Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
Marionettenköniginnen die Herrschaft in dem Territorium antritt. Indem sie die Stärksten und Besten brechen und versklaven, halten sie sich das übrige Volk unterwürfig, weil die Leute zu große Angst haben, um sich zur Wehr zu setzen oder auch nur das Wort zu erheben.
Lange Zeit hat meine Großmutter keine andere Möglichkeit gesehen, gegen Dorothea zu kämpfen, als starke Bündnisse mit den Königinnen in den Nachbarterritorien einzugehen. Dann ist vor ein paar Jahren der Neffe einer Königin von dem Hof verschwunden, an dem er seine Ausbildung absolviert hat, zusammen mit drei anderen jungen Kriegern. Sie hat wochenlang nach ihm gesucht, ohne auch nur die geringste Spur zu finden. Sie hätte schon beinahe aufgegeben, als sie eine anonyme Nachricht erhielt, die besagte, dass der junge Krieger unversehrt sei und seine Ausbildung fortführe – am Hof der Hohepriesterin von Hayll. Wenn die Königin auf Haylls nächste freundschaftliche Geste reagierte, indem sie sich mit den hayllischen Gesandten träfe, um gewisse ›Zugeständnisse‹ zu besprechen, würde ihr Neffe seine Ausbildung unversehrt fortsetzen können. Sollte sie sich jedoch weigern, wie sie es schon seit etlichen Jahren getan hatte, würde ihr Neffe auf dem Markt auf Raej als Sklave verkauft werden.«
Jared wickelte sich eine Decke um die Schultern, da ihm auf einmal kalt geworden war. »Sie hat sich geweigert.«
Lia nickte. »Eine Hexe aus ihrem Ersten Kreis hat sich angeboten,
nach Raej zu fahren, um den Neffen der Königin zu kaufen. Sie hat zwei Wächter mit sich genommen. Keiner von ihnen ist je zurückgekehrt.«
»Also ist die Graue Lady beim nächsten Mal selbst nach Raej gereist.«
»Genau. Abgesehen davon, dass meine Großmutter graue Juwelen trägt, kann sie sehr Furcht einflößend sein, wenn sie möchte. Ihre Freundschaften mit Königinnen außerhalb von Dena Nehele hat sie immer sehr diskret gehandhabt. Niemand in Raej hatte also Grund zu der Annahme, dass sie irgendeine Verbindung zu dem jungen Krieger haben könnte.«
Jareds Herz hämmerte in seiner Brust. »Sie hat ihn ersteigert?«
Lia schüttelte den Kopf. »Er war nicht dort. Dieses Mal jedenfalls nicht. Um ihre Anwesenheit zu rechtfertigen, hat sie ein paar andere Männer gekauft, die sie rein instinktiv ausgewählt hat. Sobald sie mit ihnen in Dena Nehele eingetroffen war, hat sie ihnen ihre Hilfe angeboten, nach Hause zurückzukehren. Anfangs haben sie ihr nicht geglaubt, sondern haben ihre Worte für eine Falle gehalten. Als sie ihr schließlich doch glaubten, wollten sie nicht nach Hause zurück, weil sie damit im besten Fall ihre Familien in Gefahr bringen und im schlimmsten umgebracht oder wieder versklavt werden könnten. Also sind sie geblieben.«
»Und die Graue Lady hat immer weiter Sklaven gekauft.«
»Es ist zu einer subtilen Methode geworden, Dorothea zu bekämpfen. Manche der Männer sind nach Hause zurückgekehrt, wild entschlossen, zu verhindern, dass sich Haylls Makel noch weiter ausbreitet. Andere haben sich in Dena Nehele oder in einem der angrenzenden Territorien niedergelassen.«
Jared räusperte sich. »Hat sie jemals den Neffen ihrer Freundin gefunden?«
Lia erschauderte. »Ja, bei ihrem vierten Besuch auf dem Sklavenmarkt.«
Da klopfte es zögerlich an der Wagentür. Jared antwortete rasch. Er war dankbar für die Unterbrechung.
»Hier«, meinte Blaed mürrisch und hielt Jared einen Teller mit Sandwiches und Apfelstücken sowie zwei Tassen entgegen. »Thera hat Hunger bekommen. Außerdem will sie noch eine Tasse von dem Trank, den du gebraut hast.«
»Ich habe zwei weitere Gazebeutel vorbereitet, bevor ich das Haus verlassen habe«, sagte Jared. Er nahm Blaed den Teller und die beiden vollen Tassen ab.
»Ich weiß. Das Gebräu ist auch in einem von diesen Tassen.« Blaed warf den Tassen einen finsteren Blick zu und zuckte dann mit den Schultern. »Du wirst schon sehen, in welcher, wenn du davon probierst.«
Jared bedankte sich bei ihm und hoffte inständig, dass Blaed es bis zu dem Steinhaus schaffen würde, ohne auf dem Weg einzuschlafen.
Sie aßen in geselliger Schweigsamkeit. Jared wollte die ungezwungene Stimmung nicht zerstören, die zwischen ihnen entstanden war, doch Lia hatte ihm bisher nur die eine Hälfte erzählt – und ihm war nicht entgangen, dass es sich um die Hälfte handelte, die nicht viel mit ihr selbst zu tun hatte.
Jared rieb sich das Gesicht und zwang sich, noch ein wenig länger wach zu bleiben. »Na schön. Die
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