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Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht

Titel: Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Saetans Herz brechen.

5
    Die Burg bebte noch von der Tür, die mit aller Gewalt zugeschlagen worden war. Noch war das leise Zischen der schwarzen Schutzschilde zu vernehmen, die sich um das gewaltige Gebäude gelegt hatten. Normalerweise gab es keinerlei Geräusche, wenn ein Schild gebildet oder aktiviert wurde. Er hatte das Zischen erschaffen, um dem Ganzen ein gewisses Etwas zu verleihen und jeden, der ihn herausforderte, daran zu erinnern, dass er anders als die anderen war. Oh, er war ein Angehöriger des Blutes, gewiss, aber er war dennoch nicht ganz wie die anderen. Er war anders, seitdem er der Dunkelheit sein Opfer dargebracht hatte und mit Juwelen hervorgegangen war, die kein Mann in der Geschichte des Blutes je getragen hatte. Vielleicht war es aber auch umgekehrt: Er war noch nie genau wie all die anderen gewesen, und das war der Grund, weshalb er heute Schwarz trug.
    Seine Hand zitterte kaum merklich, als er die kleine, kunstvoll geschnitzte Schatulle ergriff. Er konnte das Beben nicht unterdrücken, das seinen Körper durchlief; eine Reaktion auf den Schock. Doch seine Gefühlswelt war von ungeheuer brutalen
Schmerzen betäubt. Er war sich lediglich des Umstands bewusst, dass ihn die Schmerzen bis an den Rand des Abgrunds gedrängt hatten. Die Landschaft jenseits des Abgrunds war ihm bekannt. Keine ausgebildete Schwarze Witwe hatte Angst vor den nebligen, verschlungenen Straßen, die so nahe am Rand verliefen. Sie lernten, wie man diese Grenze überschritt und auf jenen Straßen wanderte - und wieder zurückkehrte. Doch er blieb wie angewurzelt an dem Abgrund stehen und hielt auf diese Weise an der Selbstbeherrschung fest, die sein ganzes Wesen im Zaum hielt.
    »Hat man dir gesagt, was sich in der Schachtel befindet, bevor man dich hierher schickte, Gesandter?«, fragte Saetan. Seine Stimme dröhnte als leises Donnern durch sein Arbeitszimmer und traf den Mann, der sich Mühe gab, keinerlei Angst zu zeigen.
    »Nein«, antwortete der Gesandte und leckte sich die Lippen. »Man hat mir nur mitgeteilt, ich solle es dir auf der Stelle überbringen. Das war alles.«
    »Kennst du den Inhalt der Schachtel?«
    Der Gesandte schüttelte den Kopf. »Der Größe nach zu schließen, würde ich ein Schmuckstück erwarten, irgendetwas, das deine Frau trug, weil man dir beweisen möchte, dass sie bei den zuulamanischen Königinnen zu Gast ist. Ein Ring vielleicht oder ein Anhänger. Vielleicht auch …«
    »Ein Finger«, sagte Saetan gefährlich leise. »Der Finger eines Babys.«
    Der Gesandte starrte ihn an. Er wirkte, als sei ihm übel geworden. »Nein.«
    »Doch.« Saetan lächelte. Das Erschaudern des Gesandten entging ihm nicht. »Ich werde dir also das neue Abkommen zwischen Dhemlan und Zuulaman erklären. Meine Ehefrau und mein Kind werden sofort zu mir geschickt. Wenn ansonsten kein weiterer Schaden entsteht, bin ich gewillt zu vergessen, dass Zuulaman existiert.«
    Nachdem die Worte bis zu dem Gesandten durchgedrungen waren, schüttelte dieser seine Angst ab. »Was für eine Art von Abkommen soll denn das sein?«

    »Ein großzügiges«, erwiderte Saetan. »Wenn einem von beiden jedoch weiteres Leid angetan wird, wird das als Kriegserklärung aufgefasst.«
    Der Gesandte keuchte kurz auf. »Du glaubst, Dhemlan wird in den Krieg ziehen …«
    »Dhemlan wird nicht gegen Zuulaman in den Krieg ziehen.« Er hielt inne. »Ich werde es tun.«
    »Aber …«
    »Du begreifst nicht, was ich bin. Niemand, der versteht, was ich bin, würde das hier tun.«
    Der Gesandte schloss die Augen. Nachdem er seine Fassung wiedergewonnen hatte, sah er Saetan an und schüttelte den Kopf. »Ohne Handelsabkommen werden sich die Königinnen niemals zufrieden geben. Deine Frau und dein Kind werden auf unseren Inseln bleiben, bis das Abkommen unterschrieben ist.«
    »Du begehst einen Fehler.«
    »Ich diene, Prinz SaDiablo. Ich kann dir lediglich die Worte ausrichten, die mir aufgetragen wurden.«
    »Dann richte ihnen im Gegenzug meine Worte aus, Gesandter. Und hoffe, dass ihnen klar ist, was auf dem Spiel steht.«
    Nachdem der Gesandte sich verbeugt und das Arbeitszimmer verlassen hatte, verlegte Saetan die Schilde wieder zurück ins Mauerwerk der Burg und öffnete das schwarze Schloss an der Eingangstür. Er stellte die kleine Schatulle auf den Ebenholzschreibtisch und starrte den Finger seines Kindes an. Blut singt zu Blut. Es hatte nur einer einzigen Berührung bedurft, um ihm zu bestätigen, dass es sich bei jenem winzigen Finger um

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