Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Marian am Gürtel ihres Umhangs zu packen und emporzuziehen. Er hörte Stoff reißen, als er sie weit genug hochzog, um sie mit dem anderen Arm vorne an ihrem Umhang festzuhalten und aus Roxies Reichweite zu ziehen.
Als sie ihre Beine anzog, dachte er, sie wolle ihm helfen, sie auf die Füße zu stellen. Doch dann erkannte er ihre Absicht. Er ließ ihren Umhang los und drehte sich rechtzeitig, sodass ihre Stiefel ihn am Oberschenkel und nicht an einer viel empfindlicheren Stelle trafen. Nun hing sie kurzzeitig in der Luft, da er sie immer noch vorne am Umhang gepackt hielt. Er streckte den Arm gerade noch rechtzeitig aus, um ihrem Fausthieb die volle Schwungkraft zu nehmen. Auf diese Weise traf sie ihn nicht fest genug, um ihm den Kiefer oder sich die Hand zu brechen, aber er würde nichtsdestotrotz einen gewaltigen Bluterguss davontragen.
Und das, dachte er, war mehr als genug.
Ein kurzes Zerren, bei dem noch mehr Nähte rissen, und sie landete schwungvoll auf seiner Schulter, sodass ihr sämtliche Luft aus den Lungen entfuhr.
»Bringt die andere«, knurrte er und marschierte auf die Taverne zu, die der nächste Ort war, an dem es Stühle und genug Raum gab, um mit … was auch immer hier passiert sein mochte … fertig zu werden.
Verärgert stellte er fest, dass ihm die Menge nicht aus dem Weg ging. Sobald den Leuten klar war, wohin er ging, stürmten sie auf die Taverne zu, um Ringplätze zu ergattern.
Großartig! Wunderbar! Zumindest waren sie vernünftig genug, zwei Tische frei zu lassen. Er ließ Marian auf einen leeren Stuhl fallen. Als sie aufspringen wollte, stieß er sie auf den Stuhl zurück und hielt sie an den Armen fest, während er sich über sie beugte und in drohendem Tonfall sagte: »Setz dich hin, Marian. Setz dich .«
Seine ruhige, sanfte Haushexe fletschte die Zähne und knurrte ihn an.
Am liebsten hätte er sie geküsst, weil sie endlich solch ein beeindruckendes Knurren zustande gebracht hatte, doch er war sich ziemlich sicher, dass sie ihn beißen würde, falls er es auch nur versuchte. Und dann würde sie sich schlecht fühlen. Nicht so schlecht wie er, aber wenn sie erst einmal wieder bei Sinnen war, würde sie sich schlecht fühlen, etwas Derartiges getan zu haben.
Er hielt Marian auf dem Stuhl fest, während zwei Männer die wehklagende Roxie in die Taverne brachten und sie an den anderen Tisch setzten. Was auch immer Marian aus der Fassung gebracht hatte, hatte sich noch nicht gelegt, und als Lucivar von ihr wegtrat, gab er Acht, ihr weiterhin den Weg zu versperren, damit sie sich nicht gleich wieder auf Roxie stürzen konnte.
»Also«, meinte er grimmig mit einem Blick auf die Leute, die sich im Schankraum der Taverne drängten, »was im Namen der Hölle ist hier los?«
»Sie hat mich angegriffen!«, klagte Roxie. »Bloß weil ich ihr sagte, sie würde nicht länger für uns arbeiten, wenn ich erst einmal in den Horst gezogen bin.«
»Da du niemals in den Horst ziehen wirst, während ich noch dort lebe, dürfte das kein Problem darstellen«, versetzte
Lucivar schroff. Kopfschüttelnd sah er Marian an. »Geht es darum? Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass sie lügt?«
»Natürlich wusste ich, dass sie lügt«, fuhr Marian ihn an. »Aber sie hat gesagt …«
»Ich werde sehr wohl bei dir einziehen!«, schrie Roxie unter Schluchzen. »Du willst mich. Das weißt du ganz genau. Als ich in deinem Bett gelegen habe …«
»… habe ich dir erklärt, dass ich dir die Kehle aufschlitzen würde, wenn ich dich jemals wieder dort vorfinde«, sagte Lucivar.
Alle Anwesenden keuchten auf. Dann legte sich wieder Stille über das Zimmer.
»Das hast du nicht so gemeint«, schluchzte Roxie. »Du hast dich nur verstellt, um …«
»Ich verstelle mich nicht.«
Roxie starrte ihn an.
Angewidert wandte Lucivar sich von ihr ab und sah Marian an. »War das alles? Was hat sie sonst noch gesagt?«
Marians Blick wanderte von einer Seite zur anderen, und sie betrachtete all die Leute, die auf eine Antwort warteten. Lucivar beobachtete, wie ihre Wut verebbte und ihr normales, ruhiges Wesen wieder die Oberhand gewann.
»Nichts«, meinte sie.
Da war mehr gewesen. Das verriet ihm die Art, wie sie seinen Blick mied. Nun, er würde es schon aus hier herausbekommen, nachdem er sie zurück in den Horst gebracht und sie untersucht hatte, um sicherzugehen, dass die geringfügigen Kratzer und blauen Flecken die schlimmsten Verletzungen waren, die sie davongetragen hatte.
»Was hat sie sonst noch
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