Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
wird. Und der Mistkerl wollte das Fleisch erst herausrücken, nachdem er bezahlt worden war!« Martellas Mund bildete eine dünne, entrüstete Linie. »Ich musste die Perlenbrosche zurückgeben, die ich mir letzte Woche gekauft hatte, um das Fleisch bezahlen zu können.« Mit einem Seufzen gesellte sie sich zu Hekatah ans Fenster. »Dein … Ehemann … ziert sich, der Familie unter die Arme zu greifen, nicht wahr?«
»Er sagt, er sei zu keinem weiteren Darlehen bereit, weil die zusätzliche Million, die er Vater gegeben hat, nicht wie ausgemacht in die Güter investiert wurde.«
»Wie auch?«, rief Martella. »Deine Brüder wollten eine neue Kutsche und Pferde, und dann war da das Geld, das die Königin von uns verlangte, weil diese Hexe gebrochen wurde, als Caetor sich ein wenig zu ausgelassen mit ihr amüsierte.«
»Hat sie ihm denn nicht gesagt, dass sie noch Jungfrau war?«, erkundigte sich Hekatah.
»Natürlich hat sie das. Aber sie war niemand Wichtiges . Es wäre folgenlos geblieben, wenn ihre Familie nicht zur Königin gegangen wäre und eine förmliche Klage eingereicht hätte. Und sie haben behauptet, das Mädchen habe nicht mit Caetor schlafen wollen; es sei also eine Vergewaltigung gewesen. Die Königin hat deinen Vater und Caetor vor die Wahl gestellt: Sie konnten sämtliche Kosten der Heilerin und eine Entschädigung dafür bezahlen, dass das Mädchen gebrochen und der Kraft ihrer Juwelen beraubt wurde, oder Caetor sollte vor einem Tribunal aus Königinnen erscheinen, und sich dem Vorwurf der Vergewaltigung stellen. Sie stellte sie nur vor die Wahl, weil das Mädchen ein Niemand ist, und Caetor aus einer von Haylls Hundert Familien stammt.« Martellas Stimme nahm einen bitteren Unterton an. »Es hätte überhaupt keine Probleme gegeben, wenn wir noch den Reichtum besä ßen, der uns eigentlich zusteht. Aber wahrscheinlich kann man von deinem Ehemann nicht erwarten, dass er die Angelegenheiten von Adelshaushalten versteht.«
Hekatah spürte die Anschuldigung wie einen Schlag. In ihrer Familie herrschte eine geteilte Meinung über ihre Ehe. »Saetan« war ein häufiger Name in den unteren Schichten. Beim Feuer der Hölle! Selbst ein Lakai, der auf dem Familienanwesen hier in Draega arbeitete, hieß Saetan. Und »SaDiablo« war nicht einmal ein Zweig an einem der Äste der Hundert Familien. Sie hatte danach gesucht, als sie ihn als Partner in Betracht gezogen hatte. Ihre Mutter und ihre Tanten hatten gesucht. Er schien aus dem Nichts gekommen zu sein, als er Burg SaDiablo in Dhemlan errichtete und den Pakt mit den dhemlanischen Königinnen in Terreille und Kaeleer schloss, dass er ihre Völker und Ländereien beschützen würde, wenn er im Gegenzug der Kriegerprinz von Dhemlan wurde - der eine Herrscher über beide dhemlanischen Territorien. Obgleich er sozial gesehen weit unter ihr stand, war er doch ein hayllischer Kriegerprinz mit schwarzen Juwelen, der über Reichtum und Macht verfügte - zwei Dinge, nach denen es sie gelüstete. Also hatte sie ihn beobachtet, bis sie wusste, wie sie sich ihrer Beute am besten näherte. Sie hatte sich große Mühe gegeben, ihn zu blenden, zu faszinieren und davon zu überzeugen, dass die Juwelen, die er trug, und die Macht, über die er verfügte, im Vergleich zu ihren Gefühlen für den Mann unbedeutend waren.
Doch der Ehering hatte ihr nicht gebracht, was sie sich von dem Handel erhofft hatte. Trotz all ihrer Behauptungen, sehnte sie sich danach, sich die Kraft dieser schwarzen Juwelen zu unterwerfen, und wollte, dass er all jene dunkle Macht in ihrem Interesse einsetzte. Stattdessen hatte sie den Mann hinter den Juwelen bekommen. Einen Mann, der dem Ehrenkodex des Blutes folgte, obwohl er mächtig genug war, alles zu tun, was er wollte, ohne dass sich ihm jemand entgegenstellen konnte. Natürlich wusste niemand genau, was er mit den schwarzen Juwelen tun konnte. Den Leuten zu erzählen, er sei der Höllenfürst, war ein interessanter Hinweis auf ein Temperament, dessen volles Ausmaß bislang niemand gesehen hatte. Nicht, dass sie ernsthaft daran glaubte. Schließlich kannte sie den Mann.
Nein, Saetan war kein Adeliger. Würde niemals einer sein. Deshalb würde er auch niemals die Wünsche und Bedürfnisse der Hundert Familien verstehen.
»Da ist immer noch Zuulaman«, sagte Martella. »Die Provision, die wir durch das neue Handelsabkommen mit Dhemlan erhalten, wird uns behilflich sein, unseren Status innerhalb der Hundert Familien
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