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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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dich, damit wir zu Abend essen können. Manny hat heute Abend eine wunderbare Suppe und einen Hühnchenschmortopf für uns gekocht. Setz dich, dann hole ich die Suppe.«
    Keine Reaktion. Nur stumme Tränen. Tersa hatte keinen Ton von sich gegeben, seitdem Prinz Sadi fort war.
    Normalerweise war er so umsichtig mit Tersa, so verständnisvoll, was das zerbrechliche Wesen ihres Geistes anging. Deshalb war es doppelt grausam von ihm, Tersa derart aus der Fassung zu bringen.
    Sie würde es in ihrem Wochenbericht an den Stundenglassabbat erwähnen, da ein Teil ihrer Ausbildung darin bestand, sich um Tersa zu kümmern, aber was konnten sie schon tun? Daemon Sadi war der Kriegerprinz von Dhemlan und eine Schwarze Witwe. Wer konnte schon jemanden wie Sadi maßregeln? Nun, sein Vater konnte es. Aber sie fühlte sich nicht wirklich dreist genug, dem Hohepriester des Stundenglases einen Beschwerdebrief über seinen eigenen Sohn zu schicken. Vielleicht …

    »Er hat die Überraschung verdorben«, flüsterte Tersa traurig. »Es wird keine Überraschung mehr für den Jungen sein.«
    Die Überraschungen. Tersa hatte seit Wochen an diesen »Überraschungen« gearbeitet.
    »Das ist jetzt nicht so wichtig«, sagte Allista. Sie stellte eine Schüssel vor Tersa ab. »Hier, Liebes. Iss deine Suppe.«
    Tersa antwortete nicht – und Allista sah, wie eiskalte Klarheit die Augen der anderen Frau erfüllte.
    »Er hat dem Jungen wehtun wollen«, sagte Tersa mit trügerischer Sanftmut. »Dieser Langston. Er hat versucht, mich zu benutzen, um dem Jungen wehzutun.«
    Der Augenblick kam und ging. Doch während sie zu Abend aßen, gewann Allista die Gewissheit, dass sich hinter Tersas stiller Teilnahmslosigkeit ein Gewittersturm zusammenbraute.

    Ganz außer Atem vom Treppensteigen stand Surreal in dem dunklen Korridor im ersten Stock und fluchte. Dieser rückwärtige Flur fühlte sich nicht groß genug an, um sechs andere Leute zu fassen. Zumindest hätte sie mit ihnen zusammenstoßen müssen. Und eine einzelne Lampe oder Kerze sollte in dieser Dunkelheit deutlich sichtbar leuchten.
    »Rainier?«
    Keine Antwort. Keine Atemgeräusche. Kein Anzeichen seiner Gegenwart.
    *Rainier?*, rief sie erneut, indem sie auf einen mentalen Faden überwechselte.
    *Surreal! Wo im Namen der Hölle steckst du?*
    *Ich stehe im Korridor im ersten Stock.*
    *Nein, tust du nicht.*
    Mist. Er klang wirklich sauer.
    Andererseits war nicht ausgeschlossen, dass er Recht hatte. Sie konnte nicht wirklich erkennen, wo sie sich befand. Außerdem hatte sie das Gefühl gehabt, die Treppe sei zu lang gewesen und habe sie noch dazu in eine eigenartige
Richtung geführt. *Die Kerze ist ausgegangen, und ich habe keine Streichhölzer. Ich werde mich der Kunst bedienen müssen, um Licht zu machen.* Und damit würde sie einen weiteren Ausgang schließen. Sie brauchte dafür seine Zustimmung.
    *Setz eine Zunge Hexenfeuer auf die Kerze*, sagte Rainier. *Versorge sie mit so viel Energie, dass sie mehrere Stunden lang brennt. Du kannst andere Kerzen damit anzünden, wenn du welche finden solltest, und zumindest weißt du dann, dass sie nicht ausgehen kann.*
    *Außer sie wird mit mehr Energie ausgelöscht, als ich in sie hineinstecke*, erwiderte Surreal. Doch was er sagte, stimmte dennoch. Hexenfeuer wurde mit Macht erschaffen und benötigte keinerlei Brennstoff oder Luft. Ein Luftzug würde die Flamme nicht löschen. Wasser ebenso wenig. Ja, manchmal erschuf Marian sogar Hexenfeuer in Blütenform und ließ es in einer Glasvase voll Wasser treiben. Es war ein sehr schöner – wenn auch ein wenig gespenstischer – Anblick, Feuer mitten im Wasser schwimmen zu sehen.
    *Na gut*, sagte sie. *Ich werde...*
    Da war etwas. Ein leises, kaum wahrnehmbares Schlurfen und ein neuer, schwacher Duft, der sich mit dem moderigen Geruch des Korridors vermischte.
    Sie machte einen Schritt nach rechts, weg von dem Geräusch – und weg von der Möglichkeit, von jemandem die Treppe hinuntergestoßen zu werden.
    *Hier ist etwas*, sagte sie.
    *Was denn?*
    *Keine Ahnung. Ich habe das Hexenfeuer noch nicht erschaffen. *
    Sie hielt den Schürhaken wie einen Schild vor sich erhoben, wich einen weiteren Schritt zur Seite aus und stieß mit der Hüfte an einen Tisch. Sie wirbelte um den Tisch herum und streckte den Arm aus, um die Kerze abzustellen. In diesem Augenblick konnte sie den Luftzug spüren, als etwas auf sie zugesprungen kam, spürte ein Messer oder Krallen nach ihrer linken, ungeschützten Seite

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