Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
drehte, um ihn an sich vorbei zur Tür zu lassen.
Er war sich nicht sicher, was ihn so wütend machte – mit anzusehen, wie die Graue Lady Schmerzen litt, oder von Thera auf diese Weise von oben herab behandelt zu werden. Jedenfalls war er auf einen Kampf aus, als er die anderen Männer erreichte.
Und die beste Zielscheibe war der schmollende Junge, der das hier alles angezettelt hatte.
Jared packte Eryk an der Jacke und hob den Jungen unsanft empor, bis er ihm direkt in die überraschten blauen Augen sehen konnte. Dann entblößte er die Zähne und knurrte: »Sag mir einen Grund, warum ich dich nicht grün und blau schlagen sollte.«
»Ich bin ein Adeliger! Meine Familie ist wichtig!«, stieß Eryk schluchzend hervor.
Nachdem Jared den Jungen so nahe an sich herangezogen hatte, dass sich ihre Nasen beinahe berührten, erwiderte er mit tödlicher Gelassenheit: »Tja, nun bist du aber ein adeliger Sklave, und deine Familie ist nicht hier. Ich hingegen schon. Fühlst du dich in der Lage, es mit einem verärgerten Krieger aufzunehmen, der Rot trägt? Denn ich werde dich nicht zurückhalten, mich aber auch nicht.« Die Wut stieg immer weiter in ihm empor und wurde so heiß, dass sie seine Selbstbeherrschung niederzubrennen drohte. Er
schüttelte den Jungen heftig. »Ist dir denn nicht klar, was hätte passieren können? Du hast uns alle in Gefahr gebracht! Hat dir deine Adelsfamilie nichts über Höflichkeit und Ehre beigebracht? Wir alle hätten wegen dir Schmerzen erleiden können!«
»Das ist mir egal!« Eryk versetzte Jareds Armen und Schultern schwache Schläge. »Ich hasse dich! Ich hasse dich! Ich hoffe, sie tut dir weh!«
Jared versetzte ihm einen Stoß. Einen festen Stoß.
Eryks Füße strampelten in der Luft, und dann landete er mit rudernden Armen auf dem Rücken. Heulend lag er im Dreck und blickte zu dem Kreis grimmig dreinblickender Männer empor.
Jared fragte sich, ob und wann Eryk auffallen würde, dass Brock nahe genug gestanden hatte, um ihn aufzufangen, es jedoch nicht getan hatte.
Brock öffnete seinen Mantel und hakte die Daumen in seinen breiten Ledergürtel. Einen Moment lang starrte er Eryk an, bevor er Jareds Blick suchte. »So sehr ich mich schäme, es zuzugeben: Er und ich kommen aus demselben Territorium. Sollten wir uns also für eine Tracht Prügel entscheiden, fällt die Pflicht mir zu.«
Jared betrachtete den Jungen, dem langsam der Preis für sein Verhalten klar zu werden schien. Dann blickte er zu dem großen, kräftigen Krieger, der eine Ausbildung zum Wächter absolviert hatte. Er hegte keine Zweifel, dass Brock seinen Gürtel mit einer Inbrunst zur Anwendung bringen würde, die der Junge lange nicht vergessen würde, doch ihm ging die Schärfe nicht aus dem Sinn, die in den höhnischen Bemerkungen des Jungen mitgeschwungen hatten – und er musste außerdem an die Bemerkung der Lady denken, nicht alle Narben seien sichtbar.
»Nein«, sagte er. Noch während er es sagte, war ihm bewusst, dass er sich auf diese Weise zum Anführer der Gruppe erklärte. Ebenso war ihm klar, dass keiner der anderen Männer über Juwelen verfügte, mit denen sich Rot herausfordern ließ, was sie auch gar nicht wollen würden, da dem
Anführer sämtlicher direkter Umgang mit der Königin zufiel. Er holte tief Luft und fragte sich, ob zumindest manche der Anwesenden spürten, welch Scharlatan sich da zu ihrem Anführer aufschwang. Doch sie beobachteten ihn nur abwartend. Also überschritt er eine unsichtbare Linie, woraufhin es kein Zurück mehr für ihn gab, bis sich der Gruppe vielleicht eines Tages ein Mann mit dunkleren Juwelen anschloss. »Bis ich etwas anderes sage, ist dieser kleine adelige Krieger hier Tomas’ Diener. Er wird seine Befehle ausführen, seine Sachen holen und tragen, alles tun, was Tomas möchte. Sollte Eryk Ärger verursachen, wird sich Brock um die Bestrafung kümmern.«
Eryks Gesicht glühte vor Erniedrigung. Niemand erhob Einspruch gegen das Urteil. Da trat Tomas einen Schritt von Randolf weg.
»Ich will ihn nicht«, erklärte Tomas hoch erhobenen Hauptes. Es war schwer zu sagen, ob sich Tränen mit den Regentropfen vermischt hatten, doch die geballten Fäuste und zitternden Lippen verrieten allen, wie viel Mühe es ihn kostete, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Ich will ihn nicht. Ich weiß, dass ich nur ein Halbblut bin, nicht viel w-wert, aber ich bin nicht unfähig. Ich weiß, wie man sich um wichtige Leute kümmert, also werde ich der Lady d-dienen.
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