Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
ob er nun, da ihm seine Söhne sicher waren, überhaupt noch mit einer Frau verheiratet bleiben wollte, die absolute Treue von einem Kriegerprinzen verlangte, während sie ihre vielfältigen Gelüste durch Affären mit Männern aus niederen Zweigen von Haylls Adelsfamilien befriedigte.
Beinahe hatte er akzeptiert, dass die Hoffnungen, die er auf seine Ehe gesetzt hatte, lediglich das Wunschdenken eines Mannes gewesen waren, der zwar zahlreiche Einladungen ins Schlafzimmer erhielt, sich jedoch von jeher vergebens nach Liebe verzehrt hatte.
Dann hatte Hekatah ihm eröffnet, dass sie erneut schwanger war. Und wieder hatte das Leben eines Kindes sein Herz gefangen gehalten. Er hatte ihr nicht die Schuld an der Schwangerschaft gegeben. Da er noch ein Kind wollte, hatte er freiwillig mit der Verhütung aufgehört und ihr die Entscheidung überlassen, wann sie so weit sei.
Doch der Zeitpunkt war einfach ein wenig zu günstig gewesen, um keinerlei Argwohn in ihm aufkommen zu lassen. Ebenso der Umstand, dass die Bitte um ein weiteres Darlehen so kurz vor Hekatahs Entbindung erfolgt war.
Er seufzte. Hekatah würde ihn dafür bestrafen, dass er ihrer Familie das Darlehen nicht bewilligte, indem sie zu ihrer Familie reiste, anstatt bei ihm zu bleiben. Und Zuulaman …
Er stieß sich von dem Schreibtisch ab. Verflucht noch mal! Wozu war er der mächtigste Mann in ganz Terreille und trug die Verantwortung für ein Land und dessen Bevölkerung, wenn er sich nicht ab und an auch einmal etwas gönnen durfte?
Saetan verließ das Arbeitszimmer und ging durch das gewaltige Gebäude, das er als Zeichen seiner Macht und als Zuhause für seine Familie errichtet hatte, lief die Treppe empor und hielt auf den Familienflügel zu. Er öffnete eine Tür, und seine beiden Söhne Mephis und Peyton, die einzigen Lichtblicke seines Ehelebens, kamen auf ihn zugestürzt, um ihn zu begrüßen.
»Papa!«, sagte Peyton. »Sieh nur, wobei wir Daemon Zimmermann geholfen haben!«
»So so, ihr habt ihm geholfen?« Saetan nahm seinem jüngeren Sohn das hölzerne Schiff aus der Hand und musterte es so sorgfältig, wie es von ihm erwartet wurde. Er fragte sich, ob er Daemon Zimmermann eine Gefahrenzulage für die so genannte Hilfe anbieten sollte, die ihm zuteil geworden war.
»Nun ja«, sagte Mephis, »wir haben ihm nicht wirklich dabei geholfen, das Schiff zu bauen, aber wir haben die Segel gemacht.«
Das erklärte das mit unbeholfenen Stichen genähte Segeltuch. An den Aussagen seiner beiden Söhne ließ sich wieder einmal ablesen, wie unterschiedlich die beiden Jungen doch waren. Peyton war ein überschwänglicher Draufgänger, der dazu neigte, seinem Herzen zu folgen, während Mephis so weit wie möglich abwog, bevor er zur Tat schritt, weniger dramatisch war und sich um stets um Genauigkeit und Detailtreue bemühte.
»Sag ich doch, wir haben ihm geholfen«, protestierte Peyton und warf seinem Bruder einen zornigen Blick zu. »Liest du uns eine Geschichte vor?«, fragte er dann, wieder an seinen Vater gewandt.
Saetan blies sachte auf das Segel und blähte die Leinwand mithilfe der Kunst. »Nein, ich denke nicht«, antwortete er und gab Peyton das Spielzeug zurück, um sich nun Mephis’ Schiff anzusehen, das ihm dieser zur Begutachtung entgegenstreckte.
Peyton zog einen Schmollmund, doch bevor er anfangen konnte, seinen Vater zu überreden, versetzte Mephis ihm einen heftigen Stoß mit dem Ellbogen.
»Nein«, sagte Saetan gedehnt, »als Flottenkommandeur …«
»Wieso bist du der Kommandeur?«, wollte Peyton wissen. »Au!« Mephis’ Ellbogen hatte ihn erneut zwischen den Rippen getroffen.
»Weil ich größer bin«, erwiderte Saetan. »Wie schon gesagt,
als Flottenkommandeur bin ich der Meinung, meine wackeren Kapitäne sollten ihre neuen Schiffe auf dem Phantommeer ausprobieren.«
»Wo?«, fragte Peyton.
»Er meint den Teich«, raunte Mephis ihm zu. »Jetzt sei aber still!«
»Ein gefährlicher Ort, dieses Phantommeer«, sagte Saetan. Seine tiefe Stimme wurde zu einem tiefen Singsang, während er weiter Mephis’ Schiff inspizierte.
»Gibt es dort Strudel, Kommandeur?«, fragte Mephis.
Peyton betrachtete seinen Bruder mit gerunzelter Stirn. Er war noch zu jung, um den anderen beiden auf Anhieb folgen zu können.
»Ja, Kapitän Mephis«, antwortete Saetan. »Es gibt dort die Schrecklichen Strudel und die Niederträchtigen Nebel. Eine Herausforderung selbst für die tapfersten Seeleute.«
»Gibt es auch Seeungeheuer?«, fragte
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