Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
den er dafür zahlen musste, dich zu lieben!«
Weinend sank Marian zu Boden.
»Geh fort, Marian. Verschwinde. Sollte er tatsächlich überleben, wird deine Anwesenheit nur eine Qual für ihn sein.«
Lucivar sterben? Wegen ihr? Sie sollte zum Bergfried aufbrechen und den Höllenfürsten suchen. Nein. Er würde nur ihr die Schuld an allem geben. Wenn Lucivar etwas zustieß, würde Saetan sie dafür verantwortlich machen. Und wieso auch nicht? Wen sonst traf die Schuld?
Erst lange Zeit, nachdem Luthvian wieder fort war, war Marian in der Lage, zur Spüle zu wanken und sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu bespritzen. Sie würde packen. Sie würde abreisen. Auf keinen Fall wollte sie eine Qual für den Mann darstellen, den sie liebte.
Sie sah sich in der Küche um.
Doch zuerst musste sie sich um das ganze Essen kümmern, das sie gekocht hatte. Wenn sie es einfach so stehen ließ, würde es schlecht werden. Und sollte er im Kampf verwundet werden, würde er die Mahlzeiten brauchen, die sie...
Tränen strömten ihr über die Wangen, und ihr Kopf schmerzte von dem spinnwebenartigen Gefühl, das eben noch so gut wie abgeklungen gewesen war. Dennoch begann sie, alles in ihrer Macht Stehende für ihn zu tun, bevor sie aus seinem Leben verschwand.
Als sich der Nachmittag dem Ende zuneigte, ging Saetan unruhig in seinem Zimmer auf und ab, während er versuchte, nicht weiter an die Vergangenheit zu denken. Er wollte seine ganze Aufmerksamkeit auf die Gegenwart richten.
Etwas stimmt hier nicht. Etwas passte nicht. Und das Herz seines Sohnes blutete deswegen.
Er rief seinen Umhang herbei, schlang ihn sich um die Schultern und schritt aus dem Zimmer.
Etwas stimmte nicht. Und er würde verflucht noch mal herausfinden, was es war!
Als die Eingangstür des Horstes mit einem lauten Krachen aufging, ließ Marian den Teller fallen. Noch bevor sie sich über das zerbrochene Porzellan Gedanken machen konnte, kam Saetan in die Küche gestürmt. Bei ihrem Anblick blieb er jäh stehen. Er musterte sie auf fast brutale, eindringliche Weise.
»Sag mir, warum«, meinte er gefährlich leise.
»Ich weiß nicht …« Seine Macht tobte in dem Zimmer und gab ihr das Gefühl, gereinigt zu sein - und auf eigenartige Weise, als fände sie nach langer Krankheit wieder zu ihrem inneren Gleichgewicht zurück.
»Du liebst ihn. Er liebt dich. Sag mir also, warum du dieser Liebe den Rücken zukehrst.«
»Gerade, weil ich ihn liebe!«, rief Marian. Doch die Worte hatten einen eigenartigen, falschen Beigeschmack. »Ich bin nicht das, was er braucht.«
»Ich werde dir einmal verraten, was er braucht!«, brüllte Saetan. »Eine Frau, die ihn liebt und ihn so akzeptiert, wie er ist!«
»Ich bin nicht gut genug für ihn. Für euch alle!«
Saetan starrte sie an. »Du wärst nur dann nicht gut genug, wenn du ihn nicht genug lieben würdest. Vielleicht hast du also doch Recht, Marian. Ich dachte, du würdest mehr Rückgrat besitzen. Mehr Stolz und mehr Herz. Mein Fehler.« Er trat einen Schritt zurück. »Guten Tag, Lady.«
Der Hohn, mit dem er das Wort »Lady« ausspie, ließ etwas in ihrem Innern zerbrechen. Und sie hörte wieder Lucivars Ermahnung: Lass sie nicht siegen, Marian. Lass nicht zu, dass man dich kleiner macht. Lass nicht zu, dass man dir das wegnimmt, was dir am meisten bedeutet .
»Lucivar«, flüsterte sie. Dann: »Höllenfürst!« Sie sprang über die Scherben des Tellers und das verschüttete Essen und rannte zur Eingangstür.
Er blieb auf der Schwelle stehen und drehte sich zu ihr um.
»Du musst ihn aufhalten«, stieß Marian keuchend hervor. »Du musst ihm helfen. Bitte!«
»Inwiefern aufhalten?«
»Er ist losgezogen, um gegen die Jhinkas zu kämpfen. Er wird gewiss verletzt werden.«
Mit gerunzelter Stirn blickte Saetan aus der offenen Tür. »Wenn er das tatsächlich getan hat, hat er nicht lange gebraucht, denn er befindet sich in Riada.« Er bedachte sie mit einem eigenartigen Blick. Dann streckte er die Hand aus. »Komm schon. Ich bringe dich zu ihm.«
Sie griff nach seiner Hand. Es war egal, was er von ihr dachte. Alles war egal, solange es Lucivar nur gut ging.
Lucivar schritt die Hauptstraße von Riada entlang. Er versuchte, seine Wut zu unterdrücken, doch sie drohte ihn jeden Augenblick zu überwältigen. Es hatte ihm nicht geholfen, allein zu sein. Die Natur hatte ihm keinerlei Trost gespendet. Doch er hatte Zeit gehabt nachzudenken.
Etwas stimmte nicht und gegen dieses Etwas musste er in den
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