Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Verhaltens zu verlieren, die es Kriegerprinzen überhaupt erst ermöglicht, mit anderen Menschen zusammenzuleben.«
»Dafür weiß ich, wie es ist, mit solch einem Mann zusammen zu sein«, gab Marian wütend zurück.
»Kannst du dich an alles erinnern, was geschah, von dem Zeitpunkt an, als die Brunst einsetzte, bis zu ihrem Ende?«
»Natürlich!«
»Er nicht.«
Saetan versuchte offensichtlich, sein Temperament im Zaum zu halten. Es war ihm anzusehen, wie viel Mühe es ihn kostete, seine starken Gefühle zu bezähmen.
»Er nicht«, wiederholte Saetan. »Kriegerprinzen werden nicht für das zur Rechenschaft gezogen, was sie während der Brunst tun, aber das heißt nicht, dass wir das Geschehene nicht … bereuen.«
Wir . Es traf sie wie ein Fausthieb. Saetan war ebenfalls ein Kriegerprinz und hatte die Brunst durchgemacht.
Ihre Nerven tanzten. Sie leckte sich über die ausgetrockneten Lippen. »Wie soll eine Frau wissen, wie es euch dabei geht, wenn ihr nie darüber redet?«
Er erschauderte. Der Höllenfürst erschauderte tatsächlich! Mehr als alles andere ließ das die Frage in ihr aufsteigen, woran sich Lucivar wohl erinnern konnte, was die letzten drei Tage betraf.
Saetan schob den Tee beiseite und erhob sich. »Nun, es gibt Angelegenheiten, um die ich mich kümmern muss.«
Ein weiterer starker Mann, der den Schwanz einzog und weglief; alles wegen der Brunst.
»Danke, dass du vorbeigeschaut hast, Höllenfürst.«
Er schenkte ihr ein mattes Lächeln. »Es war mir ein Vergnügen, Lady.«
Das wagte sie zu bezweifeln, doch sie erwiderte sein Lächeln. Sie blieb in der Küche, bis sie sicher sein konnte, dass er fort war. Nachdem sie sich selbst eine Tasse Tee zubereitet hatte, saß sie lange Zeit am Tisch und starrte auf die Holzplatte.
Es musste den Höllenfürsten viel Überwindung gekostet haben, zum Horst zu kommen. Er hatte nicht wissen können, was er vorfinden würde, welchen Schaden er würde reparieren müssen. Als ihr wieder die Geschichten über Kriegerprinzen in den Sinn kamen, musste sie zugeben, dass er und Lucivar allen Grund hatten zu fragen, ob sie eine Heilerin brauchte. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass Lucivar nicht hatte wissen können, ob sie Hilfe benötigte.
Vielleicht war Lucivars Flucht heute Morgen gar nicht als Zurückweisung gemeint gewesen. Wenn er nicht das Geringste für sie empfände, wäre er doch wohl nicht derart besorgt gewesen, was während der Brunst passiert war, oder?
Sie stieß ein Seufzen aus. Bis zu seiner Rückkehr ließ sich die Situation zwischen ihnen beiden ohnehin nicht klären. Also konnte sie genauso gut noch etwas Arbeit erledigen.
Nachdem sie sich wieder warm eingepackt hatte, öffnete sie die Eingangstür - und starrte nach draußen. Abgesehen von Tassles Höhle befand sich auf den Steinplatten des Hofes nicht einmal eine einzige Schneeflocke.
Marian verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und ging zurück in den Horst. Sie würde Lucivars Schlafzimmer putzen und Suppe kochen. Und sie würde sich nicht gestatten, darüber nachzugrübeln, ob er sich nur deswegen nicht nach Hause traute, weil er sich an bestimmte Dinge nicht erinnern konnte.
Saetan wartete den ganzen Tag über, denn er wusste, dass Lucivar zu ihm kommen würde, bevor er in den Horst zurückkehrte. Es war nicht schwer gewesen, seinen Sohn im Auge zu behalten. Weniger einfach war es gewesen, der Versuchung zu widerstehen, Lucivar in den Bergfried zu zitieren, um ihn so weit wie möglich zu beruhigen. Allerdings hätte Lucivar es falsch verstanden, wenn er vorgeladen worden wäre. Seine Angst hatte im Laufe des Tages ohnehin schon mehrfach an Panik gegrenzt. Er durfte auf keinen Fall noch weiter beunruhigt werden.
Als sich der Nachmittag dem Ende neigte, betrat Lucivar endlich das Zimmer, in dem Saetan auf ihn wartete. Er wirkte erschöpft, und seine Hände zitterten ein wenig, als er sich ein Glas Brandy eingoss.
»Du warst bei ihr.« Lucivar starrte einen Augenblick in das Glas, bevor er den Brandy in einem Zug leerte und sich ein zweites Glas einschenkte.
»Ich war bei ihr«, erwiderte Saetan.
»Brauchte sie eine Heilerin? Ich habe sie gefragt, aber …«
»Nein, sie brauchte keine Heilerin.«
Lucivar sackte vor Erleichterung in sich zusammen. »Ist sie … durcheinander?«
Saetan zögerte. Er hatte geglaubt, Marians Wesen kennen
gelernt zu haben, als sie über Winsol auf der Burg gewohnt hatte, aber die Frau, die Schnee nach ihm geworfen und ihn in ihrer Küche
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