Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
Haus. Die Menschen, die hier wohnen, verwenden die Kunst für alle möglichen Alltagsdinge, ohne groß darüber nachzudenken – um Feuer zu entfachen; für Lampen, die von Macht gespeist werden, sodass keine Kerzen oder Öllampen nötig sind; für Wärmezauber, um im Winter die Hitze aus den Kaminen zu ergänzen; für Kältezauber, um die Temperatur im Sommer angenehm zu halten.
Alles, wozu Landen Feuer oder Eis benötigen, können wir mithilfe eines Zaubers und unserer Macht bewerkstelligen. Dieser Ort ist als Zuhause für Angehörige des Blutes mit dunklen Juwelen erschaffen worden, und der Grund, weshalb so viele Dinge hier Kunst benötigen, besteht darin, dass ihr alle sichere Möglichkeiten benötigt, um ein wenig eurer Macht abzuschöpfen. Die Juwelen stellen ein Sammelbecken zur Verfügung, aber auch dieses Reservoir ist nicht unerschöpflich.«
Khary hielt inne und nahm einen großen Schluck Brandy. »Doch so groß deine eigene Macht auch sein mag, genauso gibt es andere am entgegengesetzten Ende dieser Skala. Sie sind zwar Angehörige des Blutes, aber der Brunnen ihrer Macht ist nicht sehr tief und erschöpft sich leicht. In einem Haus wie diesem, in dem selbst die einfachsten Dinge Kunst erfordern, wären sie beinahe so hilflos wie ein Landen. Solche Angehörigen des Blutes schließen sich häufig zu einer eigenen Gemeinschaft innerhalb eines Dorfes des Blutes zusammen, um ihre begrenzten Energien besser nutzen zu können.«
Khary setzte sich, streckte die Beine von sich und legte die Knöchel über Kreuz.
Da Khary allem Anschein nach nicht gehen würde, bis sie alles besprochen hatten, weswegen er hergekommen war, gab Daemon nach und setzte sich in den Sessel hinter seinem Schreibtisch.
»Na schön«, räumte Daemon ein. »Nicht alle Angehörigen des Blutes besitzen große Macht. Nicht alle Angehörigen des Blutes leben in Anwesen, die so groß wie ein kleines Dorf sind. Nicht alle Angehörigen des Blutes sind wohlhabend oder stammen aus Adelsfamilien. Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst, Khardeen. Was hat all das mit Jenkell zu tun?«
»Zwischen einem Angehörigen des Blutes mit dunklen Juwelen und einem Landen besteht eine breite, tiefe Kluft«, sagte Khary.
»Diese mentale Kluft ist zwischen einem Halbblut und
einem Angehörigen des Blutes ganz genauso groß«, meinte Daemon.
Khary schüttelte den Kopf. »Das ist den Angehörigen des Blutes in Terreille vielleicht beigebracht worden, aber nicht denjenigen hier im Schattenreich. Betrachtet man den Unterschied zwischen einem Angehörigen des Blutes mit wenig Macht und einem Halbblut, dann ähnelt die mentale Kluft zwischen ihnen eher einer Spalte, die überbrückt werden kann, und zwischen einem Halbblut und einem Landen ist dieser Unterschied noch geringfügiger. Gewiss besteht ein Unterschied zwischen einem Angehörigen des Blutes und einem Landen, aber dieser Unterschied ist nicht immer so augenfällig, wie du vielleicht denken magst. Manchmal leben also Angehörige des Blutes, aus welchen Gründen auch immer, in einem Landendorf. Sie können sich auf eine Art und Weise als Landen ausgeben, die uns niemals möglich wäre. Und da sie eben doch dieses gewisse Etwas haben, leben sie für gewöhnlich gar nicht so schlecht.«
»Sie übernehmen die Herrschaft in einem Landendorf?«
Khary gab ein abweisendes Geräusch von sich. »Zweifellos sind sie in ihrem gewählten Beruf recht erfolgreich, aber die meisten ziehen es vor, in Frieden zu leben und nicht allzu viel Aufmerksamkeit der mächtigeren Angehörigen des Blutes auf sich zu ziehen, die im gleichen Teil des jeweiligen Territoriums leben. Bei den dhemlanischen Königinnen müsstest du es selbst nachprüfen, aber auf Scelt wissen die Königinnen über sämtliche Angehörige des Blutes Bescheid, die sich entschlossen haben, in Landendörfern zu leben.«
»Sie leben also in einem Landendorf, sie heiraten – und haben Kinder«, sagte Daemon, dem allmählich dämmerte, worauf Khary hinauswollte.
»Genau. Und wenn der reinrassige Angehörige des Blutes bereits ein oder zwei Generationen zurückliegt, und das Geheimnis ein Geheimnis geblieben ist …«
Daemon dachte darüber nach. Zwei Halbblute heiraten – und keiner von beiden besitzt die geringste Macht, sodass keiner von beiden etwas von ihrem Machtpotenzial ahnt. Es
bestünde kein Grund für sie anzunehmen, ihre Kinder könnten Angehörige des Blutes sein. Kein Grund, den Funken der Macht zu erkennen und das Kind auszubilden, wie selbst
Weitere Kostenlose Bücher