Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Kind, bis die Mutter ihm in einer öffentlichen Zeremonie, die sich normalerweise an die Geburtszeremonie anschloss, das elterliche Fürsorgerecht zugestand. Es war egal, ob das Kind einem Mann wie aus dem Gesicht geschnitten war, ganz gleich, ob die Frau keine
anderen Liebhaber gehabt hatte, sodass kein Zweifel daran bestehen konnte, wer der Vater war. Wenn die Anerkennung in dieser öffentlichen Zeremonie verwehrt wurde, hatte der Mann keinerlei Ansprüche auf das Kind. Er konnte auf jede erdenkliche Weise aus dem Leben des Kindes entfernt werden, bis er nichts weiter war als der Spender des Samens.
Eine öffentliche Zeremonie - und eine Entscheidung, die niemals rückgängig gemacht werden konnte. In gewisser Weise war ein Mann, der Kinder haben wollte, bis zu dieser Zeremonie Gefangener seines eigenen Herzens. Danach gehörte das Kind zu ihm, egal, was sich zwischen Vater und Mutter zutrug.
Es hätte ihn stutzig machen sollen, dass Hekatah schon so früh nach ihrer Hochzeit schwanger werden wollte. Er hätte sich fragen sollen, warum sie sich nicht ein oder zwei Jahre wünschte, in denen sie einander ausgiebig genießen konnten. Doch die Fassade, die ihn ursprünglich angezogen hatte, hatte bereits zu bröckeln begonnen, und ihr wahres Wesen zeigte sich, sodass sie es sich nicht leisten konnte, eine Schwangerschaft länger aufzuschieben. Schließlich wollte sie ihren Preis behalten: einen Kriegerprinzen mit schwarzen Juwelen, dessen Reichtum sich jederzeit mit dem der Hundert Familien messen konnte, und der ein Territorium beherrschte, ohne einer Königin Rechenschaft ablegen zu müssen. Zumindest keiner Königin aus Fleisch und Blut, die sie sehen oder begreifen konnte. Seine tiefe Hingabe an Hexe , den lebenden Mythos, hatte sie nicht begriffen. Er hatte Cassandra gedient, der letzten Hexe , die in den Reichen gelebt hatte, und er hatte geschworen, auch der nächsten zu dienen, egal, wie lange er auf ihr Erscheinen warten musste. Sie war die Königin, der er diente, und die beiden dhemlanischen Territorien, Dhemlan in Terreille und Dhemlan in Kaeleer, regierte er in ihrem Namen.
Hekatah hatte diese Hingabe nicht erkannt, und ihm war entgangen, dass sie ihn lediglich als Möglichkeit sah, zur mächtigsten Priesterin in ganz Terreille - oder vielleicht sogar in sämtlichen Reichen - aufzusteigen.
Wie praktisch, dass sie ein paar Monate vor Mephis’ Geburtszeremonie mit Peyton schwanger geworden war. Und wie zeitlich günstig hatte ihr Vater vor einem Jahr, als Peytons Geburtszeremonie herannahte, peinlich berührt eingeräumt, dass die Familienschulden zu einer Belastung geworden waren. Der Bastard hatte zu oft erwähnt, wie besorgt Hekatah war, weil das hohe Ansehen der Familie von jammernden Kaufleuten beschmutzt wurde, die ihre Stellung so weit vergessen hatten, dass sie zur Königin von Draega gegangen waren, um sich über »ein paar« fällige Rechnungen zu beschweren.
Saetan hatte etwas Mitfühlendes gemurmelt, doch die unterschwellige Drohung hatte er durchaus verstanden: Sollte er nicht helfen, die Finanzen der Familie in Ordnung zu bringen, würde Hekatah vielleicht vorschnell handeln, wenn es darum ging, Peyton als seinen Sohn anzuerkennen und ihm die elterliche Fürsorge seines Kindes zu übertragen.
Hekatahs Vater und ihre Brüder waren erpicht darauf, dass er ihre Spielschulden beglich, da sie anderen Adeligen Geld schuldeten, und die Einladungen zu gesellschaftlichen Anlässen ausgeblieben waren, seitdem die Schulden zu einem stattlichen Berg angewachsen waren. Stattdessen hatte Saetan ihre Schulden bei sämtlichen Kaufleuten bezahlt und ihrem Vater die Quittungen gezeigt - und er hatte darauf bestanden, dass er einfach zu sehr mit den Vorbereitungen für Peytons Geburtszeremonie beschäftigt war, um sich um »kleinere« Spielschulden zu kümmern. Er hatte ihrem Vater versichert, dass er sie nach der Zeremonie aus der Welt schaffen würde.
Zwar war ihnen klar, dass er sich weigern könnte, die Spielschulden zu begleichen, falls Hekatah bei der Zeremonie vorschnell handelte, doch es war niemandem in der Familie in den Sinn gekommen, dass der Zeitpunkt, den er zum Begleichen ihrer Hauptschulden gewählt hatte, genauso absichtlich gewählt war, wie der Zeitpunkt, den sie auserkoren hatten, um ihn um seine finanzielle Unterstützung zu bitten.
Die Vaterschaft seines jüngeren Sohnes wurde also anerkannt,
die Schulden wurden beglichen … und er gab sich selbst ein paar Wochen, um abzuwägen,
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