Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
gerade die Maus eingefallen war, die sie unter ihrer Pfote gefangen hielt.
»Es ist noch früh, Liebling«, schnurrte Dorothea. »Geh zurück ins Bett.«
Der Krieger zuckte zusammen und gehorchte.
Nachdem Dorothea das halbmondförmige Gebäck in den Korb zurückgeworfen hatte, hob sie die Arme und streckte sich lasziv. »Es gibt nichts Schöneres, als an einem verregneten Morgen im Bett zu bleiben, findest du nicht auch?«
Einen Augenblick, nur einen Augenblick, stellte Krelis sich vor, wie sie drei einander in den Satinlaken umschlangen, und er war unschlüssig, ob er den Gedanken widerlich oder erregend finden sollte. Dann holte ihn sein gesunder
Menschenverstand – und eine Portion Angst – auf den Boden der Tatsachen zurück. In der Hoffnung, ihr sei sein Zögern nicht aufgefallen, versuchte er ein Lächeln. »Im Bett zu bleiben, ist ein verdienter Luxus für die Ladys. Unglücklicherweise verschwinden die profanen Aufgaben, die wir Männer verrichten, bei Regenwetter nicht einfach.«
»Und ich habe dich lange genug von deinen Aufgaben abgehalten«, sagte Dorothea mit einem wissenden Lächeln. »Aber ich kann mir gut vorstellen, dass deine Mutter regnerische Vormittage genießt.«
Das verbale Messer glitt an all seinen Schutzmechanismen vorbei und traf ihn mitten ins Herz. »Gewiss, Priesterin«, erwiderte er matt.
Hinter der Schlafzimmertür erklang ein gedämpftes, jämmerliches Weinen.
Dorothea wandte sich in Richtung des Geräusches und strich sich über die Brüste.
Krelis ergriff die Flucht.
Er ging zu den Quartieren der Wachen zurück, ohne auch nur zu bemerken, dass er bis auf die Haut nass wurde.
Adelige Wortspiele. Sätze mit mehreren Bedeutungsschichten.
Die Mutter aus seiner Kindheit war ihm als liebenswerte Frau in Erinnerung geblieben, die mit ihrem Leben zufrieden gewesen war; eine Frau, die das Haus mit ihrem Gelächter und ihrem Gesang erfüllte; eine Frau, deren Augen aufleuchteten, sobald sich sein Vater im selben Zimmer befand.
Er erinnerte sich noch gut an die Frau, die mit der Leidenschaft einer Hexe kämpfte, als die Heilerin sich weigern wollte, Olvan zu helfen; die Frau, die mit ihrem Stolz und ihrem Mut die Kaufleute beschämt hatte, als sie darauf bestehen wollten, dass sie die Rechnung immer auf der Stelle beglich, anstatt einmal im Monat, wie es eigentlich üblich war; die Frau, die ihren Nachbarn in die Augen gesehen hatte, bis sich alle von ihr abwandten und sie mieden.
Er erinnerte sich an die Frau, deren Mut letzten Endes nach so vielen Jahren der bitteren Einsamkeit nachgelassen
hatte; die Frau, die hart und spröde wurde; die Frau, deren Augen voller Verachtung für den Mann waren, den sie einst geliebt hatte; die Frau, die sich von ihrem Sohn entfremdete, als sei auch er eine unerträgliche Last für sie.
Er erinnerte sich an die Frau, die zu ihrer Familie zurückkroch und es ihm überließ, sich um die Kaufleute zu kümmern und den Nachbarn entgegenzutreten; die ihn mit der seelenlosen Hülle eines Mannes zurückließ, der seine Tage damit verbrachte, seine Lieblingsbücher wieder und wieder zu lesen, und der niemals das Grundstück verließ. Sie hatte ihn einzig und allein an der Schande seines Vaters teilhaben lassen, weil er ein Mann war.
Und er erinnerte sich an die Frau, die ihn erst wieder in ihre Familie eingeführt hatte, nachdem er sich völlig von Olvan losgesagt hatte; die Frau, die ihn aus toten Augen angesehen hatte; die Frau, die sich stolz einen Geliebten nach dem anderen nahm und die Beine für jeden Mann breit machte, der eine gewisse Machtposition innehatte.
O ja, er konnte sich gut vorstellen, dass seine Mutter an regnerischen Vormittagen im Bett blieb.
Nachdem Krelis sein Zimmer erreicht hatte, zog er sich die nassen Sachen aus.
Adelige Wortspiele, deren Regeln er nicht richtig verstand und vielleicht niemals richtig verstehen würde. Trotz der Verbindungen zu den Hundert Familien waren seine Leute vom Land gewesen. Diese Spiele waren ihm nicht von Kindesbeinen an beigebracht worden, und Dorothea wusste das auch.
Und zum ersten Mal fragte er sich, warum sie ihn zum Hauptmann ihrer Wache erwählt hatte.
Kapitel 13
Jared schlüpfte aus dem Steinhaus und hielt draußen kurz inne, um die frische Nachtluft einzuatmen. Niemand würde ihm folgen. Er hatte seit dem Abendessen deutlich gemacht, dass er alleine sein wollte. Lia hatte sich zur Ruhe begeben und würde ihn eine Weile nicht brauchen.
Jared lächelte. Lady Ardelia hatte die
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