Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
an deinem Hof?«
Jaenelle wandte sich zu Marian um. Nachdem sie die Haushexe eine Weile gemustert hatte, meinte sie: »Im Achten Kreis. Erinnerst du dich denn nicht mehr daran, wie du den Vertrag unterschrieben hast, nachdem ich dir erklärt hatte, dass du achtzehn Monate lang an einem Hof dienen musst, wenn du in Kaeleer bleiben möchtest?«
Sie konnte sich daran erinnern, dass Jaenelle ihr ein Stück Pergament gegeben und ihr irgendetwas davon gesagt hatte, dass sie das Dokument unterzeichnen müsse, um in Kaeleer bleiben zu können. Doch sie hatte sich immer noch zu schwach und benommen gefühlt, um Jaenelles Erklärungen ganz zu folgen. Und als Luthvian angedeutet hatte, dass sie darüber entschied, ob Marian bleiben oder nach Terreille zurückgeschickt würde …
»Was muss ich tun?«, wollte Marian wissen.
Jaenelle zuckte mit den Schultern. »Dienst im Achten Kreis? Ab und an ein Essen, wenn ich in meinem Haus in Ebon Rih bin, würde sämtliche Anforderungen erfüllen.«
Ein Essen. Würde Jaenelle die Nahrungsmittel, die sie zum Kochen benötigte, zur Verfügung stellen, oder würde man das von ihr erwarten? Wie sollte sie für Lebensmittel aufkommen? »Wohin gehen wir?«
Jetzt lächelte Jaenelle. »Deine Fähigkeiten werden dringend gebraucht. Ich kenne jemanden, der auf der Suche nach einer Haushälterin ist.«
Marian entspannte sich ein wenig. Sollte sie nicht nur Kost und Logis, sondern auch Lohn erhalten, könnte sie ihre Verpflichtungen dem Hof der Lady gegenüber erfüllen.
Jaenelle blickte zum Himmel hinauf und verzog das Gesicht. »Komm, wir nehmen besser die Winde, um dorthin zu gelangen. Wenn ich zu spät in die Burg zurückkehre, wird Papa mich mit diesem nachsichtigen Blick ansehen. Ich hasse diesen Blick - besonders, wenn ich ihn verdient habe.«
Bevor Marian sich an den Gedanken gewöhnen konnte, dass die Königin des Schwarzen Askavi einen Papa hatte, der es wagte, sie zu kritisieren - auch wenn es nur in Form eines Blickes war -, griff Jaenelle nach ihrer Hand und sprang zusammen mit ihr auf den purpurnen Wind auf.
Ein paar Minuten später fielen sie aus den Winden und landeten auf den Steinplatten eines Hofes vor einem Horst. Marian zuckte innerlich zusammen, als sie das mit Steinen übersäte Gestrüpp an der einen Seite des Horstes erblickte. Ihr blieb jedoch nicht genug Zeit um zu entscheiden, ob es sich dabei je um einen Garten gehandelt hatte, oder ob es schon immer ein überwuchertes Dickicht gewesen war. Im nächsten Moment öffnete Jaenelle die Tür, ohne anzuklopfen, und zog Marian mit sich in den Horst.
»Lucivar!«, rief Jaenelle.
Aus einem anderen Raum in dem Horst erklang ein lautes Pfeifen.
Lucivar? Angst machte sich erneut in Marian breit, als Jaenelle sie in Richtung eines Durchgangs an einer Seite des gro ßen leeren Zimmers zerrte.
»Ich dachte, du …«, sagte eine Männerstimme.
Ein letzter Ruck, und Marian stand in der Küche vor einem eyrischen Mann. Einem Kriegerprinzen, der überdies schwarzgraue Juwelen trug.
Das Zimmer begann sich zu drehen. Ihre Knie drohten nachzugeben. Beim Feuer der Hölle und der Mutter der Nacht, möge die Dunkelheit Erbarmen haben! Nicht er! Bitte nicht er!
»Marian«, sagte Jaenelle, »das hier ist Lucivar Yaslana, der Kriegerprinz von Ebon Rih. Lucivar das hier ist Marian - deine neue Haushälterin.«
Nein. Nein, nein, nein! Sie hatte von Lucivar Yaslana gehört. Wer in Askavi hatte noch nicht von Lucivar Yaslana gehört, auch wenn es Jahrhunderte her war, seitdem er tatsächlich in Askavi gelebt hatte? Dieser Mann war Luthvians Sohn? Der Herrscher von Ebon Rih? Sie konnte auf keinen Fall hier bleiben. Auf keinen Fall! Wenn Luthvian sich bei ihm darüber beschwerte, dass sie einfach weggegangen war … Er
konnte ihr alles Mögliche antun, ohne das jemand auch nur den geringsten Einspruch erheben würde. Kriegerprinzen lebten nach ihren eigenen Gesetzen. Selbst in Terreille behandelte man diejenigen, die nicht fest an der Kette lagen, mit Vorsicht, und alle wussten, dass die Regeln, die für andere Männer galten, bei ihnen keinerlei Gültigkeit besaßen. Dass sie gar nicht für sie gelten konnten .
»Lady Marian«, sagte er.
Hatte sie bereits etwas falsch gemacht? War er schon wütend auf sie? Sie konnte unmöglich hier bleiben.
Jaenelle stieß ein Schnauben aus. »Es tut mir Leid, aber ich muss wirklich los.« Sie strich Marian mit der Hand über die Schulter. »Ich werde in ein oder zwei Tagen wiederkommen um zu sehen,
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