Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
letzten beiden Tage damit verbracht, sich darüber zu ärgern, dass sie überhaupt auf seine Hilfe angewiesen war. Sie hatte ihm finstere Blicke zugeworfen und jedes Mal leise Verwünschungen gemurmelt, wenn er sie vom Tisch zu ihrer Matratze getragen hatte. Jedes Mal, wenn er sie zu dem Plumpsklo getragen hatte, musste sich ihr Groll erst eine halbe Stunde abkühlen, bevor sie wieder mit ihm sprach. Und jedes Mal, wenn sie versucht hatte, an ihm vorbeizukommen, hatte er sie an das Privileg des Begleiters erinnert und war klugerweise ein paar Minuten außer Reichweite geblieben, während sie schimpfte und fauchte.
Doch seine angeblich übertriebene, sture Weigerung, sie nicht ihr verletztes Bein belasten zu lassen, hatte rasch Erfolge gezeigt. Seine einfachen Fähigkeiten in der Heilkunst zusammen mit Theras und Lias Wissen hatten zu einer beinahe vollständigen Genesung des Knies geführt. Am Nachmittag war sie sogar schon in der Lage gewesen, herumzuhumpeln, solange sie sich an etwas festhielt – normalerweise an Tomas’ Schulter.
Ihre Anstrengungen, seine Hilfe von sich zu weisen, hatten ihn in gleichem Maße verärgert und amüsiert. Zumindest war sie vernünftig genug gewesen, den Kreis ihrer Helfer auf Thera und die Kinder zu beschränken. Es wäre
absurd gewesen, eifersüchtig auf sie zu sein, und Blaeds gelegentliche Gefälligkeiten empfand er als erträglich, weil Blaed an Thera interessiert war. Aber die anderen Männer …
Es war nicht so sehr Eifersucht, entschied er, als er zu dem Vollmond am klaren Nachthimmel aufblickte. Es war das besitzergreifende Territorialdenken, mit dem ein Mann auf die Mondzeit einer Hexe reagierte. Besonders wenn es sich bei der Hexe noch dazu um eine Jungfrau handelte. Es war die bedrohliche Sexualität der anderen Männer, die ihn nervös machte und dafür sorgte, dass er jeden misstrauisch beobachtete, der Lia zu nahe kam. Schließlich hatten sie einander nicht gekannt, bevor Lia sie vor ein paar Tagen gekauft hatte – und in ein paar Tagen ließ sich nicht allzu viel Vertrauen aufbauen, jedenfalls nicht gemessen an Instinkten, die Männern seit Generationen weitervererbt wurden. Und diese Instinkte waren bei ihm stark in den Vordergrund getreten, seitdem sie zu der Lichtung zurückgekehrt waren.
Oder vielleicht machte ihn auch die Art nervös, wie sein Blut jedes Mal in Wallung geriet, wenn er Lia berührte.
Glücklicherweise hatten die anderen Männer sich dagegen entschieden, seine Selbstbeherrschung auf die Probe zu stellen.
Kopfschüttelnd ging Jared auf das nördliche Ende der Lichtung zu.
Er hätte eigentlich gedacht, dass eine Königin es genießen würde, ein wenig umsorgt zu werden. Zumindest war das bei den Hexen der Fall gewesen, die sein Leben in den letzten neun Jahren beherrscht hatten. Beim Feuer der Hölle, ein Lustsklave, der seiner Herrin nicht jede kleinste Laune von den Augen ablas, konnte schnell die wenigen Privilegien einbüßen, die er besaß – oder schlimmer noch, er konnte zum Auspeitschen an die Pfosten gefesselt werden.
Andererseits hatte auch Reyna nie sehr wohlwollend reagiert, wenn Belarr sie während der ersten drei Tage ihrer Mondzeit umsorgte. Am ersten Tag war sie normalerweise mürrisch gewesen und hatte ihn angefaucht, weil er sie bemutterte, obwohl er das gar nicht ständig getan hatte. Belarr
musste sich als Bevollmächtigter der Bezirkskönigin um die Verwaltung von Ranonwald kümmern, außerdem hatte er es mit drei Söhnen zu tun, sodass Reyna zwangsläufig immer wieder ihre Ruhe hatte. Mit der Zeit war daraus eine Art Mondzeitritual zwischen ihnen entstanden. Reyna war mürrisch und fauchte jedes Mal, bis Belarr erwiderte: »Als du mich geheiratet hast, hast du mir das Recht gewährt, dich zu bemuttern.« Daraufhin war sie meist still. Vielleicht fiel es ihr so schwer nachzugeben, weil sie derart verletzlich war; denn am vierten Tag, an dem sie die Juwelen wieder tragen und sich der Kunst bedienen konnte, genoss sie es durchaus, sich von Belarr verwöhnen zu lassen.
Als Reynas Laune einmal besonders schlecht gewesen war, hatte Jared seinen Vater gefragt, warum dieser es sich gefallen lasse, derart behandelt zu werden. »Selbst ein Mann, den eine Frau liebt und dem sie vertraut, jagt ihr in diesen Tagen ein wenig Angst ein. Wenn es ihr ein Gefühl der Sicherheit gibt, ein wenig Zorn abzulassen, soll es mir recht sein, denn es steckt kein böser Wille dahinter. Außerdem ist es ein geringer Preis, den man da für die
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