelle betrachtete sie einen Moment lang. Dann erwiderte
sie mit einem Lächeln: »Willkommen in
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