Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
…?«
»Da Jenkells andere Bücher sich sowohl bei den Angehörigen des Blutes als auch bei den Landen großer Beliebtheit erfreuten, hat es ihn verblüfft, wie die Angehörigen des Blutes die Geschichten um Landry Langston aufgenommen haben.«
»Weil wir seine Darstellung der Angehörigen des Blutes so schrecklich schlecht finden, dass sie uns schon wieder komisch erscheint?« Daemon hielt nachdenklich inne. »Wenn er gerade eben erst herausgefunden hatte, selbst ein Angehöriger des Blutes zu sein, während er die erste Geschichte niederschrieb …«
»Dann handelt es sich bei der Geschichte um eine kaum verhüllte Bekanntmachung an das gesamte Reich, dass er ein Angehöriger des Blutes ist – und niemand ist darauf gekommen. Besonders die Angehörigen des Blutes nicht.« Khary trank einen Schluck Brandy. »Also hat Jenkell vor ein
paar Monaten angefangen, Hinweise auf sein nächstes Buch um Landry Langston zu streuen.«
»Seine Figur sitzt in einem Spukhaus fest?«, riet Daemon.
»Soweit ich weiß, hat er es ein Geisterhaus genannt, aber das ist im Grunde das Gleiche. Allerdings muss seine Figur angesichts von Fallen und Gefahren um sein Leben kämpfen, anstatt von ein paar Illusionszaubern unterhalten zu werden. Wie dem auch sei, ein paar Tage später ging das Gerücht um, dass Jaenelle ein Spukhaus erschaffen will – und bevor jemand Jenkell warnen konnte, er solle den Mund halten, hat er herumposaunt, Jaenelle habe seine Idee gestohlen. Fiona war bei dieser Autorenveranstaltung und ist zu Jenkell gegangen, um ihm zu versichern, dass sich sein Einfall eines Geisterhauses gewiss stark von dem unterschiede, was Jaenelle sich vorstelle, da er einen Abenteuerroman schreibe, während Jaenelle eine Attraktion für Kinder erschaffen wolle. Doch er schien sich beleidigt zu fühlen, weil ein ›Luder mit weißem Juwel‹ es wagte, mit ihm zu sprechen. Dann gab er etwas in der Richtung von sich, wie ungerecht es sei, dass eine mittelmäßige Autorin wie sie mit der Königin des Schwarzen Askavi bekannt sein könnte, wohingegen ihm nicht einmal die Höflichkeit einer Audienz bei der Lady erwiesen werde. Er hat das Fest kurz darauf verlassen und ist seitdem nicht mehr gesehen worden.«
Daemon öffnete die unterste Schublade seines Schreibtisches und holte das Buch hervor, das er dort abgelegt hatte. Eine Ausgabe des zweiten Romans um Landry Langston, die Jenkell ihm geschickt hatte. Die persönliche Widmung darin lautete: Von einem Bruder des Blutes an einen anderen.
Bei Erhalt des Buches hatte Daemon gedacht, Jenkell sei anmaßend – oder einfältig genug -, einem Kriegerprinzen mit schwarzem Juwel eine solche Nachricht zu schicken. Hatte der Mann tatsächlich geglaubt, sie seien einander ebenbürtig, bloß weil Jenkell ein Angehöriger des Blutes war? Da Daemon das erste Buch über Langston nicht so amüsant gefunden hatte, wie andere Leute es taten, hatte er
die Ausgabe in der untersten Schreibtischschublade verschwinden lassen. Selbst nachdem Jaenelle eine Bemerkung über den umnachteten Geisteszustand der Figur – oder des Schriftstellers – hatte fallen lassen, hatte er lediglich ein paar Kapitel überflogen, weil diese Geschichte ihm noch weniger gefiel als der erste Roman über Landry Langston.
Jetzt schlug er das Buch auf und starrte die Widmung an, während Khary seufzend meinte: »Seitdem Fiona die Puzzleteile zusammengefügt hat, geht sie davon aus – und ich stimme ihr zu -, dass Jenkell dabei ist, irgendwo ein echtes Geisterhaus zu erschaffen, und dass er dort ein paar Angehörige des Blutes gegen sein Werk antreten lassen will.«
»Darum geht es bei der Sache also?« Daemon legte das Buch in die Schublade zurück. »Eine Kraftprobe?«
Khary runzelte die Stirn. »Wovon sprichst du?«
Daemon rief die Einladung herbei, die man ihm geschickt hatte, sowie das Blatt Papier, das um den grotesken Mäusebriefbeschwerer gewickelt gewesen war. Dann ließ er beides mithilfe der Kunst zu Khary hinüberschweben. Während Khary die Schriftstücke las, ordnete Daemon im Geist sämtliche Informationen, die ihm zur Verfügung standen – und das Ergebnis seiner Überlegungen gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Mutter der Nacht«, sagte Khary. Er lehnte sich vor und warf das Blatt Papier und die Einladung auf den Schreibtisch. »Du kannst von Glück sagen, dass du die Lunte gerochen hast und nicht in die Falle getappt bist! Obwohl: Wenn man bedenkt, von wem die Einladung angeblich stammen soll, dann ist die
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