Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
hatte ihn um nichts gebeten, oder? Da sie sich in ihn verliebt hatte, hatte sie gehofft, er würde zumindest ein wenig für sie empfinden, nachdem die Brunst abgeklungen war, dass er vielleicht sogar eine Liebschaft mit ihr gewollt hätte. Doch sie hatte nichts als Gegenleistung für das erwartet, was sie gegeben hatte.
Außer Höflichkeit. Oder ein Wort des Dankes, bevor er erneut die Grenze zog, die zwischen ihr als seiner Angestellten und ihm als Hausherrn verlief. Zumal er ansonsten immer alles daransetzte, diese Grenze gegen ihren Willen außer Kraft zu setzen, dachte sie mit wachsendem Groll.
»Fragt mich, ob ich eine Heilerin brauche«, murmelte sie, während sie auf ihr eigenes Zimmer eilte, um sich ihre wärmste Kleidung anzuziehen. »Als sei ich irgendein schwächliches Weib, das nach einer Runde leidenschaftlichem Sex gleich zusammenbricht! Für wen hält er sich überhaupt? Er will mich nicht? Schön. Wer hat ihn überhaupt gebeten, sich für mich zu interessieren? Ich habe nicht von ihm verlangt, mich zu lieben.« Aber ich hätte es so gerne. Oh, es wäre so schön - doch er hatte nichts anderes im Sinn, als so schnell wie möglich von mir wegzukommen!
Sie musste sich bewegen, musste arbeiten. Wenn sie nichts tat, würde sie sich zusammenkauern und weinen, bis ihr das Herz vollends entzweibrach. Und das wäre das Allerschlimmste. Wenn er wüsste, dass sie ihm nicht nur ihren Körper, sondern auch noch ihr Herz geschenkt hatte, würde es ihm vielleicht Unbehagen bereiten, sie weiter als seine Haushälterin zu beschäftigen.
Arbeit half nichts gegen ein gebrochenes Herz, aber zumindest war es eine Gelegenheit, ihre Wut abzureagieren. Sie stürmte durch den Horst und holte die Schneeschaufel. Sie war hocherfreut gewesen, als sie die Schaufel in einem der Läden entdeckt hatte. Es war nicht schwer, Wege und Straßen mithilfe der Kunst freizuräumen, aber dann fehlte einem die
wärmende und kräftigende Wirkung körperlicher Betätigung. Heute wollte sie Schnee räumen, bis sie die Schaufel nicht mehr heben konnte. Danach würde sie den Horst kehren und schrubben, bis sie zu müde zum Nachgrübeln war.
Sie öffnete die Eingangstür und starrte den Schnee an, der ihr fast bis zur Brust ging. Wenn sie hinauswollte, ohne Schnee in den Horst zu schaufeln, würde sie sich der Kunst bedienen müssen, um zumindest den Anfang freizuräumen. Sie ließ einen Schneeblock verschwinden, der so breit wie die Tür und etwa so lang wie die Schaufel war. Dann rief sie den Schnee wieder herbei und ließ ihn in den Hof neben dem Horst fallen. Sie trat ins Freie.
*Marian!*
Sie musste nicht weit suchen, um Tassle zu finden. Sein Gesicht füllte eine runde Öffnung in einem gewaltigen Schneehaufen.
»Tassle?« War er unter dem Schnee verschüttet? Sie hob die Hand, um mehr Schnee verschwinden zu lassen, doch da verschwand sein Gesicht an der Öffnung. Kurz darauf kletterte er aus dem Schneehaufen und sprang auf die Spitze der Schneeverwehung neben Marian. Er tanzte vor Freude, sie zu sehen.
Tanzte. Mitten auf dem Schnee!
»Wie machst du das?«, fragte Marian.
*Ich gehe durch die Luft.* Tassle tanzte ein bisschen weiter, um sein Können zur Schau zu stellen.
Tja, das erklärte, wie er es immer geschafft hatte, über schlammiges Gelände zu laufen, ohne den Horst mit schmutzigen Pfoten zu betreten.
*Yas kann es dir beibringen*, sagte Tassle. *Die Lady hat den verwandten Wesen gezeigt, wie man durch die Luft geht, und Yas und ihren Menschenfreunden auch.*
Sie bezweifelte, dass Lucivar ihr zu diesem Zeitpunkt irgendetwas beibringen wollte. Doch da sie sich nicht darüber den Kopf zerbrechen wollte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den Wolf. »Hast du den Schneesturm gut überstanden?«
*Yas hat Futter und Wasser für mich hingestellt, und er
meinte, ich könnte im Vorderzimmer des Horstes bleiben. Da war ich nachts auch, aber Kaelas und die Lady haben den Wölfen, die beim Höllenfürsten leben, gezeigt, wie man sich Höhlen aus Schnee baut. Kaelas stammt aus Arceria, und dort bauen sie im Winter Schneehöhlen. Also habe ich mir auch eine Höhle gegraben.* Er hielt inne. *Jetzt, da du und Yas euch gepaart habt, wirst du nun Junge bekommen?*
Mutter der Nacht! Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. Folglich hatte sie nicht die geringsten Vorkehrungen getroffen. Nachdem sie verzweifelt die Tage gezählt hatte, atmete sie erleichtert auf. Ihre fruchtbare Zeit war längst vorüber. Sie stellte sich lieber gar nicht
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