Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
es sich immer um Männer, aber vielleicht hatten sie Lager, in denen auch Frauen lebten. Für männliche Sklaven würden sie keinerlei Verwendung haben, doch wie stand es mit einer gebrochenen Hexe, die ein anständiges Essen über einer offenen Feuerstelle zubereiten konnte? Oder einer gebrochen Hexe, der man ein Aphrodisiakum einflößen konnte, das ihr vor Lust den Verstand raubte, sodass sie sich die ganze Nacht hindurch besteigen ließ, ohne sich darum zu kümmern, was man ihr antat, bis die Wirkung der Droge schließlich nachließ? Oder eine junge Angehörige des Blutes, die der Anführer zu Zuchtzwecken benutzen konnte? Wie stand es mit einem Halbblutjungen, der so bemüht darum war, zu gefallen?
Fungierte Grizelle als Sklavenhändlerin für die Geächteten und Räuberbanden, die sich im Tamanaragebirge versteckt hielten und es nicht wagten, sich Raej zu nähern, weil sie dort wahrscheinlich selbst auf der Auktionsbühne enden würden?
Jareds Magen zog sich zusammen. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Es war jetzt wichtig, ruhig zu bleiben. Was konnte er schon tun? Eine Königin mit grauem Juwel herausfordern? Wenn sie die Kräfte von Grau auf ihn losließ, würde sie ihn völlig vernichten. Was vielleicht besser war, als herauszufinden, was passierte, wenn sie den Unsichtbaren Ring einsetzte. Die Juwelen verstand er, aber dieses Ding konnte er nicht sehen, er konnte es nicht berühren, konnte es in keiner Weise spüren …
Die Tür ins Freie öffnete sich, und eine Frauenstimme ertönte: »Gut, du bist wach. Zumindest müssen wir dich nicht zum Wagen schleifen und auf die Vorräte werfen.«
Jared sprang so rasch auf, dass er den Stuhl dabei umwarf. Das Herz hämmerte in seiner Brust. Sie ist es nicht, schoss es ihm durch den Kopf, als er die überraschte dunkelhaarige Frau mit den grünen Augen erblickte, die im Türrahmen stand. Sie ist es nicht.
»Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir dich auf die Vorräte hätten werfen müssen«, murmelte sie nach kurzem Schweigen. Dann musterte sie ihn von Kopf bis Fuß mit einem kritischen Blick, der deutlich machte, dass für ihren Geschmack schon zu viele lästige Männer mit ihnen reisten und er ihr auch nur Ärger bereiten würde. »Am besten stolzierst du los. Sie ist zum Aufbruch bereit, und wir möchten schließlich nicht, dass der Preisbulle wie ein Hündchen an der Leine nach draußen gezerrt werden muss, oder?«
Wut stieg in ihm hoch, doch sie war nicht hitzig, hatte keinerlei wirkliche Kraft. Es war, als wäre sein Blut zu Asche geworden, anstatt feurig durch seine Adern zu fließen.
Und etwas stimmte nicht an der Art, wie er so gar nicht auf die Gegenwart einer Hexe reagierte, egal, ob sie nun gebrochen war oder nicht.
In seinem Gaumen machte sich ein säuerlicher Geschmack breit, und er begann zu zittern.
Die Frau trat auf ihn zu und streckte die Hand nach ihm aus. »Fühlst du dich immer noch schlecht?«
Jared schauderte vor ihrer Berührung zurück.
»Es ging ihm gut, bis du hereingekommen bist«, fuhr Tomas sie an.
Der Ausdruck ihrer Augen wurde hart, bis sie nur noch grünes Eis waren. »Pass bloß auf, kleiner Mann«, sagte sie mit einer bedrohlich leisen Stimme, bevor sie auf dem Absatz kehrtmachte und wieder nach draußen ging.
» Fühlst du dich immer noch schlecht?«, wollte Tomas mit besorgter Miene wissen. »Soll ich der Lady sagen, dass du im Wagen mitfahren solltest?«
Jared zitterte immer noch am ganzen Leib. Als Tomas auf die Tür zustürzen wollte, gelang es ihm jedoch, den Jungen am Arm zu packen.
»Nein«, sagte Jared, der das Wort hervorpressen musste. »Ich … ich würde lieber zu Fuß gehen.« Er holte tief Luft. Noch einmal. »Das also war Thera?«
Tomas seufzte. »Das war Thera.«
Eine Hand auf Tomas’ Schulter gestützt, um ein wenig Halt zu finden, verließ Jared den Trakt für die Diener der Gäste. Langsam folgte er dem vierrädrigen Hausiererwagen und den argwöhnischen Sklaven, die hinter dem Wagen hergingen.
Ohne es zu wissen, hatte Thera ihm einen Gefallen getan. Auch wenn er es erst jetzt begriff.
Er war immer noch ein Mann. Er verfügte immer noch über die Macht der roten Juwelen. Er konnte sich immer noch der Kunst bedienen. Was er verloren hatte, um was der wilde Fremde ihn betrogen hatte, waren das Feuer und die Leidenschaft, die aus einem Mann mit Juwelen einen Krieger machten.
Kapitel 6
Krelis starrte Dorothea SaDiablo nicht an, doch genauso wenig wandte er den Blick ab. Das
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