Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
musste nur einen einzigen Machtblitz durch die Kontrollringe
schicken, und sie alle würden sich im Schlamm wälzen und um Gnade flehen.
Da ihr diese Möglichkeit noch nicht in den Sinn gekommen zu sein schien, hatte er nicht vor, ihr Gelegenheit zu geben, darüber nachzudenken.
»Lady«, zischte er durch zusammengepresste Zähne.
Keine Antwort.
Angst machte sich in ihm breit. Nachdem er sich ihr nun entgegengestellt hatte, konnte er jetzt jedoch nicht mehr zurückweichen und dabei offen, dass sie ihn in einem Stück belassen würde. Also gut. Kühnes Draufgängertum.
Er legte jegliche wütende Arroganz, derer er in diesem Moment fähig war, in seine Stimme. »Lady! Es ist das Anrecht der Männer, ihre Geschlechtsgenossen zu disziplinieren.« Das galt bei Hofe. Es galt ebenso in einer Gemeinschaft der Angehörigen des Blutes. Sklaven stand dieses Privileg hingegen nicht zu, doch er hoffte, dass sie zu aufgebracht war, um daran zu denken.
Anscheinend war sie das, denn sie hörte auf, gegen ihn anzukämpfen. Als er den Griff an ihren Armen lockerte, klammerten sie sich an seinem Mantel fest, und ihm wurde klar, dass sie ihr rechtes Bein nicht belasten konnte.
Er legte ihr einen Arm um die Taille und zog sie eng an sich, um ihr Halt zu geben und sie zu verwirren – wobei er allerdings selbst in Verwirrung gestürzt wurde, als er merkte, wie sein Körper auf ihre Nähe reagierte.
Ein Hauch Wildheit stieg tief aus seinem Innern empor. Jared folgte diesem Instinkt und umgab sie mit einem schwachen Verführungszauber, während er sie leicht auf die Lippen küsste.
Anschließend starrte sie ihn nur an. Tja, gut so. Wenigstens war er nun nicht mehr der einzige Verwirrte.
»Lass uns Männer die Bestrafung erledigen«, flüsterte er verführerisch und streichelte ihr mit einem Finger über die faltige Wange. Warum fühlte sich ihre Haut nur so wunderbar weich an? »Glaub mir, da wir selbst einmal Jungen waren, sind wir besser darin.«
Er wagte kaum zu atmen, während er ihre Antwort abwartete.
»Na gut«, sagte sie schließlich. »Aber … haltet ihn bloß fern von mir.«
»Es wird uns ein Vergnügen sein, Lady.«
Ihre Lippen verzogen sich zu einem widerwilligen Lächeln. »Das meint wohl mein Vater, wenn er von Dingen spricht, ›von denen eine Königin besser nichts wissen sollte‹.«
Meint? Spricht? Ihr Vater war noch am Leben?
»Das würde ich glatt unterschreiben.« Jared setzte ein dreistes Lächeln auf und beobachtete zu seiner Verwunderung, wie sich ihre Wangen rot färbten.
Als sie sich umsah, bemerkte sie Brock und Randolf, die Eryk und Tomas festhielten, und Blaed und Thayne, die das Geschehen beobachteten, während sie die nervösen Pferde beruhigten. Dann drehte sie den Oberkörper in die andere Richtung und gewahrte Theras eiskalten Blick. Die Farbe in ihren Wangen nahm eine dunklere Schattierung an.
Jared spürte einen absurden Beschützerinstinkt in sich aufsteigen, und er blickte Thera zornig an. Sie hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken, und sagte letztendlich mit einer Stimme, die so neutral klang, dass alle wussten, wie gerne sie jemanden in Stücke gerissen hätte: »Hast du vor, ihr demnächst in den Wagen zu helfen, oder wartest du darauf, dass das Knie auf die Größe einer Melone anschwillt?«
Die Graue Lady stieß einen überraschten Schrei aus, als er sie emporhob und zu dem Wagen trug. Er setzte sie auf einer Bank ab, die mithilfe von ein paar Decken gepolstert war, und kniete sich vor ihr nieder. Der Dunkelheit sei Dank, dass seine Mutter ihm ein wenig Heilkunst beigebracht hatte. Er konnte nicht einmal annähernd so viel bewirken wie eine Heilerin, doch zumindest war er in der Lage, ihr ein wenig zu helfen.
Allerdings sollte er dazu keine Gelegenheit erhalten. Er hatte ihr eben den Stiefel ausgezogen und fragte sich, wie er
ihr erklären sollte, dass sie sich ihrer Hose würde entledigen müssen, als Thera in den Wagen gestürmt kam, dicht gefolgt von Polli, die ihn anstarrte, als sei das Stiefelausziehen der erste Schritt zu einer Vergewaltigung.
»Wir werden uns um sie kümmern«, erklärte Thera kühl. »Du hast andere Dinge zu tun.«
Jared stellte den Stiefel auf dem Boden ab und erhob sich langsam.
Polli drückte sich in eine Ecke und murmelte etwas von ihrer Mondzeit; ihre Standardreaktion, sobald sie sich in Reichweite eines Mannes befand.
Theras Antwort auf die unausgesprochene Herausforderung bestand darin, dass sie sich gerade genug zur Seite
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